Freie Fahrt für Mountainbiker: Auf dem Sommerberg gehts rund - doch die Anfahrt löst einen Rechtsstreit aus. (Symbolbild) Foto: dpa

Bikepark auf Sommerberg leitet rechtliche Schritte gegen Stadt ein. Radfahrer frustiert wegen Busshuttle.

Bad Wildbad - Das Jahr 2003: Der Sommerberg liegt noch weitgehend im Dornröschen-Schlaf. Der damalige Bürgermeister Walter Jocher hat eine Idee – einen Bikepark auf Bad Wildbads Hausberg zu errichten. Mit der Radsportakademie (RSA) der Dekra in Altensteig-Wart findet man auch schnell einen geeigneten Pächter.

Damals waren die Radsport-Experten um den ehemaligen Radprofi Heinz Betz die "Heilsbringer" für den daniederliegenden Tourismus im Enztal. Es kam zur Ausgründung der RSA. Und der Bad Wildbader Bikepark, heute einer der ältesten dieser Art überhaupt im Land, wurde zur echten Erfolgsgeschichte. Treffpunkt der Mountainbiker. Allein sechs deutsche Meisterschaften – für Downhill und Cross-Country – wurden hier veranstaltet, unzählige Wettbewerbe. Am Vatertag (30. Mai) steigt hier in diesem Jahr zum 16. Mal der Mountainbike-Marathon – ein "Joint-Venture" mit dem örtlichen Edeka-Händler.

Doch seit 2012 ist "Sand im Getriebe" im Verhältnis zwischen der Stadt Bad Wildbad als Eigentümer des Geländes des Bikepark und dem Pächter RSA. "Damals gab es eine Änderung der Gemeindeordnung", erläutert Betz. Der Vertrag zum Bikepark wurde neu geschlossen, erhielt beim Thema "Transport von Bikern auf den Sommerberg" einen neuen Wortlaut. Bisher war die Stadt selbst hier der Partner des Bikeparks – und garantierte den Transport der Radsportler per Sommerbergbahn auf den Tourismus-Hotspot über der Stadt. Künftig sollten "allein die Konditionen" mit den Stadtwerken (100-prozentige Tochter der Stadt Bad Wildbad) als Betreiber der Bergbahn neu verhandelt werden. Im Detail: Bis 2012 erhielt die Stadt für die Nutzung der Bahn eine Provision aus den verkauften Tickets des Bikeparks, danach war ein Festbetrag fällig. "Was für uns de facto eine Verdoppelung der Kosten für den Transport bedeutete."

Betz und Kollegen schluckten damals "die Kröte" – weil sie die Mehrkosten "als unseren Beitrag zur damals notwendigen Rettung der von Schließung bedrohten Sommerbergbahn sahen". Und anfangs schien auch "alles gut" im weiteren Verhältnis von RSA und der Stadt Bad Wildbad. Im Gespräch zieht sich an dieser Stelle die Stirn von Betz in tiefe Falten: "Und dann kam der Baumwipfelpfad...!" Und schubste den Bikepark vom Thron der wichtigsten Sehenswürdigkeit auf dem Sommerberg. Und sortierte auch ganz offensichtlich die Priorität der Bike-Attraktion auf Seiten der Stadt eher auf einen der hinteren Plätze.

Natürlich sei der Baumwipfelpfad "megagut für die Kommune", erkennt auch Betz die Bedeutung des neuen touristischen Leuchtturms für die gesamte Region an.

Aber die Stadtvorderen hätten in ihrem extra angefertigten Verkehrskonzept für die Zeit nach Eröffnung des Baumwipfelpfads im Jahr 2014 die künftigen Touristen-Ströme komplett falsch eingeschätzt.

Man ging davon aus, dass eigentlich auch für den Bikepark "alles beim Alten" bleiben könnte – "nur bei besonders schönen Wetterlagen" an Wochenenden und in Ferien rechnete man "eventuell" mit dem Bedarf nach einem zusätzlichen Shuttle, der Sommerberggäste (und Bikepark-Piloten samt ihrer Räder) vom Tal auf die Höhe bringen müsste. Kondition dafür laut Betz: "Die Stadt zahlt den Shuttle, anteilig beteiligen wir uns." Und das alles auch nur befristet – bis sich die Lage nach Eröffnung des Baumwipfelpfads wieder "normalisiert".

