Für Ernst Hermann Maier steht das Glück seiner Rinder an erster Stelle. Foto: Ungureanu

Tiere leben "frei und völlig ohne Zwang". Landwirt schlachtet mit mobiler Schlachtbox auf Weide.

Balingen - Auf dem Uria-Hof in Balingen-Ostdorf leben knapp 300 Rinder - "frei und völlig ohne Zwang", wie ihr Besitzer Ernst Herrmann Maier sagt. Wenn das Ende naht, "beamt" Maier sie "direkt in den Kuhhimmel."

"Lebendtransport meiner Tiere nur noch über meine Leiche" - diesen Entschluss fasste Ernst Herrmann Maier vom Uria-Hof aus Balingen-Ostdorf am 15. Oktober 1986, also vor inzwischen über 33 Jahren. Mit weitreichenden Folgen für seinen Hof und seine Rinder. Ausschlaggebend für diesen Entschluss war ein Erlebnis mit einem seiner Bullen, der zum Schlachthof transportiert werden sollte, sich aber vehement dagegen wehrte. "Das war so schlimm, da habe ich beschlossen, dass mir so etwas nicht mehr vorkommt", erzählt Maier.

Schon vor diesem Erlebnis lebten Maiers Rinder anders als die meisten ihrer Artgenossen. "Wir haben hier eine Rinderhaltung, wie es sie weit und breit nicht gibt", erklärt Maier bei einem Besuch auf seinem Hof. So lebt seine Rinderherde, die aus 250 bis 300 Tieren besteht, das ganze Jahr über im Freien. "Außerdem werden unsere Tiere niemals getrennt - die dürfen zusammen bleiben von der Geburt bis zum Tod", sagt Maier. Das heißt: Kühe, Bullen und Kälber leben gemeinsam auf demselben Gelände.
Nur wenn sich ein Tier verletzt oder krank wird, greifen die Maiers ein.

"Es muss immer ein Tier sterben, damit die anderen leben können"

Auch auf die Fortpflanzung nimmt die Familie keinen Einfluss. "Allerdings müssen wir bestandsregulierend eingreifen, damit die Herde nicht auf wesentlich über 300 Tiere anwächst", so Maier. Und das geht auch auf dem Uria-Hof nur, indem wöchentlich ein bis drei Tiere geschlachtet werden. "Wir leben eben nicht im Garten Eden", erklärt der 77-Jährige:"Es muss immer ein Tier sterben, damit die anderen leben können." Für mehr als 300 Rinder reichen nämlich die Kapazitäten des Hofes mit etwa 100 Hektar Fläche nicht aus.

Doch um den Tieren auch das Sterben so angenehm wie möglich zu machen, hat sich Maier nach dem Erlebnis mit dem Bullen im Jahr 1986, etwas einfallen lassen: "Unsere Tiere kommen nicht auf den Schlachthof, sondern der Schlachthof kommt in Form der mobilen Schlachtbox zu ihnen." Nur so kann den Tieren Angst und Stress in Zusammenhang mit der Schlachtung erspart werden, ist Maier überzeugt.

Die mobile Schlachtbox hat er selbst entwickelt. Doch bevor sie zum Einsatz kommt, müssen Maier und seine Kinder Annette und Edgar, die den Betrieb inzwischen übernommen haben, Woche für Woche auswählen, welches Tier geschlachtet wird. "Dabei gehen wir nicht nach Alter oder Gewicht, sondern schauen, dass die besten Tiere so lange wie möglich in der Herde bleiben." Kälber und ihre Mütter scheiden dabei von vorne herein aus. Die ausgewählten Tiere markieren die Maiers am Tag vor der Schlachtung mit einem roten Punkt. Dann werden sie vom Tierarzt untersucht und - wenn sie gesund sind - zur Schlachtung freigegeben.

Der Tag der Schlachtung

"Am Tag der Schlachtung gehen wir mit einem Gewehr mit Schalldämpfer auf die Weide und schießen das Tier - dort wo es sich gerade aufhält - in den Kopf, direkt ins Gehirn", berichtet Maier. Das Tier sei dann betäubt und spüre überhaupt nichts mehr. Anschließend kommt die mobile Schlachtbox ins Spiel. Sie kann hinten an den Traktor oder das Auto gekoppelt werden und direkt neben das betäubte Rind gefahren werden. "Mit zwei Winden wird das Tier dann an den Beinen nach oben gezogen und in die Box geschwenkt." Es hängt also kopfüber in der mobilen Schlachtbox. Mit dem Messer öffnen die Maiers dann die Halsschlagadern des Tieres. Es stirbt durch den Blutverlust. "Von all dem bekommt das Tier nichts mit. Wir beamen es quasi direkt in den Kuhhimmel", erklärt Maier und fügt hinzu: "Trotzdem ist es nicht mein schönster Tag. Aber alles andere wäre feige. Das ist der letzte Dienst, den man den Tieren machen muss."

In der Box werden die toten Rinder in die hauseigene Schlachterei transportiert. Dort wird das Tier ausgeweidet und zerlegt. Seit etwa einem Jahr übernimmt die Familie auch die Weiterverarbeitung des Fleischs. "Wir sind da voll unabhängig und brauchen sonst niemanden mehr", sagt Maier.

Verkauft werden Fleisch und Wurst in der Verkaufsstelle auf dem Uria-Hof in Balingen-Ostdorf. "Wir beliefern aber auch 18 Bio-Märkte zwischen Tübingen und Freudenstadt sowie im Raum Stuttgart", erklärt Maier.