Foto: Schwarzwälder Bote

Kennen Sie den? Zwei Häftlinge brechen aus einem Gefängnis aus, das

Kennen Sie den? Zwei Häftlinge brechen aus einem Gefängnis aus, das von 100 Mauern umgeben ist. Nach 99 Mauern sagt der eine zum anderen: "Ich kann nicht mehr! Lass uns umkehren!"

So ähnlich würde es Albstadt ergehen, würde der Gemeinderat es ablehnen, im Fall eines Zuschlags durch den Radsport-Weltverband UCI die Mountainbike-Weltcups im Cross Country 2021 und 2022 im "Bullentäle" auszutragen. Dass das Gremium in seiner jüngsten Sitzung klare Signale für eine Fortschreibung der Erfolgsgeschichte seit 2013 gesendet hat, war ein gutes Zeichen, auch wenn die Entscheidung erst im Juni fallen soll: wenn die Stadt klarer sieht, wie sie die Corona-Krise finanziell verkraften wird.

Zu erwarten war das nach dem anders lautenden Plädoyer aus den Fraktionen, das noch vor der Absage der WM kam, nicht unbedingt. Umso wichtiger ist es jetzt für alle Beteiligten zu wissen, dass ihr Einsatz nicht umsonst war. Eine Internet-Petition pro Weltcup haben inzwischen mehr als anderthalbtausend Fans unterschrieben. Die Radsportgemeinschaft Zollern-Alb ’82 hat in einem eindringlichen Brief deutlich gemacht, wie wichtig die weltweit bedeutsamen Großereignisse in dieser Sportart für all jene Vereine sind, die Nachwuchs für den Radsport gewinnen wollen. Zumal der Bereich Mountainbike-Sport für den Tourismus in der größten Stadt des Zollernalbkreises und damit in der ganzen Region an Bedeutung gewinnt. Wie stünde Albstadt als – laut Oberbürgermeister – "führende Mountainbike-Destination der Republik" ohne Aushängeschilder wie den Weltcup da? Unglaubwürdig. Und dass andere schon bereitstehen, die Lücke, die in Albstadt gerissen würde, auszufüllen – das ist mal sicher.

Dass es in anderen Sportvereinen "schon bisher erheblich rumorte, was die als weithin unsymmetrisch empfundene massive finanzielle Förderung des Radsports angeht", hat ein Leser unserer Zeitung in dieser Woche zu bedenken gegeben. Und damit nicht unrecht: Die größten Sportvereine der Stadt sind und bleiben wohl noch lange jene, die sich dem Turnen, der Sportgymnastik, der Leichtathletik, dem Freizeitsport und dem Skifahren widmen. Auch die Sportler des Turnerbundes Tailfingen, des Turnvereins Truchtelfingen, des TSV Ebingen und vieler anderer erzielen große Erfolge und tragen den Namen Albstadt mit positiven Vorzeichen in die Republik hinaus. Auch sie kümmern sich um Jugendförderung und Gesundheit der Albstädter. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Touristen nicht nach Albstadt kommen, um hier Badminton zu spielen oder Salti auf dem Schwebebalken zu trainieren. Wer kommt, um in Albstadt einen sportlichen Urlaub zu machen, fährt Rad, geht wandern oder Skifahren. Und nicht wenige kommen, um einen Weltcup mitzuerleben oder selbst mal durchs Bullentäle zu sausen. Die Infrastruktur, die für Weltcups geschaffen wurde, hat also direkte Auswirkungen auf den Tourismus und damit auf Lokale und Übernachtungsbetriebe.

Das Mehr, das die Wirte an Gewerbesteuern überweisen, taucht in den Abrechnungen für die Weltcup-Veranstaltungen übrigens gar nicht auf. Der bisherige "Abmangel" von rund 100 000 Euro pro Weltcup ist somit vielleicht schon keiner mehr und die Rennen bringen unterm Strich sogar Gewinn. Mittelfristig ohnehin.