Schranke vor Auffahrt?

Eine solche Normalisierung zu den Verhältnissen vor dem Baumwipfelpfad kam aber nicht, das Verkehrs-Chaos in Bad Wildbad ist heute fast die Normalität. Mit zwei Effekten für den Bikepark: "Immer wieder steckt auch der Shuttle im Stau rauf auf den Sommerberg fest" – was die Biker frustriert; und sie immer öfter auch wegbleiben lässt. Und die Kosten für den Transport der Biker sind für die RSA "explodiert": drei mal so hoch wie vor der Eröffnung des Baumwipfelpfads, "sechsmal so hoch wie am Anfang". Für Betz ist daher klar: "Wir brauchen die staufreie Bergbahn für unsere Biker", also die Verhältnisse wie vor der Eröffnung des Baumwipfelpfades. "Oder eine Querfinanzierung" – durch die Stadt. Auf jeden Fall aber: "Es braucht ein neues Verkehrskonzept für den Sommerberg – und zwar schnell."

Eine Lösung könnte sein: eine Schranke vor der Auffahrt auf den Sommerberg, zumindest an den "Chaos-Tagen" – die nur Anlieger und der Biker-Shuttle passieren dürften. Ohne Stau kein Frust bei den Bikern. Und auch "weniger Gefahren für die Fußgänger, die immer wieder die Straße entlang dem Sommerberg rauf wollen". Plus natürlich einer offensiven Verkehrslenkung der Sommerberg-Besucher zu den großen Parkplatz-Flächen im Tal. "Aber da tut sich leider aktuell nichts seitens der Stadt."

Stattdessen streiten sich Betz und die Stadt mittlerweile in der dritten Instanz vor Gericht, wer welchen Anteil an den Kosten für den Transport der Biker auf den Sommerberg zu tragen hat. Zweimal aber hat die Stadt vor Land- und Oberlandesgericht gewonnen, weshalb das Verfahren nun beim Bundesgerichtshof anhängig ist – wo es noch locker ein halbes Jahr dauern kann, bis es zur finalen Entscheidung kommt. Konkreter Streitpunkt: Gibt es aus den Verträgen zum Bikepark (nach wie vor) einen Rechtsanspruch der RSA auf Transport der Biker (mit der Sommerbergbahn) – auch an Hochfrequenz-Tagen?

Für Betz ist dieser Rechtsstreit "eine Formsache, um Rechtssicherheit zu bekommen". – "Wir werden jede Entscheidung akzeptieren."

Aber auch er spürt, dass man seitens der Stadt (und des Gemeinderats) den gesamten Vorgang "wohl doch auch persönlich" nimmt. Ende kommenden Jahres läuft der Pachtvertrag für den Bikepark aus – und derzeit deutet nichts darauf hin, dass die Stadt gewillt sein könnte, diesen zugunsten der RSA zu verlängern. Womit sich die nächste "Eskalationsstufe" im Streit zwischen Stadt und RSA andeutet. Denn was passiert mit den "hohen, nahezu siebenstelligen" Investitionen, die Betz und seine Partner auf dem Sommerberg die vergangenen 16 Jahre geleistet haben, wenn sie diese selbst nicht mehr nutzen dürften?

"Ich bin ein Mensch, der eine Lösung sucht", sagt Betz mit einer Mischung aus Trotz und Sorge.

Trotz – weil die RSA "auch ohne Bikepark" überlebensfähig ist. Und er weiß, dass sich andere Kommunen "wie damals Bad Wildbad" um seinen Bikepark und seine unzähligen Kontakte in der Szene die Finger lecken werden. Alles was er in einer anderen Kommune dazu braucht: "Ein Höhenunterschied von mindestens 300 Metern." Sorge – weil es natürlich für alle sehr viel einfacher wäre, alle Animositäten aus dem Streit der letzten Jahre zu überwinden und eine gute Lösung für alle Beteiligten zu finden. Denn "die Probleme gibt es ja nur, weil der Sommerberg so erfolgreich ist."