Ganz Balingen eine grüne Umweltzone: Das gilt seit April 2017. Nun steht wegen anhaltend niedriger Stickstoffdioxid-Werte die Aufhebung zur Debatte. Foto: Archiv

Stadt und Regierungspräsidium verhandeln wegen anhaltend niedriger Werte um Aufhebung.

Balingen - Dass die Balinger Umweltzone eine besondere ist, das wissen die Balinger. Viele meinten von Beginn an, sie sei besonders überflüssig und blödsinnig. Nun kommt aller Voraussicht nach eine weitere Besonderheit dazu: Es ist wohl die erste Umweltzone im Land, die wieder aufgehoben wird.

Anlass für entsprechende Überlegungen des Regierungspräsidiums Tübingen (RP) sind die anhaltend niedrigen Messwerte für Stickstoffdioxid: Seit Einführung der Umweltzone zum 1. April 2017 ist der zulässige Grenzwert von 40 Mikrogramm je Kubikmeter Luft niemals mehr überschritten worden.

Nach Meinung des RP hat der Luftreinhalteplan die erhoffte Wirkung entfaltet und zu den erfreulich niedrigen Stickstoffdioxid-Werten geführt. Weil sich diese Entwicklung nun auch im dritten Jahr in Folge abzeichnet, ist die Aufhebung des Luftreinhalteplans und damit auch der "Maßnahme Umweltzone", die den Balinger saubere und gesunde Luft bringen sollte, möglich.

Bislang noch nie zurückgenommen worden

Ganz so einfach ist die Aufhebung derweil nicht – vielmehr handelt es sich um einen Präzedenzfall: Eine Umweltzone oder ein Luftreinhalteplan ist nach Angaben einer RP-Sprecherin bisher noch in keiner Stadt in Baden-Württemberg wieder zurückgenommen worden; recht wahrscheinlich sei es sogar bundesweit der erste Fall dieser Art. Das genaue Prozedere dazu ist also rechtliches Neuland. Deswegen ist auch das baden-württembergische Verkehrsministerium involviert.

In Gesprächen mit der Balinger Stadtverwaltung wird derzeit der mögliche Ablauf ausgelotet. Geprüft wird, ob der Luftreinhalteplan in Kraft bleiben oder aufgehoben werden soll, oder ob man einzelne Maßnahmen daraus – insbesondere die Umweltzone – gesondert zurücknehmen kann. Ziel müsse sein, so die RP-Sprecherin, dass die Belastung mit Stickstoffdioxid trotzdem im Rahmen der gesetzlich erlaubten Werte bleibe.

Tempo 30 in Endingen soll beibehalten werden

Nach Meinung der Balinger Stadtverwaltung soll insbedondere die bei vielen unbeliebte, fürs gesamte Stadtgebiet geltende Umweltzone wieder kassiert werden. Beibehalten wolle man, so Rathaussprecher Jürgen Luppold, dagegen die mit dem Luftreinhalteplan eingeführte Linksabbiegespur auf der Schömberger Straße in Endingen, die zu einer Verstetigung des Verkehrsflusses geführt habe. Außerdem auch die Rund-um-die-Uhr-Beschränkung auf Tempo 30 in der Endinger Ortsdurchfahrt.

Diese Geschwindkeitsbeschränkung müsste dann indes auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt werden: Bisher wird sie mit dem Luftreinhalteplan begründet. Wenn dieser außer Kraft gesetzt würde, so Luppold, dann müsste der Lärmaktionsplan als Grundlage dienen – mit der Lärmminderung hatte das RP bereits im Jahr 2012 das nächtliche Tempolimit von 30 Stundenkilometern auf der Bundesstraßen-Ortsdurchfahrt begründet.

Die Gespräche zwischen der Balinger Stadtverwaltung und dem RP Tübingen dauern derzeit an, entschieden ist noch nichts. Bis zu einem Beschluss wolle man noch die Werte für das Gesamtjahr 2019 abwarten, heißt es.

Der Trend ist nach Angaben der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg eindeutig: Der an der Messstelle in Endingen erfasste Halbjahreswert für Stickstoffdioxid beträgt für 2019 demnach 30 Mikrogramm je Kubikmeter Luft. Diese Belastung, so das LUBW-Referat Luftqualität und Immissionsschutz, lasse die "Einhaltung des Jahresgrenzwerts wie auch in den Vorjahren erwarten".