Ein befristeter Industriestrompreis würde Unternehmen im Land helfen, findet Winfried Kretschmann. (Archivbild) Foto: dpa/Bernd Weißbrod

Hohe Inflation, schwache Konjunktur, zu wenig Fachkräfte und zu viel Bürokratie: Die Wirtschaft im Südwesten schwächelt. Aus Sicht von Ministerpräsident Winfried Kretschmann braucht es einen Industriestrompreis - und mehr Zuversicht.

Die hohen Strompreise in Deutschland sind ein Problem, findet Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Um der schwächelnden Wirtschaft unter die Arme zu greifen, hat sich Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nun für die Einführung eines Industriestrompreises ausgesprochen. „Da bin ich gemeinsam mit Robert Habeck der Meinung, dass wir einen zeitlich begrenzten Industriestrompreis brauchen, der einigermaßen wettbewerbsfähig ist“, sagte der Grünen-Politiker der Deutschen Presse-Agentur.

Niemand wolle auf Dauer einen subventionierten Strompreis. „In der Übergangsphase, bis die großen Leitungen von Nord nach Süd stehen und sich die Situation durch den jetzt wieder an Fahrt gewinnenden Hochlauf der regenerativen Energien bessern wird, brauchen wir sowas aber schon.“

Streit innerhalb der Ampel

Innerhalb der Bundesregierung gibt es Streit um einen staatlich subventionierten Industriestrompreis. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will für eine Übergangsphase einen „Brückenstrompreis“ von sechs Cent je Kilowattstunde für besonders energieintensive Betriebe. Auch die SPD-Fraktion will das. Die FDP lehnt einen Industriestrompreis ab, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zeigte sich bisher eher skeptisch.

Kretschmann warnte zugleich davor, die wirtschaftliche Lage schlechter darzustellen, als sie sei. „Wir müssen aufpassen, dass wir die Lage nicht durch dauerndes Lamentieren verschlechtern.“ Die Produktivität sei nach wie vor hoch und Deutschland eine innovative Region. „Wir sollten jetzt nicht so tun, als stünden wir am Abgrund. Das ist nicht so“, sagte der Regierungschef.

Die Landesregierung sei zudem nicht untätig. „Wir machen auch unsere Hausaufgaben, investieren in die digitale Infrastruktur, gehen die Digitalisierung der Verwaltung wirklich massiv mit allen Kräften an“, sagte Kretschmann. Auch gehe man den Abbau überbordender Bürokratie an und setze auf Künstliche Intelligenz. „Da sind wir führend in ganz Europa“, sagte Kretschmann.

Unternehmen im Land kämpfen aktuell mit vielfältigen Problemen

Die hohe Inflation, der stockende Konsum und die schwächelnde Weltwirtschaft machen den Unternehmen im Südwesten Probleme. So meldete das Statistische Landesamt erst kürzlich für die erste Jahreshälfte einen Rückgang der Exporte aus Baden-Württemberg um 1,2 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum, während bundesweit die Exporte im selben Zeitraum um 3,3 Prozent zulegten. Auch der in Baden-Württemberg stark vertretene Maschinenbau klagt über eine sinkende Wettbewerbsfähigkeit und nennt als Grund fehlende Fachkräfte sowie hohe Energiepreise.

Das bereitet auch Kretschmann Sorge. „Sorgen hat man immer, das ist klar. Wir müssen einfach die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes erhöhen und eine gemeinsame Zukunftsagenda auf den Weg bringen“, sagte der Ministerpräsident. Er verwies auf das von der Bundesregierung geplante Wachstumschancengesetz. „Da sind wegweisende Dinge drin, die die Wirtschaft entlasten: Abschreibungsmöglichkeiten oder Steuersenkungen für Investitionen in Forschung und Entwicklung. Das ist, glaube ich, der richtige Weg“, sagte Kretschmann. Er sei zuversichtlich, dass das Gesetz bald komme.

Besonders starke Schwankungen in der Region

Dass Baden-Württemberg bei globalen Wirtschaftskrisen immer besonders stark betroffen sei, sei nicht neu, so Kretschmann. „In solchen Situationen gehen wir immer tiefer runter als die anderen Regionen, gerade weil wir so exportstark sind.“ Wenn sich die Lage dann aber wieder verbessere, gingen die Kennzahlen aber in der Regel im Südwesten auch wieder schneller hoch als anderswo.