Für viele Alpirsbacher ein Reizthema: Der Landkreis Freudenstadt will die frühere Jugendherberge in Alpirsbach zur Unterbringung von Asylbewerbern anmieten. Foto: Hering

Unterbringung in Jugendherberge Thema im Gemeinderat. Anwohner protestieren gegen Pläne.  

Alpirsbach - Mehr als zwei Stunden wurde im Alpirsbacher Gemeinderat über die Unterbringung von Asylbewerbern in Alpirsbach informiert und debattiert – die Positionen sind allerdings unverändert.

Die Anwohner auf dem Sulzberg – rund 100 waren zu der Sitzung im Haus des Gastes gekommen – protestieren nach wie vor vehement gegen die vom Landkreis Freudenstadt geplante Unterbringung von maximal 40 Asylbewerbern in der früheren Jugenderherberge Alpirsbach. Robert Bornhauser, Leiter des Sozialamts im Landratsamt, und sein Mitarbeiter Benjamin Geigl versuchten, die Ängste und Bedenken der Anwohner mit einer Fülle von Informationen zu entkräften: Bei derartigen Gemeinschaftsunterkünften gebe es für die Anwohner aller Erfahrung nach keine Probleme. Für diese Bemerkung erntete Bornhauser Gelächter bei den Zuhörern.

In Alpirsbach habe man vor, vor allem Familien zuzuweisen und einzelne Asylbewerber, die erfahrungsgemäß gleich abtauchen. Derzeit seien im Landkreis Freudenstadt 163 Asylbewerber untergebracht, 26, überwiegend aus China, Pakistan, Irak und Afghanistan, stünden auf der Warteliste. Die beiden Gemeinschaftsunterkünfte in Freudenstadt (Haus Regina) und Hallwangen seien voll, nun müsse eine neue zentrale Unterbringungsmöglichkeit gesucht werden. Sonst drohe das Land laut Bornhauser in letzter Konsequenz damit, dass die 26 Asylbewerber "mit dem Bus vors Landratsamt gefahren werden".

Auf einen Aufruf des Landratsamts hin habe es zwar einige Immobilien-Angebote gegeben, die Häuser hätten die erforderlichen Kriterien jedoch nicht erfüllt. So brauche ein solches Haus beispielsweise eine Großküche und Gemeinschaftsräume. Mehrfach pochte Bornhauser auch auf die Solidarität: Alpirsbach sei in den vergangenen Jahren im Vergleich zu anderen Gemeinden von der Unterbringung von Asylbewerber unterdurchschnittlich betroffen gewesen. Der Sozialamtsleiter betonte, dass der Landkreis nach wie vor offen für Alternativen sei – wenn es sie denn gäbe.

Ein Zuhörer befürchtete, dass der Landkreis "das Auge für Alternativen" verliere: Er erwarte, dass aktiv danach gesucht werde und man nicht warte, "bis einer kommt". Fest stehe, so Bornhauser, dass die Klinik Reinerzau nicht als Gemeinschaftsunterkunft geeignet sei. Geplant sei, für die Alpirsbacher Jugendherberge einen Mietvertrag über drei Jahre abzuschließen. Gemeinschaftsunterkünfte seien besser als dezentrale Unterbringung, weil die Bewohner dann besser versorgt werden könnten, zum Beispiel mit Essenspaketen.

Die Betreuung der Asylbewerber sei gewährleistet. Eine Anbindung an das Gemeinwesen sei bei der Unterbringung sinnvoll, denn die Asylbewerber dürften ja nicht arbeiten und bräuchten deshalb eine "gewisse Ablenkung" – beispielsweise auch durch Gartenarbeit.

Kinder haben Anspruch auf Kindergarten- und Schulbesuch

Bürgermeister Reiner Ullrich betonte, dass Verwaltung und Gemeinderat "starke Bedenken" gegen die Unterbringung von Asylbewerbern auf dem Sulzberg hätten – vor allem wegen der Nähe der Schule, von Kindergärten und Spielplätzen. Die Alpirsbacher Schulen seien auf ein "ungeschmälertes Image" angewiesen. Letzteres werde, so Bornhauser, durch die Asylbewerber nicht beeinträchtigt. Kinder von Asylbewerbern hätten einen Anspruch auf Kindergarten- und Schulbesuch. "Warum wollen wir Menschen, die im Grunde wie wir sind, nicht in unserer Umgebung haben?", fragte der Amtsleiter.

Stadtrat Reinhold Bronner (FWV/CDU) sah die Hauptschwierigkeit in der fehlenden Verträglichkeit mit dem Schulbereich. In Gemeinden wie Baiersbronn oder Loßburg gebe es sicher mehr Möglichkeiten für Gemeinschaftsunterkünfte. Wenn so viele Menschen verschiedener Nationalität und Religion zusammenlebten, meinte eine Zuhörerin, ergäben sich schon Probleme. Sie betonte auch, dass die Zimmer in der Jugendherberge für Familien recht klein seien.

Stadtrat Hans-Dieter Rehm vermisste Transparenz auf Seiten des Eigentümers, des Jugendherbergsverbands, mit dem die Stadt "ein ernstes Wort" reden müsse. Schließlich habe sie ihm das Grundstück, auf dem das Haus steht, geschenkt. Sach- und andere Leistungen hinzugerechnet, förderte die Stadt laut Haupt- und Ordnungsamtsleiter Gerhard Schwenk den Bau der Jugendherberge im Jahr 1962 mit rund 137 250 Mark.

Eine integrative Unterbringung der Asylbewerber auf dem Sulzberg sei nur schwer möglich – bei dieser Meinung blieb Ullrich. Der Bürgermeister betonte aber auch, dass er auf dem Sulzberg aufgestellte Protest-Transparente für kontraproduktiv halte. Er bat darum, die Transparente wegzuräumen, was bis gestern morgen offenbar auch geschah. Wenn der Landkreis am Standort Alpirsbach festhalte, kündigte Ullrich an, werde der Gemeinderat das Vorhaben "unter baurechtlichen Aspekten zu behandeln haben, aber politisch entscheiden".