Weiße Stoffbahnen verbanden die Teilnehmer der gestrigen Kundgebung miteinander – sie symbolisierten Stromleitungen und führten zu einer gelb leuchtenden Glühbirne (rechts unten). Steht sie für die Hoffnung, dass der Menschheit irgendwann ein Licht aufgeht? Foto: Schwarzwälder Bote

"Fridays for Future": Ebinger Klimastreikende nehmen Minister Altmaier den Willen zur Wende nicht ab

Erstmals seit einem halben Jahr hat wieder eine Fridays-for-Future-Kundgebung in der Ebinger Fußgängerzone stattgefunden – zufälligerweise am ersten wirklich kühlen Tag nach dem dritten langen, heißen Sommer in Folge.

Albstadt-Ebingen (mak). Nicht überall ist Freiburg – mit 40 bis 50 Teilnehmern nahm sie die Albstädter "Klimastreik"-Kundgebung vergleichsweise bescheiden aus. Aber ein sicht- und hörbares Lebenszeichen der Bewegung war sie doch – so bald, das war zu erkennen, wird die Politik in Bund und Land "Fridays for Future" nicht los. Zumal die jungen Klimaschützer während der sechsmonatigen Corona-Karenz einen Eindruck gewonnen, den Aktivist Kai Schmelzle aus Balingen formulierte: Die Politik, das hat ihr Krisenmanagement während der Pandemie gezeigt, kann sehr wohl, wenn sie nur will.

Was den fatalen Schluss nahelegt, dass sie im Falle des Klimas eben nicht so richtig will. Datteln 4 geht ans Netz, Flugkerosin wird nach wie vor nicht besteuert, 20 Jahre alte Photovoltaikanlagen fallen aus der EEG-Förderung heraus, obwohl sie noch funktionstüchtig sind. Und wer, weil sich die Einspeisung ins Netz schon längst nicht mehr lohnt, den auf dem eigenen Dach erzeugten Photovoltaikstrom selbst zu nutzen versucht, der muss sich vor bürokratischen Hürden und Fallstricken in Acht nehmen – warum, so fragte Gastredner Thomas Friedrich von der Sonnenernergie Zollernalb, werde jemand, der sich selbst mit Strom versorge, ab einer bestimmten Größenordnung von der Bundesnetzagentur wie ein gewerblicher Erzeuger behandelt? "Bei den Radieschen aus meinem Garten ist das doch auch nicht so."

Nein, weder Friedrich noch die anderen vor dem Ebinger Marktbrunnen Versammelten nehmen Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier seine jüngsten Bekenntnisse zur regenerativen Energie ab. Die hat laut Friedrich derzeit einen Anteil von 17 Prozent an der Gesamterzeugung – "auf 100 kommen wir nie, wenn wir nur aus der Güte unseres Herzens umsteigen sollen. Der Umbau muss wirtschaftlich sein – und die Politik dafür sorgen, dass er es wird." Wovon sie weit entfernt sei. "Sie verbrüdert sich mit den Energiekonzernen."

Weitere Redner waren Stadtbahn-Aktivist Albrecht Dorow, der Lanzen für Schienenverkehr und ÖPNV brach, Bernhard Schmidt von der MLPD, der die Einheit von Umwelt- und Arbeiterbewegung beschwor, Andreas Raschke von der SPD, der auf die 17 UN-Ziele einer nachhaltigen Entwicklung verwies, und die frühere ZUG-Stadträtin Christiane Kasprik, die die Demonstrierenden aufforderte, die Klimawende nicht den Regierenden zu überlassen. Alles ältere Semester mit Ausnahme von Kai Schmelzle – eine reine Jugendbewegung ist "Fridays für Future" in Albstadt nicht. Die Moderation lag in den Händen von Joachim Schmidt und Mona Andres.