Die "Sea-Watch 4" birgt eine moderne Krankenstation, auf der Gerettete versorgt werden. Foto: Philipp Guggenmoos, United4Rescue

Evangelische Kirchengemeinde im Talgang tritt dem Bündnis "United4Rescue" bei.

Albstadt-Tailfingen - Tailfingens evangelischer Kirchengemeinderat hat in seiner jüngsten Sitzung beschlossen, einen Beitrag zur Seenotrettung im Mittelmeer zu leisten und Bündnispartner von "United4Rescue" zu werden.

Das Bündnis "United4Rescue" und sein Trägerverein "Gemeinsam retten" wurden im Dezember 2019 auf Initiative der Evangelischen Kirche Deutschland gegründet, und zwar mit dem Ziel, ein weiteres Schiff für die Seenotrettung im Mittelmeer einzusetzen. Mittlerweile gehören dem Bündnis mehr als 300 Institutionen, Vereine, Firmen und Initiativen aus ganz unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen an; es geht längst weit über kirchliche Grenzen hinaus.

Bündnis stellt vier Forderungen

Das Bündnis "United4Rescue" stellt für vier Forderungen an die deutsche und europäische Politik: Sie soll erstens Seenotrettung ermöglichen, zweitens die "Kriminalisierung der Seenotrettung" beenden, drittens faire Asylverfahren gewährleisten und viertens dafür sorgen, dass den Seenotrettern "sichere Häfen" offen stehen – wobei, wie Johannes Hartmann, der Pfarrer der Pauluskirche, betont, mit sicheren Häfen nicht nur italienische oder spanische Küstenstädte wie Trapani, Brindisi oder Almeria gemeint sind, sondern auch deutsche Gemeinden: Bisher haben sich 161 bereit erklärt, aus Seenot gerettete Flüchtlinge aufzunehmen, darunter Tübingen, Tuttlingen, Rottenburg und Villingen-Schwenningen.

Kooperationspartner des Projekts "#wirschickeneinSchiff" ist die Seenotrettungsorganisation "Sea-Watch", die selbst dem Bündnis angehört, seit 2015 in der Seenotrettung aktiv ist und Tausenden von Menschen das Leben gerettet hat. Ihr steht neben der "Sea-Watch 3" künftig noch ein weiteres Schiff zur Verfügung, die "Sea-Watch 4" mit dem Namenszusatz "powered by United4Rescue". Sie war bis Ende 2019 als Forschungsschiff "F.S. Poseidon" für das Kieler "Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung" im Einsatz und Eigentum des Landes Schleswig-Holstein. Sie ist 44 Jahre alt, über 60 Meter lang, elf Meter breit und mittlerweile mit einer modernen Krankenstation ausgestattet. Außerdem besitzt sie zwei schnelle Beiboote für die Bergung von Menschen aus sinkenden Booten.

Die Initiative zur Gründung des Bündnisses "United4Rescue" geht auf den evangelischen Kirchentag 2019 in Dortmund zurück. In der Folge war eine hitzige Diskussion entbrannt, ob aus deutschen (Kirchen)steuern ein Projekt finanziert werden dürfe, das mittelbar den Schleusern in die Hände spiele. Der Einwand ist auch in Tailfingen erwogen worden; allerdings hat sich dort die Position durchgesetzt, dass es hier primär darum gehe, zu verhindern, dass Menschen elend im Mittelmeer ertrinken müssten. Dass die Seenotrettung keine Lösung des Grundproblems darstelle, sondern lediglich an einem Symptom herumkuriere, bestreitet Pfarrer Hartmann nicht – er könne allerdings nicht erkennen, dass dies ein triftiges Argument gegen die Sache selbst sei.

Keine Verpflichtungen finanzieller Natur

Am Ende hat sich der gesamte Kirchengemeinderat diese Sicht der Dinge zu eigen gemacht – der Beschluss, dem Bündnis beizutreten, fiel einstimmig aus. Indes übernimmt die evangelische Kirchengemeinde Tailfingen als Bündnispartner keine direkten finanziellen Verpflichtungen für die "Sea-Watch 4" und finanziert sie auch nicht aus eigenen Mitteln. Vielmehr will sie unter ihren Gemeindegliedern und in Tailfingen Spenden sammeln und um Unterstützung für die Aktion werben. Das Thema soll auch in den kommenden Gottesdiensten angesprochen werden.

Weitere Informationen: www.united4rescue.com