Sanka, Polizei und eine Menschenmenge vor dem Albstädter Amtsgericht – dort ging es zur Sache. Foto: Kistner

53-Jähriger wird nach einschlägigem Auftritt im Rathaus Albstadt auch im Prozess ausfällig.

Albstadt-Ebingen - Handgemenge im Gerichtssaal: Ein 53-jähriger Mann, der sich wegen Beleidigung, körperlicher Misshandlung und Beamtenbeleidigung vor dem Amtsgericht Albstadt verantworten musste, ist am Mittwoch in der Verhandlung ausfällig geworden. Er landete im Krankenhaus.

Bereits im vergangenen Jahr, am 26. August, war der damals 52-Jährige mit der Staatsgewalt aneinandergeraten, als er im Rathaus in Ebingen vorsprach und nicht das bekam, was er wollte. Der Angeklagte zählt zu den sogenannten "Reichsbürgern", die den rechtlichen Fortbestand des Deutschen Reichs vertreten und die Staatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland leugnen; er hatte einen Vertragsentwurf ins Rathaus mitgebracht, den Oberbürgermeister Klaus Konzelmann unterschreiben und sich dadurch verpflichten sollte, für jede Amtshandlung gegen den "Vertragspartner" künftig Schadenersatz in Millionenhöhe zu bezahlen.

Als die städtischen Mitarbeiter im Vorzimmer des OB sich weigerten, dem Mann die Annahme des Dokuments zu quittieren und es an Konzelmann weiterzureichen, wurde er aggressiv und ausfällig und weigerte sich, das Rathaus zu verlassen. Laut der in der gestrigen Verhandlung verlesenen Anklageschrift soll er den persönlichen Referenten des OB und die beiden Polizeibeamten, die hinzugerufen worden waren, als "Nazis", "Berufskacker" und "Angestellte eines privaten Sicherheitsdienstes" verunglimpft haben; sein Sohn, der ihn begleitete, filmte diese Szenen mit dem Smartphone. Als ein Polizist versuchte, dies zu unterbinden, ging der 53-Jährige auf ihn los und traktierte den Mann mit Fäusten. Erst nachdem eine zweite Polizeistreife auf der Bildfläche erschienen war, nahm die Auseinandersetzung ein Ende, und Vater und Sohn verließen das Rathaus.

Am Mittwoch standen sie wegen dieser elf Monate zurückliegenden Aktion vor Gericht – und wieder kam es zur Auseinandersetzung: Der Vater, der mit Verspätung vor Ort erschienen war, weigerte sich, auf der Anklagebank Platz zu nehmen, und machte Anstalten, den Gerichtssaal alsbald wieder zu verlassen. Darauf wurde ihm angedroht, ihn notfalls zur Erfüllung seiner "Anwesenheitspflicht" zu nötigen. Der Mann – dem auf den Publikumsplätzen ein gutes Dutzend Gesinnungsgenossen moralisch und auch verbal den Rücken stärkten – wurde daraufhin erneut laut, ausfällig und beleidigend, sprach dem Gericht die Legitimation ab, über ihn zu urteilen, da es ja kein Organ eines von Rechts wegen anzuerkennenden Staates sei, und setzte sich handgreiflich zur Wehr, als die Justizangestellten versuchten, ihn auf die Anklagebank zu befördern.

Gegen 15 Beamte auf verlorenem Posten

Allerdings stand er diesmal auf verlorenem Posten: Das Gericht hatte vorsorglich zehn Beamte der Göppinger Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit sowie fünf der Tübinger Sicherheitsgruppe Gerichte und Staatsanwaltschaften angefordert. Irgendwann fand sich der Angeklagte in der Horizontalen wieder und lag zeitweilig reglos da. Er war aber offenbar bei Bewusstsein, denn die Anklageschrift, die auf Geheiß des Richters verlesen wurde, kommentierte er abfällig, wie das Gericht konstatierte. Der Notarzt erklärte ihn schließlich für verhandlungsunfähig; auf einer Trage und mit Infusionsnadel im Arm wurde er aus dem Gerichtssaal und -gebäude gebracht und ins Krankenhaus gefahren.

Staatsanwaltschaft und Richter waren anschließend der Auffassung, beide Angeklagten hätten die Anklageschrift vernommen und ihr folgen können; sie wollten deshalb weiterverhandeln. Dagegen legte jedoch der Verteidiger Beschwerde ein, und da diese Beschwerde aufschiebende Wirkung hat, war die Verhandlung beendet. Sollte das Landgericht Hechingen die Beschwerde bis Anfang kommender Woche abweisen, würde der Prozess am Mittwoch, 27. Juli, fortgesetzt.