Statt miteinander zu verhandeln, drehen die Tarifparteien weiter an der Eskalationsschraube und geben der jeweils anderen Seite die Schuld für die festgefahrenen Situation. Foto: dpa/Peter Kneffel

Der deutsche Bahnverkehr steht still, wenn die GDL es will: Zum vierten Mal im laufenden Bahn-Tarifstreit streikt die Lokführergewerkschaft. Die Auswirkungen sind erheblich und die Unzufriedenheit mit dem Vorgehen der Arbeitnehmer wächst. Ist die Schlichtung jetzt eine Option?

Mit ihrem vierten Arbeitskampf im laufenden Bahn-Tarifstreit legt die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GdL) erneut weite Teile des Bahnverkehrs in Deutschland lahm. Bis Montagabend (29. Januar) soll der Ausstand dauern.

Hilft eine Mediation oder Schlichtung im Tarifkonflikt weiter?

DB vs GdL: Seit November wurde nicht mehr verhandelt. Foto: Imago/Steinach

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) fordert die Gewerkschaft auf, über eine Schlichtung mit externen Vermittlern zu einer Lösung zu kommen. „Wenn das so festgefahren ist, dass man offensichtlich nicht mehr miteinander reden kann, dann brauchen wir dringend eine Mediation oder ein Schlichtungsverfahren.“

Schon nach der zweiten Verhandlungsrunde hatte die GdL die Gespräche mit der Bahn für gescheitert erklärt. Seit November wurde nicht mehr verhandelt.

Wann war die letzte Schlichtung bei der Bahn?

Das eine Schlichtung bei dem Staatsunternehmen funktioniert, zeigte sich im Sommer 2023. Anfang Juli 2023 hatten sich die Bahn und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) auf eine gemeinsame Schlichtungsvereinbarung geeinigt.

Am 28. August hatte sich die EVG gegen weitere Bahnstreiks entschieden. 52,3 Prozent der EVG-Mitglieder hatten zuvor in der Urabstimmung die Schlichtungsvereinbarung im Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn (DB) angenommen und damit neue unbefristete Arbeitskämpfe abgelehnt.

Die beiden Schlichter waren die Arbeitsrechtlerin Heide Pfarr (SPD) und der frühere Verteidigungs- und Innenminister Thomas de Maizière (CDU). Verhandelt wurde in Potsdam.

Wie läuft eine Schlichtung ab?

Bevor sich Schlichter ans Werk machen können, müssen die Tarifparteien Kompromissbereitschaft erkennen lassen.   Foto: Imago/Steinach

Die Schlichtung in einer Tarifbranche läuft in Deutschland nach genau festgelegten Regeln und Fristen, die in Schlichtungsvereinbarungen zwischen den Tarifparteien ausgehandelt worden sind.

Am Streit unbeteiligte Personen versuchen zwischen beiden Seiten einen Kompromiss zu vermitteln. Die Arbeitgeber- oder die Arbeitnehmerseite muss zuvor Kompromissbereitschaft zeigen und auf den Tarifkontrahenten zugehen, um die Personalfrage nach den Schlichtern sowie weitere Prozessfragen zu klären.

Wie stehen derzeit die Chancen für eine Schlichtung?

Nicht gut. Die GdL unter ihrem Vorsitzenden Claus Weselsky lehnt ein Schlichtungsverfahren bisher rundweg ab. Da die Bahn offenbar keinen Spielraum für Gespräche sieht, ruft sie erst gar nicht nach einer Schichtung. Auch Bundesverkehrsminister Wissing schätzt die Chancen für eine Schlichtung derzeit als gering ein.

Sind Streiks während einer Schlichtung erlaubt?

Die Schlichter versuchen einen für beiden Seiten tragfähigen Kompromiss auszuhandeln. Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Nein. Wen eine der beiden Kontrahenten – also die Gewerkschaft oder der Arbeitgeber – die Schlichter anruft, setzt die sogenannte Friedenspflicht ein. Bis dahin sind allenfalls noch kleinere regionale Warnstreiks geplant – und tarifrechtlich erlaubt.

Wer bestimmt die Schlichter?

Die Gewerkschaft und der Arbeitgeberbestimmen jeweils einen Schlichter, der für sie zuständig ist.

Was soll die Schlichtung bezwecken?

Mit der Schlichtung wird versucht, auf dem Verhandlungsweg doch noch einen für beide Seiten tragfähigen Tarifkompromiss zu erzielen.

Welche Aufgabe hat die Schlichtungskommission?

Die Schlichtungskommission besteht aus Vertretern aus den Gewerkschaften und der Arbeitgeberseite. Die Schlichter wechseln sich von Schlichtung zu Schlichtung im Vorsitz der Verhandlungen ab.

Was geschieht nach der Einigungsempfehlung der Schlichter?

Nach in der Regel mehreren Schlichtungsrunden gibt die Schlichtungskommission eine Einigungsempfehlung ab. Über diese Empfehlung verhandeln die Gewerkschaften und Arbeitgeber dann erneut.

Im Idealfall endet die Schlichtung mit einer Einigung, sollten beide Seiten erwarteten Schlichterspruch annehmen.

Kann eine Schlichtung auch scheitern?

Das ist zwar nicht die Regel, geschieht aber hin und wieder. So wurde beispielsweise 1992 ein Schlichterspruch im öffentlichen Dienst nicht angenommen. Damals hieß die Gewerkschaft noch ÖTV (Öffentlicher, Dienst, Transport und Verkehr). Die Folge waren zehntägige flächendeckende Streiks.