Badisches Landesmuseum zeigt Werke von Graffiti-Maler Stefan Strumbel

Von Ingo Senft-Werner Karlsruhe/Neuenbürg. Eine Madonna mit Basecap, eine Kuckucksuhr mit Stones-Zunge. Der Graffiti-Künstler Stefan Strumbel verwandelt Heimatkitsch in Kunst. Dabei erinnert er an sein Vorbild Jeff Koons – auch in der manchmal eher schlichten Provokation.

"Heimat" am Kreuz. Den Neonschriftzug hat der Graffiti-Künstler Stefan Strumbel in seiner Karlsruher Installation dort angebracht, wo sonst der gekreuzigte Corpus hängt. Für ihn ist das ein Sinnbild seines Kunstthemas: Die durch Kitsch und Kommerz geschundene Heimat ist ans Kreuz genagelt. Aber sie wird auferstehen. "Wenn ich eine universelle Antwort auf Heimat hätte, dann würde ich damit die ganze Welt beglücken", sagt der 33 Jahre alte Künstler bei der Eröffnung seiner Einzelausstellung im Badischen Landesmuseum. Bis es so weit ist, konfrontiert er die Betrachter mit den verfremdeten Klischees seiner Schwarzwälder Heimat.

Schrillbunte Kuckucksuhren mit Schweinekopf oder Maschinengewehren, eine Madonna mit dem berühmten Schwarzwald-Bollenhut. "Vor fünf Jahren hat kein Mensch von Heimat gesprochen", sagt Strumbel. "Und jetzt wird sie kommerziell ausgeschlachtet wie noch nie." Dagegen will der tätowierte Künstler mit den Mitteln der Werbeästhetik ankämpfen – "die Menschen auf die Heimreise schicken", wie er es nennt.

Seine plakativen Provokationen nach dem Vorbild des Amerikaners Jeff Koons kommen an. "What the fuck is heimat?" (Was zur Hölle ist Heimat) – eine Frage, die ihm in englischsprachigen Ländern oft gestellt wird, gehört zu Strumbels Lieblingszitaten. In der Ausstellung prangt es als Graffiti an einer Wand. "Who killed bambi" (Wer hat Bambi umgebracht) ist ein weiteres bekanntes Motiv von ihm. Unter dem Schriftzug steht eine Frau mit Bollenhut und Gewehr.

Museumsdirektor Harald Siebenmorgen feiert Strumbel als "aggressiv, polemisch und ironisch". Der junge Künstler lege die Scheinidylle der Heimat offen. "Zugleich ist seinen Werken aber auch ein liebevoller Blick auf die Heimat abzuspüren, die diese ein Stück annehmbarer macht". Er treffe den Nerv der Zeit und gehöre zu den Shootingstars der Szene, für den sich bereits bekannte Sammler wie Karl Lagerfeld und Hubert Burda interessierten.

Mit seiner Ausgestaltung einer Kirche im badischen Kehl-Goldscheuer hat Strumbel nach Ansicht von Siebenmorgen auch eine neue Form der Kirchenkunst geschaffen. Für die Karlsruher Ausstellung hat der Künstler diesen Raum nachgestellt und ergänzt – eben mit dem "Heimat"-Kreuz und mit einem Beichtstuhl, in dem eine nackte Frau steht – nur bekleidet mit einem Bollenhut.

Das Landesmuseum bietet dem Künstler zwei Außenstellen für seine Präsentation. Das Karlsruher Museum beim Markt zeigt vor allem Installationen, im Schloss Neuenbürg im Enzkreis werden ab dem kommenden Wochenende Bilder und Wandskulpturen zu sehen sein. Diese beiden Sonderschauen und damit der Aufstieg in die Hochkultur erfüllen den jungen Künstler Stefan Strumbel sichtlich mit Stolz. "Ich bin dankbar, dass ich als erster deutscher Urban Artist eine eigene Ausstellung bekomme – und das noch nicht mal in Berlin."