Im FC 07 Albstadt – hier beim Spiel gegen den VfB Stuttgart 2009 – und in seiner Firma, einem der größten Handwerksbetriebe im Zollernalbkreis, war Rupert Linder einer, der wusste, wo’s lang gehen muss, damit der Laden läuft. Foto: Kara

Nachruf: Der Ebinger Unternehmer Rupert Linder ist nach kurzer, schwerer Krankheit 73-jährig gestorben

Albstadt-Ebingen - Wenn einer die Prädikate "Macher", "Schaffer", "Aktivposten" verdiente, war er es – Rupert Linder packte Projekte an, die die allermeisten anderen hoffnungslos überfordert hätten. Er wird fehlen: Der Ebinger Unternehmer ist nach kurzer, schwerer Krankheit gestorben.

Er gehörte einer aussterbenden Spezies an: Der "Gipser Linder" war ein Firmenpatriarch alter Schule, einer, dessen Wort und Handschlag nicht weniger verbindlich waren als eine Vertragsunterschrift und in dessen Wesen sich Härte widerspruchsfrei mit Humor, Herzlichkeit und Geselligkeit paarte. Wenn Not am Mann war, dann half er aus, ohne Umstände oder große Worte zu machen und ohne danach eine Rechnung zu stellen, wer ihm Aufträge erteilte, konnte sicher sein, dass die Qualität des Wandputzes, Estrichs oder Gerüsts keine Wünsche offen lassen würde, und die Mitarbeiter wussten sich ihm und seinem Haus auf eine nicht alltägliche Weise verbunden. Anders als viele andere hat Rupert Linder immer ausgebildet, er hat nicht selten sogenannte "schwierige Fälle" zur erfolgreichen Gesellenprüfung geführt, und er hat die meisten seiner Zöglinge danach übernommen.

18 Mitarbeiter hatte er, als er den väterlichen Betrieb 1983 übernahm; annähernd 80 sind es heute – dass der Stuckateurfachbetrieb Rupert Linder Albstadts größter Handwerksbetrieb und einer der größten im Zollernalbkreis ist, liegt sicher nicht zuletzt daran, dass die Mitarbeiter sich immer auf die Loyalität des Chefs verlassen konnten und umgekehrt. Das Wort Unternehmenskultur dürfte in Rupert Linders Wortschatz keine wichtige Rolle gespielt haben, aber wer wissen wollte, was das ist, konnte es in seinem Haus lernen.

Rupert Linder war aber nicht nur der "Gipser Linder"; er war auch Familienvater – aus der 1969 geschlossenen Ehe mit Maria Rimmele gingen die Söhne Michael und Joachim hervor – und Mann des Ehrenamts. 42 Jahre lang gehörte er dem Kreisvorstand der Bauinnung an, die Reservistenkameradschaft Albstadt und der Rossberg-Freizeitverein führten ihn auf der Liste ihrer Ehrenmitglieder, und in den Kirchengemeinderat von St. Hedwig in Ebingen war er erst im Frühjahr mit der zweithöchsten Stimmenzahl wiedergewählt worden.

Den FC 07 Albstadt hat er als Vorsitzender schuldenfrei hinterlassen

Indes wird man, wenn in Albstadt die Rede aufs ehrenamtliche Engagement Rupert Linders kommt, immer zuerst ein Wort hören: Fußball. In den Annalen des FV 07 Ebingen und des FC 07 Albstadt wird sich kaum jemand finden, dem der Verein soviel zu verdanken hat wie Rupert Linder. Wobei er nicht selbst kickte; das erlaubte Rupert Linder senior, der Vater und Chef, nicht – der Sohn wurde am Montag auf der Baustelle gebraucht, und zwar mit heilen Knochen.

Rupert Linder ist dieser Linie später nicht gefolgt; seine Söhne erwarben Meriten im Kader des FV 07 Ebingen – und der Vater vergleichbare Verdienste als Funktionär. 1983, im Jahr seines Eintritts, wurde er zum stellvertretenden Vorsitzenden des FV 07 gekürt, zwei Jahre später zum Vereinschef. Er blieb es bis 1992; 15 Jahre später kehrte er auf die Brücke des mittlerweile fusionierten Vereins zurück, und zwar in höchster Not: Sowohl in sportlicher als auch in finanzieller Hinsicht ging es dem FC 07 Albstadt damals schlecht. Linder machte Nägel mit Köpfen, gewann im Jubiläumsjahr 2007 den FC Bayern für ein Gastspiel im Albstadion, das 10 000 Besucher mitverfolgten – die 0:13-Schlappe war unter diesen Umständen leicht zu verschmerzen – und wiederholte diesen Coup 2009 mit dem VfB-Stuttgart. 2010 engagierte er eine weitere Spitzenmannschaft, allerdings aus einem anderen Genre, nämlich die Kastelruther Spatzen, mit denen ihn dank 30-jähriger Treue zum Urlaubsort Grödnertal freundschaftliche Beziehungen verbanden – 4000 Gäste passten ins Konzertzelt.

Stadt und Land haben seine Verdienste hoch gewürdigt

Als Rupert Linder 2011 die Vereinsführung niederlegte, war der FC 07 schuldenfrei und sportlich wie finanziell wieder auf dem Weg nach oben. Zum Dank hat ihn der Verein vor zwei Jahren – zusammen mit Jürgen Estler, der vom FC Tailfingen kam – zum Ehrenvorsitzenden ernannt.

Die letzten Lebensjahre brachten ein großes Firmenjubiläum – 2014 wurde der Stuckateurfachbetrieb Rupert Linder 75 Jahre alt – und etliche Ehrungen: 2014 nahm Rupert Linder die Bürgermedaille der Stadt Albstadt entgegen, 2015 aus den Händen von Minister Nils Schmid die Wirtschaftsmedaille des Landes Baden-Württemberg, die besonders seine Verdienste um die Ausbildung honorierte, und 2019 den Goldenen Meisterbrief. Womöglich wären weitere gefolgt, aber sie waren Rupert Linder nicht vergönnt. Er wurde nur 73 Jahre alt – am Samstag, 22. August, wird er um 12 Uhr auf dem Ebinger Friedhof beigesetzt. Bereits am Freitag gedenkt der FC 07 Albstadt seines wohl wichtigsten Funktionärs beim Heimspiel ab 19 Uhr im Albstadion. Die Mannschaft wird in Trauerflor spielen und Stadionsprecher Jürgen Estler in einer Gedenkminute an Rupert Linders Verdienste erinnern. Zunächst hatte der FC-Vorstand darüber nachgedacht, das Spiel zu vertagen – "aber das", so Jürgen Estler, "hätte Rupert Linder auf gar keinen Fall gewollt."