Seine markanten Schuhe führten die Ermittler schließlich zum Täter. Foto: Symbolfoto/Archiv

Kassierinnen sagen vor Gericht aus. Verschiedene Spuren belasten den Angeklagten.

Bad Herrenalb/Dobel/Tübingen - Modernste kriminaltechnische Methoden führten nach zwei Jahren zu einer Verhaftung nach den zwei Raubüberfällen auf Supermarkt-Filialen in Bad Herrenalb und in Dobel. Vor allem aber durch die Intuition, durch Ortskenntnis und Beharrlichkeit der ermittelnden Polizisten kam die Kripo auf die Spur des inzwischen geständigen Angeklagten.

Vor dem Tübinger Landgericht sagten neben den Ermittlern am Montag aber auch die beiden bedrohten Kassiererinnen aus dem Herrenalber Penny-Markt in der Ettlinger Straße aus. Ihre Angaben decken sich weitgehend mit dem Geständnis des 33-jährigen gebürtigen Kasachen, der im Frühjahr aus einer langfristigen Drogentherapie in Untersuchungshaft kam, zu Prozessbeginn.

Während die eine Kassiererin den Schock zum abendlichen Geschäftsschluss im Oktober 2018 "ganz gut wegstecken" konnte, war die andere für lange Monate krankgeschrieben, musste sich therapeutisch betreuen lassen und wieder behutsam in die Arbeit eingegliedert werden. Sie wird, so sagte sie, in bestimmten Situationen nach wie vor von "mulmigen Gefühlen" geängstigt.

Turnschuhe der Luxusmarke Boss, bundesweit nur 115 mal verkauft, führten zum mutmaßlichen Täter – dem einen. Der zweite Räuber vom Nettomarkt in Dobel, neun Tage später, ist bis heute unbekannt. Neben einem schwarz-weißen Palästinenser-Tuch als Maskerade, der silbernen Gaspistole, neben der hochgewachsenen Statur, der dunklen Haarfarbe und einem präzisen Profil des Räubers aus dem sehr guten einminütigen Video der Überwachungskamera vom ersten Überfall blieb ein erfahrener Kriminalbeamter aus Calw vor allem an diesen markanten Schuhen hängen.

Erkennungsdienstlich behandelt

Denn der jetzige Angeklagte war wenige Monate zuvor im Zusammenhang mit dem nächtlichen Einbruch bei einem Optiker an der Kurpromenade vom Juni 2018 erkennungsdienstlich behandelt worden – als vage infrage kommender üblicher Verdächtiger aus der lokalen, öfter mal kleinkriminellen (Drogen-) Szene von Bad Herrenalb. Auf diesen Fotos trug er genau solche Schuhe. Neben einem Gutachten über Größe und Statur des Räubers gab der Calwer Kripo-Hauptkommissar bei den Fachleuten vom Landeskriminalamt eine Expertise zu den Schuhen in Auftrag.

Mehr als ein Jahr dauerte es, bis dieses Gutachten endlich vorlag. Und weil es die Intuition des Calwer Kommissars und seiner lokalen Kollegen aus Bad Herrenalb voll bestätigte, durchsuchten die Ermittler das Karlsruher Zimmer im zeitweiligen Wohnheim des Herrenalber "Polizeibekannten", gegen den zudem ein Prügeldelikt im weiteren einschlägigen Milieu der Kurstadt zur Ermittlung vorlag. Ganz unten, unter einem Klamottenstapel, wurden die Fahnder fündig: die Boss-Schuhe. Das reichte dann für die Ausstellung eines richterlichen Haftbefehls und die Festnahme in der Pfalz.

Zigaretten auf DNA-Spuren getestet

Die bald nach dem zweiten Überfall im nahen jungen Wald neben dem Tatort von Dobel, dem dortigen Netto-Markt, auf dem Areal einer ehemaligen Gärtnerei aufgefundenen Klamotten hatten die Fahnder zunächst nicht weitergeführt.

Auf DNA getestete Kippen am benachbarten Drogeriemarkt, auch vorsichtige Hinweise der bedrohten und beraubten Kassiererin auf andere denkbare Tatverdächtige, erwiesen sich als falsche Spuren.

Auch die Waffen, einschließlich einer Handgranaten-Attrappe, die – nach Aussagen eines abseits in Schach gehaltenen letzten Kunden – schon beim Bad Herrenalber Überfall verwendet worden sein könnte, wurden bis heute nie entdeckt.

Bei den Betroffenen des Herrenalber Überfalls bat der der Angeklagte am Montag um Verzeihung. Das hatte er schon direkt nach dem Überfall getan, bestätigten sie beide. "Für die Miete" brauche er das Geld, hatte er ihnen bei seiner Flucht noch zugerufen.