Die Volksbank will zwei Netto-Märkte bauen: einen in Weilstetten, einen am Balinger Stadteingang. (Symbolfoto) Foto: Woitas

Weilstetten gerne, Balinger nicht: Neubauten sind in Gemeinderats-Ausschuss hoch umstritten.

Balingen - Wird es etwas? Oder nicht? Die Pläne der Volksbank Hohenzollern-Balingen, in Balingen und Weilstetten zwei Netto-Märkte zu errichten, stehen kommunalpolitisch auf ganz dünnem Eis. Die große Mehrheit der Mitglieder des Technischen Ausschusses wollte am Mittwoch keine Empfehlung abgeben – die Fraktionen sehen noch enormen Diskussionsbedarf.

Die Entscheidung über die beiden Vorhaben, die nach Maßgabe der Stadtverwaltung nur gemeinsam oder eben gar nicht realisiert werden sollen, wird nun der Gemeinderat in der Sitzung am 26. Mai treffen. Das hätte er ohnehin, aber ein Votum des Technischen Ausschusses wäre ein richtungsweisendes Signal gewesen. Genau jenes aber wollte die Mehrheit nicht geben – zu umstritten die ganze Angelegenheit.

Vorhaben findet nur hauchdünne Mehrheit

Das ist im übrigen nach Informationen unserer Zeitung bereits in vorangegangen Sitzungen des Gemeinderats deutlich geworden: Bei zwei – wenn man so will – Probeabstimmungen fand das Vorhaben nur hauchdünne Mehrheiten. Wobei bei diesen Abstimmungen jeweils auch einige Stadträte nicht dabei waren. Wie man so hört vor allem solche, die nicht unbedingt mit "Ja" gestimmt hätten.

Während der Netto-Markt für Weilstetten breite Unterstützung findet, sah die Mehrheit im Technischen Ausschuss am Mittwochabend vor allem den geplanten Neubau an der Wilhelm-Kraut-Straße auf dem Steinle-Areal in der südlichen Balinger Vorstadt sehr kritisch.

Man müsse das "Gesamtpaket" sehen

Nach strenger Auslegung des Balinger Marktgutachtens ist ein Lebensmitteldiscounter an dieser Stelle nicht möglich. Nach Angaben des Gutachters Stefan Kruse aber für die Nahversorgung der Citybewohner durchaus sinnvoll und für die Innenstadt insgesamt nicht zwingend schädlich – auch wenn dadurch wahrscheinlich die Ansiedlung eines Lebensmittelvollsortimenters in der City erschwert würde.

Man müsse das "Gesamtpaket" sehen, sagte Kruse: In Balingen schlucke man eine kleine Kröte, für Weilstetten aber sei ein Netto-Discounter im Zentrum Grauenstein ein großer Gewinn. Ohne den Markt für Weilstetten, auch das sagte Kruse, müsste man vom Neubau an der Wilhelm-Kraut-Straße abraten. Grundsätzlich aber sei, wenn man die Vorhaben genehmige, die Einzelhandelskonzeption dadurch nicht in Gefahr.

Foth: Chance für Weilstetten ergreifen

Dieser Argumentation wollte in der Sitzung am Mittwoch einzig Dietmar Foth (FDP) folgen. Die Chance für Weilstetten müsse man ergreifen. Eine Beschädigung des Marktgutachtens, das 1989 beschlossen wurde und wesentlich zur Stärke der Balinger City als "Einkaufsstadt" beigetragen hat, sehe er nicht, so Foth.

Ganz anders Vertreter der anderen Fraktionen: Wolfgang Rehfuß (CDU) sagte, er sehe die Gefahr, dass das Marktgutachten "über den Jordan" gehe. Und er verwies auf den vom Gemeinderat im Oktober 2017 eben mit Verweis auf die Einzelhandelskonzeption verhinderten "Rewe to go" in der Aral-Tankstelle, wenige Meter vom vorgesehenen Netto-Standort an der Wilhelm-Kraut-Straße entfernt. Was damals nicht möglich gewesen sei, dürfe heute, zumal in größerer Dimension, auch nicht sein.

"Wichtiges Signal nach außen"

Fraktionskollege Klaus Hahn meinte, er sei sehr skeptisch, ob die geplante Netto-Ansiedlung in Balingen "rechtssicher" vonstatten gehen könne. Oder ob durch diese Ausnahme die Gefahr drohe, dass künftige Interessenten mit Verweis auf diese Ausnahme das Marktgutachten womöglich vor Gericht ganz kippen. Genau diese Befürchtung äußerte auch Erwin Feucht (Grüne); Ulrich Teufel sagte, er habe "große Bauchschmerzen".

Ganz eindringlich für die beiden Vorhaben hatte der Weilstettener Ortsvorsteher und CDU-Stadtrat Wolfgang Schneider geworben, der seinen Geburtstags-Abend im Gremium verbrachte. Es handele sich um die vielleicht letzte Möglichkeit, den lange ersehnten und dringend notwendigen Nahversorger im Weilstettener Zentrum Grauenstein anzusiedeln. Für Weilstetten sei das eine "historische Chance" – falls es nicht klappe, werde der Ort in Sachen Lebensmittelversorgung "von der Steppe zur Wüste".

Und auch für die Balinger City sei der Standort Wilhelm-Kraut-Straße sinnvoll. Oberbürgermeister Helmut Reitemann sagte, seiner Meinung nach füge der Markt auf dem Steinle-Areal dem Marktgutachten keinen Schaden zu. Außerdem komme es darauf an, dass sich Balingen als Einkaufsstadt der Region weiterentwickele – beide Märkte zu verwirklichen, das sei ein "wichtiges Signal nach außen".