...das ungefähr so aussehen wird: Links sieht man ein Verkaufsregal aus den 1960er-Jahren, die rote Wand ist ein aufgeschnittener Überseecontainer – und hinten stehen die Rundstrickmaschinen. Grafik: Design und mehr Foto: Schwarzwälder Bote

Maschenmuseum: Das Foyer wird für 470 000 Euro umgestaltet / Wiedereröffnung im April

Das Foyer des Tailfinger Maschenmuseums, zugleich Schaufenster und gute Stube des Hauses, erhält ein neues Gesicht. In dieser Woche haben die Um- und Ausbauarbeiten begonnen; die Wiedereröffnung ist für April geplant.

Albstadt-Tailfingen. Es lebe der Anglizismus – die Stadt hat für die rund 470 000 Euro teure Neugestaltung des Museumsfoyers die Sprachregelung "Refresh" gewählt, was auf Deutsch etwa so viel wie "Auffrischung" oder "Aktualisierung" heißt. Das Maschenmuseum ist in seiner jetzigen Gestalt ein Werk der 1990er- Jahre, die Dokumentation von Produktion und Produkten der Albstädter Textilindustrie endete mit den 1980er-Jahren, und die Mode in den vier Umkleidekabinen stammte aus den 1920er- bis 1970er-Jahren. Keine technischen Textilien, keine digitalisierte Fertigung – und auch keine digitalen Medien, wie sie mittlerweile vielerorts musealer Standard sind. Eine "Auffrischung" erscheint in der Tat dringend geboten.

Und so sieht das Programm aus: Wer künftig das Foyer des Maschenmuseums betritt, der erblickt rechts an der Wand eine sogenannte "Digi-Wall" – noch ein Anglizismus – , bestehend aus drei großen Monitoren: Hier erhält der Besucher erste Informationen über das Haus, über seine Geschichte und seine Ausstellungen sowie zum Thema Tailfinger Industriearchitektur. Danach wendet er sich nach links und erkennt die alte Eingangstheke wieder – allerdings nur mit Mühe, denn sie ist nicht mehr dezent grau, sondern rostrot. Lange verweilt sein Blick nicht auf diesem Rostrot, denn rechts davon, im Hintergrund, lockt das vielleicht spektakulärste Exponat im neuen Foyer: Im zwischen Vorder- und Hinterhaus gelegenen neuen, eingeschossigen Anbau des Maschenmuseums erkennt man, durch einen leeren Fensterstock hindurch, das "Tex-Car" von Groz-Beckert, ein aufgeschnittenes Automobil, das seine textilen Innereien zeigt: Reifen, Sitze, Fahrzeughimmel – alles technisch textil.

Die Geschichte der Textilindustrie hat, wie bisher, links von der Längsachse des Foyers ihren Platz. Die Umkleidekabinen sind, zum Leidwesen mancher Freunde des Maschenmuseums, Vergangenheit; statt ihrer präsentieren jetzt aus Wand-, Würfel- und Tischvitrinen sowie Bildschirmen bestehende Ausstellungsstationen die textilen Errungenschaften der wechselnden Epochen: Badeanzüge und Leporellos der 1920er-Jahre, Skihosen der 40er, die Kostüme aus Trikotjersey der 60er. Tenniskleidung und die Gonso-Fahrradhosen mit Rehledereinsatz repräsentieren die 70er-Jahre, der Aerobicdress von Medico die 80er und Fahrradtrikots die 90er. Danach beginnt die große Beliebigkeit. Im neuen Jahrtausend gilt laut Museumschefin Susanne Goebel der Grundsatz "Anything goes – alles geht"; am charakteristischsten ist am Ende die Werbung: hier die geistreichen Kalenderblätter von Mey, dort Comazo mit den Models aus dem eigenen Haus. Das soeben zu Ende gegangene Jahrzehnt schließlich steht an der Rückwand und gibt Anlass zu kulturkritischen Betrachtungen: Aus einem aufgeschnittenen Überseecontainer quellen Fünf-Euro-T-Shirts und strafen die Lippenbekenntnisse zu Nachhaltigkeit und Fair Trade Lügen. "Wobei wir nicht mit dem Zeigefinger wackeln wollen", beteuert Susanne Goebel.

Aber natürlich hat die Gegenwart mehr zu bieten als Billig-Shirts. Und was? Hinten rechts wird Albstadts Textilfirmen künftig Vitrinenplatz zur Verfügung stehen, um neueste Entwicklungen und Technologie vorzustellen. Eine Maschine? Geht nicht, sagt Susanne Goebel: "Die sind zu groß geworden – und schon morgen nicht mehr aktuell." Da hält sie es lieber mit der wirklich musealen Technik, den Rundstrickmaschinen hinten links und der Dampfmaschine im Schaufenster, die ohnehin alternativlos ist – welches Exponat könnte schöner sein? In der neuen Ausstellung wird also doch etwas an die alte erinnern.

Eine Kabine zieht zu Rudi Loder um

Übrigens: Eine der alten Umkleiden wird überleben und ein neues Domizil in der Firma Gota finden. Sollte Susanne Goebel – die sich sehr über gewachsene Möglichkeiten freut, Schätze aus ihrem Fundus zu zeigen – je die Wehmut beschleichen, dann kann sie einfach in die Pfeffinger Straße gehen und auf eine Tasse Kaffee bei Gota-Chef Rudi Loder vorbeischauen.