Zu den Aufgaben von Dorfhelferinnen zählt die Unterstützung von Familien im Haushalt. Symbolfoto: pixabay Foto: Schwarzwälder Bote

Dorfhelferinnen: | Pandemie bringt starke Einschnitte in der Arbeit / Im Notfall muss es auch schnell gehen

Den Beruf der Dorfhelferin gibt es seit 1954. Diese unterstützt bedürftige Familien im Haushalt, mit den Kindern oder auf dem Land. Regina Fehrenbach ist seit 1991 als Dorfhelferin aktiv und erzählt von der Wichtigkeit, in ihrem Beruf Türen zu schließen.

Bad Dürrheim. Sie sind flexibel und handeln schnell – den Beruf der sogenannten Dorfhelferin gibt es seit 1954 und wird vom Dorfhelferinnenwerk Sölden getragen. Über 80 Stationen gibt es mittlerweile in Baden-Württemberg, eine auch hier in der Kurstadt. Regina Fehrenbach, die langjährige Dorfhelferin der Station Bad Dürrheim beschreibt ihren Beruf als sehr abwechslungsreich: "Jede Familie, jeder Haushalt ist anders."

An ihrer Tätigkeit gefalle ihr besonders der soziale Aspekt und die Möglichkeit, positiv zu prägen. "Familie ist die Grundkeimzelle der Gesellschaft. Wenn die nicht läuft, geht das nach außen", betont sie. Ihrer Meinung nach würde Eltern oftmals eine zu geringe Wertschätzung für ihre Arbeit entgegen gebracht, die viel System und Einsatz erfordere. Sie wolle die Unterstützung geben, die gebraucht wird, um die Struktur einer Familie zu stärken.

Begonnen habe ihr Beruf mit dem Wunsch etwas Soziales zu machen. Statt eines Studiums wollte Regina Fehrenbach lieber gleich Hand anlegen. So absolvierte sie die Ausbildung in Sölden und ist seit 1991 ausgelernte Dorfhelferin. Anfangs arbeitete sie bei der Caritas in Waldkirch, danach bei der Caritas Schwarzwald-Baar, bis sie dann im Dorfhelferinnenwerk Sölden anfing, bei dem sie seit mehr als zwölf Jahren zum Team gehöre.

Herausforderungen gebe es auch in ihrem Beruf, so sei die erste Zeit mit einer neuen Familie eine Zeit, in der man "seine Fühler ausstrecken muss", um mögliche Uneinigkeiten anzusprechen und aus dem Weg zu schaffen. Auf die Frage nach möglicher Überanstrengung, betont die Dorfhelferin, dass es wichtig sei, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen, sich zu reflektieren um irgendwann einfach mal die "Türe zu zu machen". Es sei wichtig, schlechte Situationen nicht mit ins eigene Heim zu nehmen.

Die schönsten Momente im Beruf seien die, in denen man mit Blumen und selbstgemalten Bildern von Familien verabschiedet werde. Auch an einen Zirkusbesuch mit ihren "Einsatzkindern" kann sich Regina Fehrenbach erinnern. Die drei Kinder wären von der Show begeistert gewesen.

Als traurige Situation schildert Fehrenbach der unfreiwillige Abbruch einer Schwangerschaft, die sie in einer Familie miterleben musste. Trotzdem versuche sie, sich in ihrem Berufsalltag auf das Positive zu konzentrieren, eine Eigenschaft die in diesem Berufsfeld sicher oft von Vorteil sei.

Sibylle Baumeister ist seit 2006 Einsatzleiterin der Dorfhelferinnen in Bad Dürrheim und vermittelt aktuell Regina Fehrenbach als Dorfhelferin, die seit 2008 primär in Bad Dürrheim aber auch im Breisgau und Hochschwarzwald Familien betreut.

"Der Notfall ist lösbar" lautet der Slogan, der sich auf der Homepage des Dorfhelferinnenwerks finden lässt. Eine Dorfhelferin komme dann zum Einsatz, wenn ein Elternteil, überwiegend die Mutter, einer Familie beispielsweise erkrankt ist, eine Risikoschwangerschaft vorliegt, oder einen Krankenhausaufenthalt wahrnehmen muss, so Baumeister. Oftmals werde erst die Nachbarschaft oder Verwandtschaft um Hilfe gefragt, doch auf Dauer empfehle Baumeister eine ausgebildete Fachkraft, die nicht nur genügend Zeit für langwierige Einsätze, sondern auch Ausbildung und Erfahrung mitbringe.

