Große Freude bei den Politikern aus der Region: Die Bilanz zum Batteriezug ist positiv. Foto: Lück

Großer Bahnhof an Gleis 101 in Herrenberg: Eigentlich geht es um die Bilanz des Batteriezugs. Doch eine Nachricht elektrisiert alle, die gekommen sind. Auch das Land stellt sich dem Gäubahn-Tunnel nicht entgegen.

Horb/Eutingen/Herrenberg - Alle strahlen. Bahn-Konzernbevollmächtigter Thorsten Krenz, Berthold Frieß, Amtsleiter im Verkehrsministerium, und Müslüm Yakisan, Alstom-Chef für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Seit dem 21. Januar pendelt der Batteriezug mit dem Namen "Talent 3 Bemu" im Testbetrieb zwischen Herrenberg und Eutingen.

Die Bilanz? Krenz: "Nach 54 Betriebstagen ziehen wir eine positive Bilanz. Wir als Bahn wollen weiter unabhängig von fossilen Energieträgern werden. Aus dem Probebetrieb haben wir viel gelernt – und dieser Zug soll nicht der letzte sein!"

Berthold Frieß, Amtsleiter im Landesverkehrsministerium: "Der Schienenverkehr muss bei der Klimaneutralität schnell raus aus der Defensive. Wir sind gerade an einer Studie, um genau streckenscharf zu eruieren, wo Batteriezüge oder Wasserstoffzüge wirtschaftlich sind. Im Sommer soll sie fertig sein."

450 Strecken sollen klimafreundlich werden

Alstom-Chef Müslüm Yakisan: "Dieser Test war wichtig für uns, um den Batteriezug serienreif zu machen. Wir als Industrie sind bereit, die 450 Strecken in Deutschland, die noch mit Diesel betrieben werden, klimafreundlich auszustatten."

Damit das auch klappt, verspricht Michael Theurer (FDP), parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium: "Wir haben 244 Förderanträge erhalten. Wir werden damit 83 Batteriezüge, 127 Loks mit Hybridantrieb und 34 Wasserstoffzüge fördern. Mich freut es, dass wir auch in meiner Heimatstadt Horb die Machbarkeit nachgewiesen haben." Das Potenzial solcher klimafreundlich angetriebener Züge sieht Theurer bei 1700 bis 2500 Zügen in Deutschland. Dazu sollen 75 Prozent aller Bahnstrecken bis zum Jahr 2035 elektrifiziert werden, so der Staatssekretär.

Zukunft der Gäubahn

In seiner Rede ging Frieß noch auf den Zoff zwischen Krenz und Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) und die Zukunft der Gäubahn ein. Hermann hatte vor dem mit Spannung erwarteten Lenkungskreisttreffen am 2. Mai in einem Interview auf einer Ergänzungsstation am Hauptbahnhof Stuttgart beharrt. Krenz hatte per Brief gekontert: Die Aussagen des Ministers seien "teils inkorrekt und in einen sachlich unzutreffenden Zusammenhang gerückt". Gäubahn-Anrainer hatten befürchtet, dass jetzt der neu geplante Tunnel zwischen Böblingen und dem Flughafen durch den Streit gefährdet wird.

Hermanns Amtschef Frieß zu Krenz: "Schauen wir jetzt, dass wir ins Geschäft kommen. Der Gäubahn-Ausbau muss so schnell wie möglich kommen. Beim Tunnel werden wir uns handelseinig werden. Wichtig ist, das Böblingen und Singen als Gäubahn-Halt nicht auf der Strecke bleiben." Dies hatte Krenz in seinem Brief an den Landesverkehrsminister schon bestätigt.

OB Peter Rosenberger ist dankbar

Kein Wunder, dass die Gäubahn-Anrainer erleichtert sind. Horbs OB Peter Rosenberger – auch Mitglied der IG Gäubahn: "Ich bin dankbar, dass es jetzt diesen Schulterschluss zwischen Land und Bahn beim Tunnel gibt."

SPD-Chefin Saskia Esken hat noch einen ganz persönlichen Grund zur Freude über den erfolgreichen Testlauf des Batteriezugs: "Ich bin in Renningen an der Bahn großgeworden. Dieselzüge sind ganz schön laut. Deshalb freut es mich umso mehr, dass die Hermann-Hesse Bahn in meinem Landkreis Calw im nächsten Jahr Batteriezüge bekommt." Dies hatte Amtschef Frieß vor dem Batteriezug in seiner Rede betont. Auch der Ortenaukreis bekommt die leisen Sauber-Züge.

Einziger Wermutstropfen für alle Batteriezug-Fans: Wegen einer Baustelle endet der Testbetrieb in diesem Monat.

Das ist der Batteriezug Talent 3 BEMU

Ein ganz normaler, moderner Triebwagen des Typs Talent 3 des Herstellers Alstom. Die Batterien sind auf dem Dach. Die Reichweite beträgt gut 100 Kilometer. Der Trick: Die Batterien können am Bahnhof innerhalb von zehn Minuten wieder aufgeladen werden. Einfach Stromabnehmer an die Oberleitung. Alstom-DACH-Chef Müslüm Yakisan: "Wir sehen darin ein gigantisches Potenzial für bestimmte Anforderungen. Wo man höhere Reichweiten wie beim Dieselzug von 1000 Kilometern benötigt, dafür gibt es den Wasserstoffzug. Hier ist Deutschland im Vergleich zu anderen EU-Ländern vorne – hier werden ab Herbst die ersten Strecken befahren." Warum schafft der Batteriezug nicht mehr Kilometer? Yakisan: "Das Gewicht würde sonst zu hoch werden. Der Batteriezug ist etwas teurer als ein Dieselzug, aber wesentlich günstiger in der Wartung. Deshalb sind wir froh, auch diese Aspekte – im intensiven Gespräch mit Zugführern und mit wissenschaftlicher Begleitung der TU Berlin – im Echtbetrieb auf der Gäubahn testen zu können." Der Zug wird in Henningsdorf gebaut, die Leittechnik kommt aus Mannheim, die Drehgestelle aus Siegen.