Arbeitsrecht für Flüchtlinge im Blick: Reinhold Gall (links) und der SPD-Landtagsabgeordnete Hans-Martin Haller im Gespräch mit Anke Traber, Geschäftsführerin Operativ der Agentur für Arbeit Balingen. Foto: Ungureanu

Wahlkampf: SPD-Innenminister über Bürgernähe, Flüchtlingspolitik, abstrakte Terrorgefährdung und die innere Sicherheit im Land.

Balingen - Bilanz nach viereinhalb Jahren Grün-Rot hat der baden-württembergische Innenminister Reinhold Gall (SPD) am Samstag in Balingen vor einer Handvoll Genossen gezogen. Auch die Flüchtlingspolitik, die Polizeistruktur und die innere Sicherheit sprach er an.

"Es gibt immer eine Fortsetzungsgeschichte", sagte der 59-jährige Abgeordnete aus dem Wahlkreis Heilbronn und verwies darauf, dass die SPD einen wesentlichen Anteil habe an der erfolgreichen Politik der Landesregierung. Den Erfolg führt Gall darauf zurück, dass die Kommunen und die Bürger ernst genommen würden und man eine "Politik auf Augenhöhe" betreibe. Die alte Regierung habe vieles initiiert, aber nicht geklärt, wie es finanziert werden sollte – etwa den Ausbau des Digitalfunknetzes und den Sprachunterricht im Kindergarten: "Das mussten wir zuerst aufarbeiten."

800 Millionen für innere Sicherheit, Geld für die Unterstützung der Krankenhausträger, das neue Rettungsdienstgesetz, das in einer alternden Gesellschaft an Bedeutung gewinnt – kurz: Grün-Rot habe einiges bewegt, so Gall.

Dabei seien die "Zeiten nicht einfach", lenkt er zu einem der Hauptthemen über: den Flüchtlingen. Eine "gewaltige Herausforderung für die kommenden Jahre" seien neben deren "halbwegs menschenwürdiger Unterbringung" auch die integrativen Maßnahmen. Auch hier sei viel getan worden: Habe es vor einem Jahr 900 Plätze in Erstaufnahmestellen gegeben, seien es jetzt schon 45 000. In anderen Bundesländern, weiß er aus der Innenministerkonferenz, seien 80 bis 90 Prozent der Neuankömmlinge in Zelten untergebracht.

Das Asylverfahren dauere zu lang, bemerkte Klaus Fütterer. Eine Beschleunigung des Verfahrens mache das Problem nicht kleiner, kontert der Minister. Denn damit erreiche man nur, dass die Flüchtlinge schneller auf kommunaler Ebene ankämen. Er erwähnte das neue Rückkehrmanagement, das für die Menschen zuständig ist, die kein Bleiberecht bekommen: "Den Menschen wird reiner Wein eingeschenkt, sie werden auf ihrem Weg in die Heimat unterstützt und begleitet." Ziel sei es, die Verteilung der Flüchtlinge so zu steuern, "wie wir es wollen". Was das Arbeitsrecht angehe, sei noch jede Menge "Sand im Getriebe": "Denn nicht alles, was im Kanzleramt beschlossen wird, ist sofort arbeitstauglich."

In Zusammenhang mit den Anschlägen in Paris sprach Gall von einer "asymmetrischen Bedrohungslage", von einer "abstrakten Gefährdung", die eine "zielsichere Beobachtung" erfordere und die Möglichkeit, sofort einzugreifen. Die sei gegeben.

"Terroristen, die überhaupt keine Werte haben und denen auch ihr eigenes Leben nichts bedeutet, lassen sich nicht von 1000 FDP- oder 1500 CDU-Polizisten auf der Straße beeindrucken", antwortet er auf eine Frage von Angela Godawa. 20 Millionen Euro seien bei der Polizei für Personal, weitere 30 Millionen für technische Mittel investiert worden. In jedem Präsidium gebe es im Schnitt 50 Staatsschutz-Beamte, ein Sondereinsatzkommando, Islam- und Sprachwissenschaftler, IT- und Sprengstoff-Experten. Denn der IS arbeite "hochprofessionell".

Geringe Arbeitslosigkeit, hohe Sicherheit, Heimatgefühl: Der Minister lieferte gute Argumente für das erklärte Ziel der Landes-SPD, "ein gutes Land noch besser zu machen – auch über 2016 hinaus". Nur schade, dass so wenige zuhörten. Und die Wenigen, die da waren, kannten die Argumente schon.