Ein mit 4,6 Prozent "starkes Wachstum" zeichnet den ersten gemeinsamen Geschäftsbericht der Bezirksvereinigung der Volks- und Raiffeisenbanken Böblingen-Calw aus. Man sei seit dem Zusammenschluss im vergangenen Jahr "zusammengewachsen", so Jürgen Held, Vorsitzender der Bezirksvereinigung.
Kreis Calw/Kreis Böblingen - In absoluten Zahlen sprang die gemeinsame Bilanzsumme der jetzt insgesamt zehn Volks- und Raiffeisenbanken in der Bezirksvereinigung von 11,23 Milliarden Euro im Vorjahr auf 11,75 Milliarden Euro zum 31. Dezember 2021. Die Kundenkredite in der gemeinsamen Bankenbilanz legten in diesem Zeitraum sogar um 4,9 Prozent oder 374 Millionen Euro binnen Jahresfrist auf 8,053 Milliarden Euro zu, die Kundeneinlagen – also das Sparvermögen der Kunden – wuchsen um 4,3 Prozent oder 369 Millionen Euro auf 9,012 Milliarden Euro an.
Noch heftiger seien, so Jörg Stahl, eigentlich Vorstandssprecher der Volksbank Herrenberg-Nagold-Rottenburg eG, der die Zahlen im Rahmen einer Video-Pressekonferenz vorstellte, die "außerbilanziellen Kredite" und Kundeneinlagen gewachsen: So sei das "betreute Kundenkreditvolumen" – also Kundenkredite bei Verbundpartnern der Banken der Bezirksvereinigung – um 5,2 Prozent oder 455 Millionen Euro binnen Jahresfrist auf 9,195 Milliarden Euro gewachsen, das betreute Kundenanlagevolumen – bei Verbundpartnern – legte gar um acht Prozent oder 1,167 Milliarden Euro auf 15,803 Milliarden Euro zu. Rekordzahlen bei den Wertpapieren: Hier legten die betreuten Depots um 17,4 Prozent oder 751 Millionen Euro auf 5,067 Milliarden Euro zu.
Ukraine-Krieg verändert die komplette Marktsituation
Allerdings machte Jürgen Held als Vorsitzender der Bezirksvereinigung im Rahmen der Video-Pressekonferenz auch deutlich, dass sich mit dem Beginn des neuen Jahres und vor allem dem Krieg in der Ukraine die Marktsituation komplett verändert habe. Zwar seien nur "einzelne Kunden" direkt von den Kriegsfolgen betroffen mit "überschaubaren" Folgen für deren finanzielle Situation. Doch hätten die Marktverwerfungen durch den Krieg auf "die eigenen Wertanlagen der Banken" der Bezirksvereinigung schon jetzt "gewaltige Auswirkungen" in den Mitglieds-Häusern, so Held: "Das ist eine echte Herausforderung, die wir haben!"
Seit Ende vergangenen Jahres "ziehen die Zinsen deutlich an"
Auch für die Bankkunden ändert sich aktuell manches – auch schon ohne den Ukraine-Krieg: Bereits seit Ende vergangenen Jahres "ziehen die Zinsen deutlich an", gerade im Immobilien-Bereich. Auf Nachfrage konkretisieren die Vorstände der Bezirksvereinigung: um 0,70 Prozent habe das Zins-Niveau bei langfristigen Immobilien-Krediten bereits zugelegt – Tendenz weiter steigend. Das weit größere Problem für angehende Häuslebauer – und bestehende Eigenimmobilien-Nutzer – dürfte jedoch unter Umständen sein, dass angesichts der extremen Kostenexplosion im Energiesektor und den zum Teil immensen Preissteigerungen auch in so vielen anderen Marktbereichen die Banken aktuell ihre "Kapitaldienstberechnung" für zu gewährende – und bereits gewährte Kredite – neu "auf eine solide Basis" stellen wollen, wie es Gerd Haselbach (Raiffeisenbank im Kreis Calw eG) formuliert. Was zwangsläufig Auswirkungen auf die formale Kreditfähigkeit der Bankenkunden haben werde. In welcher Dimension – dazu sagten die Repräsentanten der Bezirksvereinigung nichts.
