Nebeneinander lehnen Martin Seemann (links) und Patrick Streicher einträchtig am "Bären"-Tresen. Anfang Juni übernimmt Streicher die Chefposition in der Balinger Kultkneipe. Foto: Maier

Sohn des Gründer-Wirts Uli Stegmaier ist von Juni an neuer Pächter der Balinger Kultkneipe.

Balingen - Zu sagen, Patrick Streicher wisse nicht genau, worauf er sich da einlässt, wäre grundfalsch. Den "Bären", die Balinger Kultkneipe in der südlichen Vorstadt, kennt er von Kindesbeinen an. Mitunter war es für ihn eine Art Wohnzimmer, ein zweites Zuhause. Anfang Juni wird der 28-Jährige der neue Pächter.

Mit Patrick Streicher als Chef kehrt der "Bären" in die Familie zurück – sein Vater Uli Stegmaier hatte die Kneipe 1977 übernommen und bis zu seinem Tod im Jahr 2008 maßgeblich geprägt.

In den vergangenen zehn Jahren hatte Martin Seemann den Bären gepachtet; die Übergabe nun ist von langer Hand geplant und erfolgt im freunschaftschaftlichen Einverständnis, betonen beide: Streicher, Miteigentümer des Gebäudes, hatte bereits im vergangenen Jahr erklärt, den "Bären" übernehmen zu wollen, dies zu einem Zeitpunkt, als Martin Seemann (61) ohnehin schon mit dem Gedanken spielte, dem harten Gastronomie-Arbeitsleben Adieu zu sagen.

Seemann hatte zunächst von 1980 an im "Bären" gearbeitet. 1986 eröffnete "Märde", wie er von Freunden und Bekannten genannt wird, zusammen mit Uli Stegmaier das Kaffeehaus und Restaurant "Sonne" am Viehmarktplatz (heute: "La Pergola"), das er bis 2008 führte – ehe er dann, kurze Zeit nach dem Tod Stegmaiers, als Pächter in den "Bären" zurückkehrte. Ein Glücksfall damals – der "Bären" kam in gute, bewährte Hände. Ebenso bezeichnet es Seemann heute als Glücksfall, dass Patrick Streicher übernimmt: "Das passt, darüber bin ich froh. Er kennt die Kneipe, jemand Besseren hätte man nicht finden können."

28-Jähriger kennt Laden von Kindesbeinen an

Wie gut Streicher die Kneipe kennt, wird auch anhand eines Fotos deutlich, das über dem ersten Tisch links nach dem Eingang gegenüber dem Tresen an der Wand hängt: Darauf ist ein Gitarrist während eines Konzerts im "Bären" zu sehen, der seinen Kopf in Richtung eines Kinds neigt: Es ist Patrick Streicher, im Alter von sechs Jahren. Mit 14 Jahren stand er in der Kneipe zum ersten Mal hinter dem Tresen; prompt kam der Zoll, aber weil der "Bären" ein Familienbetrieb war, war das okay. Mit Unterbrechungen hat Streicher bis heute, seit einem Jahr fest, immer dort gearbeitet – sein halbes Leben also schon.

Mit der Übernahme von Juni an bleibt der "Bären" im wesentlichen so, wie er ist. Streicher übernimmt auch die komplette Mannschaft, ein "klasse Team", wie er sagt. Renovierungsarbeiten stehen an. Und Streicher hat Ideen im Kopf: Selbst ein begeisterter Musiker, will er möglicherweise verstärkt Konzerte veranstalten, vielleicht auch die "Bären Jam-Session", die es früher schon gab.

Gut, man kann meinen, dass der Weg, den Streicher nun einschlägt, nicht unbedingt einer ist, der zu seiner Ausbildung passt. In Villingen-Schwenningen hat er an der Fachhochschule "International Engineering" studiert, eine Mischung aus Maschinenbau, Sprache und Kultur, wie er es beschreibt. Auf der anderen Seite hat er mit dem Abschluss ein Gebot seines Vaters erfüllt, der vor seiner Gastronomentätigkeit Lehrer am Gymnasium in Gammertingen gewesen war.

Als Streicher also in der zehnten Klasse war und die Noten nicht gerade prima ausfielen, da hatte er Uli Stegmaier auf dessen Vorhaltungen und Fragen, dass er sich doch bitte anstrengen solle und was er denn aus seinem Leben machen wolle, einst gesagt: "Ich übernehm’ halt mal den ›Bären‹". Stegmaiers Antwort: Erst, wenn eine Ausbildung oder ein Studium geschafft ist. Den Abschluss an der FH hat Streicher seit 2016 in der Tasche. Die Arbeit als Ingenieur aber sei auf lange Sicht "nicht so mein Ding", sagt er, auch wenn er wisse, dass die Gastronomie harte Arbeit sei: "Der ›Bären‹ liegt mir näher." Liegt eben auch in der Familie.