Eine Runde Streicheleinheiten: Vor allem die Mädchen haben ihre helle Freude daran. Foto: Weiger Foto: Schwarzwälder Bote

Rettungshunde: In der BRH-Staffel Zollernalb sind Hund und Hundeführer ein bestens eingespieltes Team

Brand, Erdbeben, Flut: Rettungshunde kommen zum Einsatz, wenn Menschen vermisst werden und Hilfe brauchen. Doch wie werden Mensch und Tier zu einem eingespielten Team? Der Schwarzwälder Bote hat einen Tag mit der BRH-Rettungshundestaffel aus Tailfingen verbracht.

Albstadt/Obernheim. Josie, die zutrauliche Schäferhündin, schnuppert neugierig an meiner Hand und lässt sich geduldig streicheln. Riecht sie unseren Familienkater Balakov? Oder die beiden Hasen Campino und Elvis? Viel Zeit bleibt nicht, um die Frage zu klären. "Komm Josie, wir haben zu tun", sagt Heike Mayer, Josies Hundeführerin. Und wie! Zum Glück ist es kein Ernstfall, der die Staffel Zollernalb des Bundesverbands Rettungshunde (BRH) auf dem Obernheimer Sportplatz zusammengeführt hat. Martina Ristau aus Onstmettingen, die Vorsitzende, und ihre Kollegen Heike Mayer, Heidi Pietsch, Lisa Neuburger, Benjamin Reusch, Claudia Würfel und Sandra Weinmann besuchen die Kinder der örtlichen Ferienspiele.

Die Staffel Zollernalb hat ihren Sitz in Tailfingen. Häufig wird sie nachts alarmiert, oft im Winter, bei dichtem Schneefall und Eisesglätte – da ist die sommerliche Wärme unbedingt vorzuziehen. Die Ehrenamtlichen haben für die Stippvisite extra Urlaub genommen, und die Kinder revanchieren sich durch Neugier und uneingeschränkte Aufmerksamkeit. Was besonders fasziniert: wie ruhig die Tiere bleiben. Josie und ihre vierbeinigen Kollegen Nora, Cody, Lütte, Kira, Gina, Dubai und Moses lassen sich von der lebhaften Kulisse auf dem Rasen nicht beeindrucken, und dabei sind fast 100 Kinder samt ihren Betreuern da – ganz schön was los hier. Mädchen kichern, ein Junge rennt hektisch aufs Klo, ein anderer mault, weil er auf einmal Durst hat. Nichts Besonderes bei 100 Kindern, aber sicher keine Kleinigkeit für Vierbeiner, mutmaße ich. Wieso bleiben die Tiere so gelassen? "Training", sagt Martina Ristau. "Wenn wir zum Einsatz gerufen werden, wissen wir auch nicht, was uns erwartet. Da ist es unbedingt nötig, dass die Tiere in Stresssituationen die Ruhe bewahren."

Bei allem, was die erfahrene Rettungshundeführerin erzählt, steht immer das "Wir" im Vordergrund: Mensch und Hund, daran lässt sie keinen Zweifel, sind ein Team. Die Kinder lauschen gebannt; man könnte eine Stecknadel fallen hören, und auch die, die anfangs Respekt vor den Tieren hatten, wagen sich jetzt nach vorne. Was erlebt man so Rettungshund und als Hundeführer? "Wir suchen beispielsweise Senioren oder Kinder, wenn sie sich verirrt haben. Oder werden nach einer Explosion, einem Brand oder einem Erdbeben gerufen." Die feinen Hundenasen sind richtige Hochleistungsorgane; Hunde, erklärt Heike Mayer, die Schriftführerin der Staffel, finden sich vor allem mit Hilfe ihres Geruchssinn in der Welt zurecht. Trotzdem bedarf es ständiger Übung, wenn Hund und Mensch gemeinsam Rettungsarbeit leisten sollen: Mindestens zweimal pro Woche ist Training. Die Teams aus Tailfingen sind dank diesem Training längst nicht nur in Albstadt im Einsatz, sondern in der gesamten Region und sogar im Ausland.

Doch was passiert konkret, wenn jemand vermisst wird? Die Mitglieder der Rettungshundestaffel haben ein spannendes Experiment vorbereitet, eine Art Versteckspiel. Zu sechst schleicht sich ein Grüppchen davon, mit mir im Schlepptau. Und mit einem Dummie, an dem Josie vor herausgiebig schnuppern durfte. Jetzt warten wir hinter einer dichten Hecke – aber nicht lange. Im Nu hat die pfiffige Schäferhündin uns gefunden und schlägt an. Im Ernstfall hätte ihr Bellen vielleicht unser Leben gerettet; als Lohn bekommt sie ein Leckerli.

Ehe ein Vierbeiner ein so erfahrener Rettungshund wie Josie ist, müssen Mensch und Tier einander gut kennen gelernt haben. Was wissen die Kinder von Hunden? Dass die durchaus Gemüse und Obst wie Gurke, Apfel oder Banane futtern können, war ihnen neu; sie sind verblüfft. Gift für Hunde sind dagegen Kakao oder Zigaretten. Ganz wichtig: "Bevor Ihr einen fremden Hund streichelt, fragt immer erst den Besitzer um Erlaubnis", schärft Martina Ristau ihren Zuhörern ein, "manche Hunde mögen das einfach nicht." Ein Junge nickt verständnisvoll: "Ich mag auch nicht immer gekämmt werden."

Martina Ristau freut sich sehr über das Interesse der Kinder, denn der Rettungshundestaffel geht es wie vielen anderen Institutionen und Vereinen: Es wird immer schwieriger, neue Mitglieder zu finden. Aber wer einmal angekommen ist, der bleibt auch. Heike Mayer aus Meßstetten, das Frauchen von Josie, ist seit vielen Jahren dabei. Sie könnte sich ein Leben ohne ihre Schäferhündinnen nicht vorstellen. "Meine Hunde sind wie Familienmitglieder." Damit ist alles gesagt.

Der Bundesverband Rettungshunde (BRH) ist laut eigenen Angaben der älteste deutsche und größte internationale Verband, der Rettungshunde führt. Sein Arbeitsschwerpunkt ist die Ausbildung in der Flächen- und Trümmersuche sowie im sogenannten "Mantrailing". Bei der Flächensuche spüren Hundeführer und Hund in unwegsamem Gelände oder großen Waldflächen vermisste Personen auf; die Hunde sind darin ausgebildet, ein Areal auf menschliche Witterung zu durchstöbern. Bei der Trümmersuche wird nach verschütteten Menschen gefahndet, etwa nach Erdbeben, Explosionen oder Zugunglücken.

"Mantrailing" heißt auf Deutsch "Menschen aufspüren": Dem Hund wird eine Probe vom Individualgeruch des Gesuchten präsentiert, und dann muss er ihn finden.