Sie gestalteten das "Weltessen iranisch": die Iraner Mohammad Rasekh (von links), Nima Bakhtiari und Mohammad Ansari sowie Organisator Hubertus Welt.Foto: Bechtle Foto: Schwarzwälder Bote

Festi-Wall: "Weltessen – iranisch": Flüchtlinge stellen ihr Land nicht nur kulinarisch vor / Weitere Veranstaltungen

Das "Netzwerk für Wertevielfalt Nordschwarzwald" gestaltet auch in diesem Jahr das "Festi-Wall für ein friedliches Miteinander 2020", gefördert mit Mitteln des Landes Baden-Württemberg. Nun stand ein "Weltessen – iranisch" auf dem Programm.

Bad Wildbad-Calmbach. "Entsetzen nach Hinrichtung eines iranischen Ringers", "Menschenrechte im Iran – die gnadenlosen Mullahs", "Iran erpresst den Westen – Khameneis Geiseln", "Religionspolizei schlägt Frau wegen unvollständigem Schleier" – das sind nur einige Schlagzeilen über den Iran, die in letzter Zeit in deutschen Zeitungen zu lesen waren. Ist so der Iran? Oder stimmt dies alles gar nicht?

Zuerst jedoch einen Überblick über das Land. Die Hauptstadt ist Teheran, es gibt jedoch noch eine ganze Reihe von Millionenstädten, deren Namen bei uns kaum bekannt sind. Die Einwohnerzahl (82 Millionen) entspricht etwa der deutschen Einwohnerzahl (83 Millionen), doch das Land ist mit etwa 1,65 Millionen Quadratkilometern etwa fünfmal so groß wie Deutschland (0,37 Millionen Quadratkilometer). Der Staat nennt sich Islamische Republik, ist eine "Präsidentielle Theokratie", also ein Gottesstaat, und wird vom "herrschenden Rechtsgelehrten", Regierungschef Hassan Ruhani, regiert. Etwa vier Millionen Iraner leben heute im Ausland, der größte Teil sind Flüchtlinge.

Zum wiederholten Mal führt das "Netzwerk für Wertevielfalt Nordschwarzwald" das "Festi-Wall für ein friedliches Miteinander 2020" durch, gefördert mit Mitteln des Landes Baden-Württemberg, dem Verein Menschen Miteinander/Interkultureller Garten, der Organisation "Gemeinsam in Vielfalt" sowie weiteren lokalen Förderern.

Eingeladen wurde in diesem Rahmen im Calmbacher Gemeindehaus zum "Weltessen – iranisch". Zwei weitere Weltessen werden in den kommenden Wochen in Bad Wildbad (syrisch am 5. November) und in Enzklösterle (ukrainisch am 19. November) stattfinden.

Viele unterschiedliche Bevölkerungsgruppen

Was gibt es beim Weltessen? Natürlich eine landestypische Speise, obwohl der Iran zahlreiche auch sprachlich unterschiedliche Bevölkerungsgruppen aufweist, beispielsweise Aserbaidschaner, Kurden und Luren, die ihre eigene sprachliche und kulturelle Identität besitzen. "Ghorme sabzi, zereschk polo" nennt sich das Gericht, das wegen der Corona-Vorschriften nur für etwa 20 Besucher aufgetischt wurde. Dies war, überaus wohlschmeckend und mild, gebratene Hähnchenkeule mit Reis, dazu Joghurt-Knoblauch-Sauce, Linsenbrei sowie ein Pfefferminzblatt, zubereitet in der Küche des Gemeindehauses von den drei iranischen männlichen Flüchtlingen Ebrahim Nima Omid Bakhtiari, Mohammad Rasekh und Mohammad Ansari.

Eingeleitet – und auch beendet – wurde das Weltessen mit zwei persischen Liebesliedern und einem deutschen Lied, vorgetragen von Nima Bakhtiari, der Ingenieur und Sänger ist, und seit zwei Jahren in Deutschland als anerkannter Flüchtling lebt. Ansari, der sehr gut deutsch sprach, gab einen Einblick in das tägliche Leben der Menschen, wobei er klarstellte, dass natürlich offiziell alle Iraner eine "gläubige Gemeinschaft" seien, im familiären Leben allerdings zu etwa 60 Prozent Atheisten. Zwei große Parteien, die vor den Wahlen durchaus gegensätzliche Ziele haben, einigen sich und regieren gemeinsam. Vor allem die jungen Leute wollen eine Öffnung zum Westen, jedoch versuche die Regierung des Landes, das die weltgrößten Erdgas- und die viertgrößten Rohölvorkommen der Welt besitzt, dies konsequent zu verhindern. Dazu kommt, dass der Iran einer der Atomstaaten ist, die wahrscheinlich in der Lage sind Atombomben zu produzieren.

Nach außen schwanke der Gottesstaat zwischen Aggressivität und Verhandlungsbereitschaft, und nach innen ließen die Mullahs und die Religionspolizei dem Volk kleine Freiheiten als Ventil, bei Demonstrationen jedoch greife die Regierungspolizei äußerst hart durch.

Mit einem süßen Dessert wurde der interessante Abend beschlossen, wobei Hubertus Welt, der das diesjährige Festi-Wall vorbereitet und organisiert hat, den iranischen und deutschen Helfern für diese Veranstaltung "allerherzlichsten Dank aussprach".