Die Anrufbusse im Kreis Rottweil fahren nach Fahrplan. Foto: dpa/Büttner

Die SPD-Kreistagsfraktion will prüfen lassen, ob der Anrufbus noch kundenfreundlicher und flexibler fahren kann. Der Kreisverwaltungsausschuss lehnt das aber wegen der hohen Kosten ab – jedenfalls vorerst.

Der Anrufbus im Landkreis Rottweil ist gut genutzt. 40 046 Fahrgästen, mehr als doppelt so viele Fahrgäste wie im Vorjahr, konnte das Angebot 2022 verzeichnen. Nach Fahrplan fahren per Anruf oder elektronisch bestellbare Pkws oder Kleinbusse im Landkreis Rottweil einzelne Haltestellen ab.

Am 20. März dieses Jahres stellte die SPD-Kreistagsfraktion einen Antrag auf Prüfung, ob und unter welchen Bedingungen der Anrufbus zu einem fahrplanunabhängigen Angebot entwickelt werden könnte. Als Begründung wurde angeführt, dass beim gegebenen System eine Vorbestellung von mindestens einer Stunde vor Fahrtantritt vorausgesetzt sei, während bereits fahrplanunabhängige Systeme anderorts etabliert seien. Die SPD-Kreistagsfraktion nimmt an, dass durch Fahrplanunabhängigkeit weitere Fahrgäste gewonnen werden könnten.

Win-win-Situation könnte jähes Ende nehmen

In der vergangenen Sitzung des Kreisverwaltungsausschusses stellte Verkehrsdezernent Oliver Brodmann den aktuellen Stand des Angebots vor. Die Entwicklung der App sei abgeschlossen, welche unter anderem neben der Buchungsoption auch über eine Ortungsfunktion verfüge und Echtzeitinformationen zur Fahrt anbiete.

Der Anrufbus werde von einem Taxiunternehmen, der Firma Taxi Ehret, betrieben. So könne die gesamte Infrastruktur, sprich Fahrzeuge, Fahrer und Geschäftsstelle genutzt werden, teilte Brodmann mit. Liege keine Anrufbusfahrt nach Plan vor, können Taxifahrten alternativ angeboten werden. Dadurch sei eine Win-win-Situation gegeben, so Brodmann.

Allerdings laufe sowohl die Liniengenehmigung als auch der Vertrag zur Durchführung des Anrufbusverkehrs mit dem Taxiunternehmen zum Dezember 2026 aus, gab Brodmann bekannt. Entsprechend sei der Anrufbusverkehr zum Fahrplanwechsel 2026 neu zu vergeben, was auch eine Umstellung auf einen Bedarfsverkehr ermögliche.

Vollständige Digitalisierung vorausgesetzt

Ein Bedarfsverkehr bringe gewisse technische Voraussetzungen mit sich, wie Brodmann vorstellte. So basiere ein Bedarfsverkehr auf vollständig automatisierten, digitalisierten Betriebsprozessen. Auch Abrechnungsprozesse seien digitalisiert, verkündete Brodmann.

Hinsichtlich der Kosten sei nur eine Schätzung möglich. Die Kosten eines Bedarfsverkehrs seien von Inanspruchnahme und resultierenden Wagenkilometern abhängig, heißt es in der Beschlussvorlage. „Klar ist, dass es nicht günstiger wird, sondern teurer“, betonte Brodmann.

Der Landkreis Tuttlingen plane die Einführung eines On-Demand-Verkehrs als Ersatz des Linienverkehrs in Schwachlastzeiten, geht aus der Beschlussvorlage hervor. Dabei seien Gesamtkosten in Höhe von zwei Millionen jährlich kalkuliert worden.

Der Beschlussvorschlag stellte frei, für eine weitere Prüfung der Einführung eines Bedarfsverkehrs zu stimmen, oder dafür abzustimmen, 2026 den Anrufbusverkehr nach Fahrplan fortzusetzen.

Diskussion wird vertagt

Unter Angesicht der möglichen, hohen Kostensteigerung, gaben mehrere Mitglieder der Verwaltungsausschusses an, nicht für eine weitere Prüfung der Einrichtung eines Bedarfsverkehrs zu stimmen. Unter anderem wurde von Thomas Haas von den Freien Wählern darauf verwiesen, dass der Anrufbus bereits eine gute Komfortlösung biete. Entstehende Mehrkosten seien nicht zu rechtfertigen. Das Geld könne effizienter ausgegeben werden. Gleiches kam aus der CDU-Fraktion. Heike Kopp, Leiterin des Nahverkehrsamtes, bestätigte, dass das Anrufbussystem funktioniere. Die Beschwerden gingen gegen Null.

Berthold Kammerer von der SPD stellte klar, dass lediglich eine Prüfung und kein Systemwechsel beantragt wurde und die SPD „in der Sache offen“ sei, merkte aber an, dass die derzeitige Win-win-Situation entfallen könnte. Spätestens dann gelte es, nochmals in die Diskussion einzusteigen.

Erster Landesbeamter Hermann Kopp schlug vor, den Beschlussvorschlag dahingehend zu modifizieren, dass der Anrufbus, solange das Angebot in bestehender Form funktioniert, fortgeführt wird. Steht dies auf der Kippe, soll über eine weitere Prüfung eines Bedarfsverkehrs beschlossen werden. Dem stimmte der Verwaltungsausschuss einhellig zu.