Glänzende Zahlen im Immobilienbereich
Derweil liefert der Immobilienmarkt an sich aber ebenfalls noch glänzende Zahlen für die Bilanz der Bezirksvereinigung: Um 11,8 Prozent oder 24 Millionen Euro auf 228 Millionen Euro wuchs hier der Umsatz bei den Mitglieds-Banken. Und das, wie wiederum Jörg Stahl dazu erläuterte, "obwohl der Immobilienmarkt in der Region komplett leergefegt" sei.
Ein anderer Mega-Trend, der die weitere Banken-Entwicklung in der Region in Zukunft immer stärker zeichnen wird: Die Digitalisierung. "Kundennähe meint nicht mehr die Präsenz vor Ort", so Jürgen Held. So hätten innerhalb Jahresfrist kontaktlose Bezahlvorgänge von Kunden der zehn Mitgliedsbanken um 81,6 Prozent (auf rund 10,1 Millionen Vorgänge) zugelegt, die Nutzung der VR-Banking-App um 28,5 Prozent auf über 66 000 Nutzer. Im gleichen Zeitraum ging die Nutzung etwa von Geldautomaten um 10,2 Prozent zurück, die von Kontoauszugsdruckern gar um 11,1 Prozent. Die Banken würden "virtueller". Was auch der Rückgang der Zahl der Standorte von Volks- und Raiffeisenbanken in Bezirk dokumentiert: Hier sank die Zahl der Filialen von 124 auf 122.
Sehr hohe regionale Wertschöpfung
Aber die Bezirksvereinigung möchte in ihrer Bilanz vor allem auch auf den positiven Einfluss ihrer Häuser auf die Region hinweisen – etwa mit dem Verweis auf "eine sehr hohe regionale Wertschöpfung": So hätten die angeschlossen Häuser insgesamt innerhalb Jahresfrist für ein Aufkommen an "Steuern vom Einkommen und Ertrag" in Höhe 22,7 Millionen Euro gesorgt, hinzu kämen noch gezahlte Gewerbesteuer in Höhe von 10,1 Millionen Euro. Auch die von den Mitglieds-Banken gezahlten Löhne und Gehälter in Höhe von zusammen 103,9 Millionen Euro und die Aufträge der Mitglieds-Häuser direkt an die Wirtschaft in Höhe von weiteren 69,7 Millionen Euro hätten sicher positive Auswirkungen auf die Region.
Info: Banken der Bezirksvereinigung
Zur Bezirksvereinigung der Volks- und Raiffeisenbanken Böblingen-Calw gehören folgende Banken: Raiffeisenbank Aidlingen eG, Raiffeisenbank im Kreis Calw eG, VR-Bank Ehningen-Nufringen eG, Volksbank Herrenberg-Nagold-Rottenburg eG, Volksbank Leonberg-Strohgäu eG, VR-Bank eG Magstadt-Weissach, Volksbank Nordschwarzwald eG, Raiffeisenbank Mötzingen eG, Vereinigte Volksbanken eG und Genossenschaftsbank Weil im Schönbuch eG. Den Vorstand der Bezirksvereinigung bilden Jürgen Held (Vorsitzender), Volksbank Leonberg-Strohgäu eG, Jörg Stahl (stellvertretender Vorsitzender), Volksbank Herrenberg-Nagold-Rottenburg eG, Gerd Haselbach, Raiffeisenbank im Kreis Calw eG, Jörg Niethammer, Vereinigte Volksbanken eG, sowie Rainer Schäfer, Genossenschaftsbank Weil im Schönbuch eG.