Der Beruf der Dorfhelferinnen beinhaltet eine langjährige Ausbildungszeit sowie regelmäßige Fortbildungen und Workshops. Hierfür kann die Familienpflegeschule in Freiburg oder die Akademie für Landbau und Hauswirtschaft in Kupferzell besucht werden. Früher habe der Beruf der Dorfhelferin vor allem die Arbeit auf dem Feld, im Stall oder in der Winzerstube beinhaltet, aber mit dem zunehmenden Aussterben der Landwirtschaft wandelten sich die Tätigkeiten. Wissen in Pädagogik und Hauswirtschaft nehme zu, Landwirtschaft nimmt ab.

Will eine Familie einen Antrag auf Unterstützung stellen, müsse der betroffene Elternteil seinen Hausarzt aufsuchen, der ein Attest ausstelle. Es folgt ein Familiengespräch mit der Helferin, um beispielsweise die Freizeitgestaltung und das Essverhalten der Familie und der Kinder zu besprechen. Die Kosten dieser Beschäftigung werden in vielen Fällen von der Krankenkasse übernommen. Sibylle Baumeister betont, dass die Dorfhelferin nicht als "Ersatzmama" gesehen werden kann, sondern nur die Familienstruktur zurückbringe.

Eine Besonderheit der Arbeit als Dorfhelferin bietet das sogenannte Haushalts-Organisations-Training (HOT), welches ein Hilfsangebot der Dorfhelferinnen für Familien ist, bei denen es die allgemeine Lebenssituation zu verbessern gilt. Entwickelt wurde das HOT vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und vom Caritasverband. Die Dorfhelferinnen müssen für dieses Angebot erneut Fortbildungen machen und ein Zertifikat erwerben. Das Jugendamt beteiligt sich an den Gehaltskosten. Eingesetzt werden die Helferinnen beispielsweise bei jungen Eltern, die Unterstützung brauchen. Andere Einsätze können in Familien mit Suchtproblematik, schlechter wirtschaftlicher Situation oder schwerer Krankheit sein.

Für Quereinsteiger aus anderen Berufsfeldern, gehe im Oktober die Praxisintegrierte Ausbildung (PiA) los. Barbara Nordfeld aus dem Fachbereich Personalverwaltung des Dorfhelferinnenwerks in Sölden erklärt, dass das Dorfhelferinnenwerk hier Anstellungsträger sei und im ersten Jahr die Auszubildenden begleite. Die PiA finde jedes Jahr statt und überzeuge mit Praxisnähe und Entgelt und soll die Attraktivität des Berufs der Familienpflegerin steigern. Eine Ausbildung der ursprünglichen Dorfhelferin werde in Sölden nicht mehr angeboten, stattdessen gebe es eine Kooperation mit der Marta-Belstler-Schule in Freiburg, die Familienpflegerinnen ausbildet. So können auch Frauen aus anderen Branchen eine dreijährige Ausbildung absolvieren, wobei Praxiserfahrungen durch beispielsweise die eigene Familie Kompetenzen bringe, so Nordfeld weiter im Gespräch mit unserer Zeitung. Abschließend folge eine Prüfung.

Sibylle Baumeister lobt die allgemeine Struktur des Hilfswerks in Sölden. Alle Stationen seien gut miteinander vernetzt und man könne bei zu vielen Anfragen sofort Unterstützung von anderen Dorfhelferinnen erwarten.

Auch von den Mitarbeiterinnen selber ist Baumeister begeistert: "Mich hat beeindruckt wie schnell die Helferinnen auf einen Notfall anspringen. Alles läuft zack zack." Auch die Flexibilität der Frauen, die ein eigenes Auto haben müssen, sei bewundernswert. Um die Diskretion der Familien und der Helferinnen zu wahren, gebe es im Beruf keine Dienstkleidung und kein Dienstauto. Den Frauen sei es auch überlassen, ob sie nach ihrem Einsatz weiterhin Kontakt zur Familie haben wollen. Nicht selten sei Sibylle Baumeister dem Wunsch von Kindern nachgekommen, deren Dorfhelferin ein selbstgemaltes Bild zu überreichen, erzählt sie schmunzelnd: "So etwas machen wir natürlich."

Doch wie steht es in der aktuelle Lage um die Station? Die Corona-Pandemie ging auch an Bad Dürrheim nicht spurlos vorbei. Die Arbeit der Dorfhelferinnen sei im Allgemeinen "zusammengebrochen", erklärt Sibylle Baumeister. Viele Elternteile hatten die Möglichkeit in Kurzarbeit oder ins Home-Office zu gehen, daher konnten die Familien keinen Anspruch auf eine Dorfhelferin stellen. Auch viele Operationen oder Rehaaufenthalte wurden verschoben, weshalb der Einsatz der Helferin ausfiel. Seit Mai verwaltet Sibylle Baumeister aber wieder neue Anfragen.

Zu Beginn der Pandemie, wurde es den Helferinnen selbst überlassen, ob sie ihrer Arbeit nachgehen wollen. Wichtig sei es jetzt, die Hygienevorschriften auch in den Familien einzuhalten, sagt Sibylle Baumeister.