Die wegen Corona ungenutzten Zimmer im Hotel Thum vermieten Thomas und Marina Meyer als Homeoffice-Arbeitsplätze auf Zeit. Foto: Thiercy

Hotel Thum bietet "Heimwerkern" ungestörte Arbeitsplätze an. Senkung der Umsatzsteuer gefordert.

Balingen - Gastronomen mit Leib, Seele und viel Herz - das sind Thomas und Marina Meyer. In Zeiten von Corona bleibt dem Ehepaar nicht viel mehr als der Verkauf von Speisen zum Mitnehmen. Oder eine clevere Idee: Sie bieten im Hotel Thum die leer stehenden Zimmer als "Homeoffice" an.

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Plötzlich sind alle daheim: die quirligen Kleinkinder, die genervten Schüler und mitten drin Mama und Papa, die Ruhe brauchen für ein Online-Meeting mit den Kollegen oder eine Videokonferenz mit dem Chef. Nicht jeder kann sich in den eigenen vier Wänden in ein stilles Kämmerlein zurückziehen. Aber der digitale Arbeitsplatz ist flexibel, dachte sich der in der Dehoga engagierte Thomas Meyer und tüftelte eine kreative Idee aus: Homeoffice im Hotelzimmer.

Zwischen sieben Uhr morgens und 19 Uhr am Abend stehen den Kunden die Zimmer zur Verfügung. Zu mieten für einen einzelnen Tag oder wochenweise.

Die Zimmer haben alle einen Schreibtisch, der Zugang zum High-Speed-WLAN ist kostenlos und der Parkplatz sowieso. "Wer mehrere Tage bei uns arbeitet, der darf uns auch den Zugang zum Zimmer verbieten", sagt Marina Meyer. So könne der Kunde sicher sein, dass eventuell sensible Unterlagen nicht von fremden Augen gesehen werden.

Der Check-in ins ausgelagerte Homeoffice erfolgt auf Distanz. Ebenso wie die Lieferung des Tagesessens, falls gewünscht. Und auch Kaffee oder Getränke kann man bei den Meyers ordern. "Da kann sich jeder mal wie ein Chef fühlen, der beim Praktikanten Kaffee bestellt."

Und wenn einen Kunden nach einem arbeitsreichen Vormittag die Müdigkeit übermannt? Natürlich dürfe man für ein Nickerchen auch das Bett benutzen, erklärt das Ehepaar, das das Balinger Traditionsgasthaus in der dritten Generation betreibt. Die vierte steht übrigens mit Tochter Evelyn und deren Freund Dennis Laws in den Startlöchern.

Haben sie keine Bedenken, dass "horizontal" arbeitende Damen den Service ausnutzen? Beide lachen. "Nach 30 Jahren hat man ein Gespür für die Leute", erklärt Marina Meyer. Ihr Mann fügt hinzu: "Unsere Freunde und Helfer sind ja gleich gegenüber." Und meint damit die Polizei, die nur einen Wink entfernt vom Hotel und Gasthof beheimatet ist.

Wer trotz großzügiger Zimmer, zum Teil mit Balkon, im ausgelagerten Büro den Hüttenkoller bekommt, der kann sich auf die sonnige Dachterrasse mit Loungemöbeln zurückziehen. Für die arbeitenden Kunden, deren Laptops und Akten ist also an alles gedacht. Und woran denken die Gastronomen, was wünschen sie sich? Mit weiterer finanzieller Unterstützung rechnen beide Ehepartner nicht. Thomas Meyer aber sieht eine Chance für ein Vorhaben, für das die Dehoga, der Verband für Gastgewerbe, seit Jahren kämpft: die Senkung der Umsatzsteuer für Im-Haus-Verzehr auf sieben Prozent. Wie alle anderen Kollegen seiner Branche hangelt auch er sich von Tag zu Tag und von Verordnung zu Verordnung durch die Krise.

"Unser Essensverkauf läuft sehr gut", sagt Marina Meyer. Aber längst nicht so gut und mit so viel netten Kontakten, wie das beim normalen Restaurantbetrieb möglich wäre.

Und in Zukunft? "Ich befürchte, viele kleinere Imbisse oder Kneipen, die nicht vorgesorgt haben, werden die Krise nicht überstehen", sagt Meyer. Dann eilt er zum Telefon. Ein Geschäftsmann will reservieren.

Auf dem Weg zum Apparat gibt der Hotelier noch einen Wunsch mit: "Dass alles bald wieder normal wird und wir alle gesund bleiben."