In der Asylbewerberunterkunft in der Schwenninger Sturmbühlstraße leben derzeit 135 Personen, Platz gibt es für 160. Foto: Kratt

Die Zahl der Asylbewerber steigt wieder – auch im Schwarzwald-Baar-Kreis. Das hat nicht nur Auswirkungen auf die Aufnahmekapazitäten, sondern auch auf die Flüchtlingsarbeit der Ehrenamtlichen, wie in der jüngsten Sitzung des Arbeitskreises Asyl deutlich wurde. Doch die Corona-Krise erschwert das Engagement.

VS-Schwenningen - In den drei Asylbewerberunterkünften des Kreises sind derzeit 219 Flüchtlinge untergebracht, 135 davon in der Sturmbühlstraße in Schwenningen – Platz ist für rund 160 –, die übrigen in St. Georgen sowie in Donaueschingen, wie Ruben Osimani von der Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer beim DRK berichtet. Die Herkunftsländer der Flüchtlinge seien mittlerweile breit gefächert, mitunter kommen 86 aus Syrien, 34 aus Afghanistan und 27 aus der Türkei. 50 Personen würden monatlich dem Kreis zugewiesen.

"Es zieht an", macht Osimani deutlich. Die Konsequenz: "Das Landratsamt plant, neue Unterkünfte zu eröffnen beziehungsweise alte Unterkünfte zu reaktivieren." An welchen Standorten dies sein werde, stehe zu diesem Zeitpunkt noch nicht fest.

Drei neue Sozialarbeiter-Stellen

Zudem wird das Landratsamt ab Januar 2022 drei neue Sozialarbeiter-Stellen bereitstellen, Bewerbungsgespräche habe es schon gegeben. Bisher ist einzig Benjamin Siegel mit einer halben Stelle als Sozialarbeiter vom Landratsamt eingestellt und für alle drei Unterkünfte zuständig.

Vakanz bei Refugio

Von der Arbeit und den derzeitigen Herausforderungen bei Refugio, Psychosoziales Zentrum für traumatisierte Flüchtlinge, berichtet Sozialpädagogin Veronika Herz. Seit mehr als zwei Jahren ist eine Psychotherapeuten-Stelle vakant. "Wir haben große Schwierigkeiten, in diesem Bereich Nachwuchs zu finden, es gibt wenig Bewerbungen", sagt Veronika Herz. Erschwerend käme die Nähe zur Schweiz hinzu. Für manch einen auch ein Hindernis sei die Tatsache, dass die Stellen bei Refugio nicht klassisch über das Regel-Gesundheitswesen finanziert würden, sondern als Projektstellen mit bestimmter Laufzeit aus verschiedenen Töpfen bezuschusst würden. Derzeit liefen wieder die Projektstellen-Anträge für 2022. "Wir wissen nicht, was im nächsten Jahr ist", so die Sozialpädagogin.

40 Klienten auf Warteliste

Aufgrund der vakanten Stelle könnten derzeit nicht so viele Klienten-Therapien stattfinden wie vor ein paar Jahren noch. 2020 seien 168 Flüchtlinge therapiert worden, zuvor seien es rund 200 gewesen. Dementsprechend lang ist auch die Warteliste: Etwa 40 Personen warteten derzeit auf einen Platz, erklärt Veronika Herz.

Betrieb kann während Pandemie aufrecht erhalten bleiben

Auch die Corona-Krise hat vor dem Psychosozialen Zentrum nicht Halt gemacht. Einige Sitzungen und Beratungen hätten über Telefon oder Video stattgefunden. Oberste Priorität sei stets, mit welchen Maßnahmen man den Betrieb aufrecht erhalten könne, sagt die Refugio-Mitarbeiterin. Bisher habe dies aber immer gut funktioniert. Viele Flüchtlinge kämen mit guten Deutschkenntnissen zu ihnen, trotzdem hätten sie durch das Lockdown-bedingte Homeschooling, auch bei Deutschkursen für Erwachsene, deutlich eingebüßt. "Autodidaktisches und digitales Lernen ist für sie eine große Herausforderung", beschreibt Herz. Durch die Pandemie habe Refugio daher den Kontakt zu den Schulen intensiviert.

Positive Integrationsprozesse

In Sachen Integration der Flüchtlinge zeigt sich Veronika Herz positiv gestimmt. "Viele arbeiten selber engagiert an der Integration mit." Dass die Asylbewerber in Berufssparten einen Platz fänden, der bei hiesigen Auszubildenden weniger angenommen würde, etwa im Pflegebereich, als Maler, Stuckateur oder Bäcker, sieht sie als Zugewinn an. Dennoch macht Veronika Herz, auch in Richtung der Ehrenamtlichen des Arbeitskreises Asyl deutlich: "Es braucht stets unterstützende Angebote, damit die Integration gelingen kann."

Über die derzeitigen Angebote und Projekte des AK Asyl berichtet Reinhold Hummel. Eigentlich sollten in der Gemeinschaftsunterkunft in der Sturmbühlstraße den Ehrenamtlichen Räume für Nachhilfeunterricht oder ein Café-Treff zur Verfügung gestellt werden. Durch die hohe Personenanzahl, die in den letzten Wochen angekommen ist, sei dies organisatorisch derzeit aber kaum möglich.

Viele Projekte in der Schwebe

Die Schreibstube im Muslenzentrum laufe nach 2G-Regelung und die Verantwortlichen hofften auf eine Weiterführung trotz der derzeitigen angespannten Corona-Lage. Aufgrund derer sind hingegen andere Projekte, etwa die Nachhilfe oder der Frauentreff, momentan in der Schwebe. "Zu planen ist derzeit sehr schwer."

Ein Ehepaar aus dem Kreis der Ehrenamtlichen berichtet von der Hausaufgabenbetreuung in der Friedensschule, die mit der Teilnahme von mehreren Ehrenamtlichen sowie drei FH-Studenten zunächst Fahrt aufgenommen hatte, aber mittlerweile auch wieder der sich zuspitzenden Pandemie-Situation zum Opfer zu fallen scheint. Auch das Ehepaar hat sich aus Vorsichtsgründen erst einmal zurückgezogen. "Es ist wichtig, dass Sie von sich aus die Reißleine ziehen und lieber warten, bis alles gesichert ist", unterstreicht Reinhold Hummel.