Wie viele Albstädter gibt es tatsächlich? Der Zensus 2011 hat andere Zahlen erbracht, als der Stadtverwaltung vorliegen. Foto: Stoll

Trotz zensusbedingtem "Bevölkerungsrückgang" erhält Albstadt mehr Geld aus Ausgleich.

Albstadt - Wie andere Gemeinden hat auch die Stadt Albstadt gegen das Ergebnis des "Zensus 2011" Widerspruch eingelegt – allerdings prophylaktisch, für den Fall, dass sie Grund dazu bekommen sollte. Noch hat sie keinen – im Gegenteil: Mit dem jetzigen Ergebnis kann sie gut leben.

44 378 Einwohner am 9. Mai 2011 – das ist die wichtigste von den vielen Zahlen, die der Ordner mit den Resultaten der bundesweiten Stichprobennahme enthält. 44 378 – das sind weniger, als zu diesem Stichtag im amtlichen Melderegister standen. Schreibt man den Trend – kontinuierlicher Bevölkerungsrückgang – fort bis zum 31. Dezember 2011 – dann ergibt sich die Einwohnerzahl 44 273. Ihr standen zum gleichen Zeitpunkt 44 806 amtlich gemeldete Personen gegenüber, 533 mehr, als Albstadt nach der Mathematik der Statistiker faktisch Einwohner gehabt haben dürfte.

Woher kommt die Differenz? Die 533 Albstädter, die es laut Statistischem Landesamt nicht mehr gibt, sind "Karteileichen", Personen, die irgendwann einmal fortzogen, ohne sich abzumelden. Mussten sie auch nicht; gesetzlich waren sie dazu nicht verpflichtet. Innerhalb von Baden-Württemberg findet zwar bei Neuanmeldungen ein Datenabgleich statt; die alte Heimatgemeinde erfährt dadurch von der neuen, dass sie nun einen Bürger weniger hat. Aber schon bei Umzügen in ein anderes Bundesland ist dieser Datenaustausch nicht mehr gewährleistet, vom Ausland ganz zu schweigen.

Neustädter haben ganz andere Probleme

Auch die vorbildlichste Datenpflege kann also nicht verhindern, dass der eine oder andere Abgang unbemerkt bleibt. Universitätsstädte haben in dieser Hinsicht besondere Probleme; Städte, die Neustadt heißen, leiden unter dem Handicap, dass sie gerne mal verwechselt werden. Tangiert die Albstädter aber nicht – sie sind keine Neustädter.

Ein Defizit steht aber auch bei ihnen zu Buch, und das ist im Prinzip ärgerlich, weil der interkommunale Finanzausgleich und die Erhebung der Schlüsselzuweisungen sich nach der Einwohnerzahl bemessen. Aber nur im Prinzip: Albstadts Erster Bürgermeister Anton Reger kann mit dem Zensusergebnis gut leben, denn 533 Karteileichen sind lediglich 1,19 Prozent der gesamten Einwohnerzahl, und der Landesschnitt liegt mehr als doppelt so hoch, nämlich bei 2,5 Prozent – in Hechingen, um ein vergleichbares Beispiel aus der Region zu nennen, sind es sogar 3,01 Prozent.

Da der zu verteilende Kuchen aber nicht mit der Bevölkerungszahl schrumpft, sondern gleich groß bleibt, bekommt Albstadt – wie alle Gemeinden, die unter 2,5 Prozent zensusbedingtem Bevölkerungsrückgang blieben oder gar Zuwachs gegenüber dem Melderegister verbuchten – künftig nicht weniger, sondern mehr aus dem Finanzausgleich heraus.

In Albstadt ehrt man den Pfennig

Wieviel? Der Gesamtbetrag dürfte laut Kalkulation der Stadtverwaltung zwischen 160 000 und 170 000 Euro pro Jahr liegen – nicht viel im Vergleich zu Gesamtszumme von über 14 Millionen Euro, aber in Albstadt ehrt man auch den Pfennig. Allerdings wird 2014 nur die Hälfte des jeweils fälligen Betrags neu verteilt, um die Entzugserscheinungen bei denjenigen, die etwas abgeben müssen, in Grenzen zu halten. Albstadt erhält also erst 2015 den vollen Betrag und 2014 nur etwas mehr als 80 000 Euro. Danach herrscht mindestens bis 2020 Kontinuität – erst dann kommt der nächste Zensus.

Aber wenn der Stadt Albstadt zusätzlicher Geldsegen winkt, warum legt sie dann Widerspruch gegen das Zensusergebnis ein? Weil fast ein Drittel der baden-württembergischen Gemeinden – 360 von 1101 – es auch tun. Sollte nämlich die gerichtliche Klärung, die mit einiger Sicherheit kommen wird, wesentliche und für Albstadt nachteilige Änderungen am jetzigen Konzept bringen, dann will man gewappnet sein – einen Widerspruch kann man nämlich im Nachhinein begründen, aber stellen muss man ihn jetzt. Sicher ist sicher.