Essen aus der Konserve ist für Harald Wohlfahrt eigentlich tabu. Für den ISS-Astronauten Alexander Gerst macht der Spitzenkoch eine Ausnahme. In den grünen Dosen sind Käsespätzle mit Röstzwiebeln. Foto: ESA

Drei-Sterne-Koch Harald Wohlfahrt kreiert Weltall-Kost für Alexander Gerst. Strenge Vorgaben bei Zubereitung.

Baiersbronn - Für den baden-württembergischen Astronauten Alexander Gerst gibt es an besonderen Tagen Weltraumkost aus dem Schwarzwald. Drei-Sterne-Koch Harald Wohlfahrt aus Baiersbronn entwickelt nämlich neue Bonus-Gerichte fürs All.

Seit Mai ist Alexander Gerst aus Künzelsau (Hohenlohekreis) auf der Internationalen Raumstation (ISS). Der Speiseplan des 38-Jährigen ist während der sechs Monate im All nicht berauschend. Doch ein bisschen verwöhnen will die Europäische Raumfahrtorganisation ESA ihre Astronauten trotzdem. Gerst darf sich drei Gerichte als Bonusproviant wünschen.

Diese können nicht einfach gekocht und in einer Thermobox ins All geflogen werden. Die Entwicklung der Raumfahrt-Feinschmecker-Gerichte ist kompliziert. Damit beauftragt wurde nun Drei-Sterne-Koch Harald Wohlfahrt aus der Traube Tonbach in Baiersbronn (Kreis Freudenstadt). Der Spitzenkoch kreierte bereits mehrfach Astronautennahrung.

Würzung muss intensiv sein - Salz ist aber verboten

Strenge Vorgaben in Sachen Nährstoffgehalt, Haltbarkeit, Verpackung, Transportfähigkeit und Geschmack sind dabei zu beachten. So auch bei dem neuen Menü, bestehend aus rustikalen Klassikern aus dem Südwesten: Käsespätzle mit Röstzwiebeln und Linsen mit Spätzle. Ideengeber für das Dessert war Gersts Großmutter. Sie empfahl Griesflammerie mit Johannisbeergelee, das gehört zu den Leibspeisen des Astronauten aus dem Fränkischen.

Für die Mahlzeiten an Bord hat die ESA genaue Vorschriften. Das Space Food (Weltall-Essen) muss nicht nur schmecken, sondern die Astronauten vor allem mit ausreichend Kohlenhydraten, Proteinen, Fetten sowie Vitaminen und Mineralstoffen versorgen. Auch die Würzung birgt kleine Tücken: Da der Geschmacksinn im Weltraum schwächer ist, muss das Essen grundsätzlich stärker gewürzt sein, jedoch auf Salz verzichtet werden. Neben der gesunden Ausgewogenheit gelten strengste Kriterien für den Herstellungsprozess, um Keimfreiheit und Haltbarkeit sicherzustellen. Die Nahrung muss so vorbereitet werden, dass sie auch ohne Konservierungsstoffe und Kühlung mindestens zwei Jahre vor dem Verderben geschützt ist. In Konservendosen zu 250 Gramm abgefüllt, wird das Space Food deshalb auf 121 Grad und mit einem Druck von 1,5 bar erhitzt.

Die Herstellung ist "eine Wissenschaft für sich"

Wohlfahrt profitiert bei den Wünschen der ESA von seiner Erfahrung in Sachen Raumfahrtkost. Bereits 2007 kam es nach Gesprächen zwischen Traube-Patron Heiner Finkbeiner und dem Astronauten Ernst Messerschmid über die Verpflegung im All zur ersten Zusammenarbeit mit der europäischen Behörde. Während zuvor überwiegend aus amerikanischer und russischer Küche gewählt werden konnte, wurde 2008 erstmals Essen aus Tonbach an Bord serviert. "Aus dieser Zeit habe ich noch ordnerweise Notizen und Versuchsberichte", bestätigt Wohlfahrt. "Denn so vermeintlich einfach sich die Gerichte auch anhören mögen, die richtige Zubereitung von ausgewogener und zugleich schmackhafter Weltraumnahrung ist eine Wissenschaft für sich."

Als Garant dafür, dass der Inhalt der neuen Gourmetkonserven Alexander Gerst auch sicher schmeckt, kam ein Jugendfreund aus seiner württembergischen Heimatstadt Künzelsau ins Spiel. Jörg Frankenbach, ebenfalls gelernter Koch, durfte als Vorkoster agieren und dem Dreisterner bei der Zubereitung der "all-tauglichen" Speisen in der Traube Tonbach über die Schulter schauen. Selbst wenn diese sich von der vielfach ausgezeichneten Sterneküche der Schwarzwaldstube unterscheiden, gibt es doch eine markante Gemeinsamkeit: Ganz wie auf der Erde sind Wohlfahrts Gerichte eher nicht für jeden Tag, sondern als sogenanntes "Special Event Food" gedacht - ein Festtagsmenü für besondere Anlässe im Weltall.