Staubige Angelegenheit – ohne soliden Atemschutz kommt der Mann mit der Mörtelspritze nicht aus.Fotos: Kistner Foto: Schwarzwälder Bote

Progymnasium Tailfingen: Die Betonsanierung des Schulgebäudes ist derzeit in vollem Gange

Im einstigen "Gollé-Haug"-Gebäude in der Lammerbergstraße erhalten seit Tagen wieder einige Tailfinger Progymnasiasten Präsenzunterricht. Unterdessen sind in ihrem angestammten Schulhaus die Handwerker zu Gange – auch maskiert, aber nicht etwa wegen Corona.

Albstadt-Tailfingen. Noch kein Sanierungsprojekt in der Geschichte der Stadt Albstadt war so aufwendig und kostspielig wie dieses – die Lammerberg-Realschule wird in drei Jahren ganz verschwinden, das Progymnasium speckt derzeit buchstäblich bis auf die Knochen ab: Verkleidungen, Linoleumböden, Heizkörper, Strom- und Wasserleitungen – alles weg. Problemstoffe, die in den 70er-Jahren, der Entstehungszeit des PGT, noch in aller Unschuld verbaut worden waren, etwa Glaswolle aus künstlicher Mineralfaser oder der Kleber mit Asbestanteilen, wurden in den vergangenen Wochen und Monaten entfernt, sofern nötig im Astronautenlook und im künstlich erzeugten Unterdruck. Geblieben ist nur das Skelett: Betondecken und -wände, dazu etwas Mauerwerk und einige Fenster, die vorerst noch als Wetterschutz dienen. Aber das ist es dann auch schon.

Warum nicht gleich eine neue Schule? Olaf Holz vom städtischen Amt für Planung und Service nennt die Gründe: Im Gegensatz zur Realschule ist das PGT nicht in den 50er-Jahren entstanden, als schnell und billig gebaut werden musste und die Baustandards entsprechend lax waren, sondern in den 70ern, als man sich schon wieder mehr Qualität erlauben konnte. Der Realschule hat der Baustatiker noch drei Jahre Galgenfrist zugestanden, doch das PGT lässt er weiterleben, weil die Bausubstanz deutlich besser ist und noch lange leben kann, wenn sie entsprechend ertüchtigt wird. Wollte die Stadt auch dieses Schulgebäude abreißen und an anderer Stelle ein neues errichten, dann müsste sie erstens das Grundstück, zweitens die Erschließung und drittens den Abbruch des alten Hauses finanzieren – und außerdem wäre noch ein Rohbau zu erstellen, der erfahrungsgemäß mit bis zu einem Viertel der Gesamtkosten zu Buche schlagen könnte. Alles Rechnungsposten, die bei einer Sanierung entfallen – genau wie die kaum zu lösende Aufgabe, eine terrassierte Betonhöhlung zu renaturieren, die so ähnlich aussähe wie das leere Fach eines riesigen gezogenen Backenzahns.

Pfusch am Bau gab es auch vor 40 Jahren

Und so steht das PGT weiterhin – beziehungsweise sein Rohbau. Wie Olaf Holz versichert, erreicht der Beton dort, wo sorgfältig gearbeitet wurde, beinahe den Standard heutiger Neubauten. Entscheidend ist vor allem der Zustand der Decken: Wenn die Betonabdeckung unter den Stahlstäben der Armierung zweieinhalb Zentimeter dick ist, dann kann man es mit dem Abstrahlen bewenden lassen, denn dann ist gewährleistet, dass der Stahl Halt hat, dass er vor Feuchtigkeit geschützt ist und dass er im Brandfall nicht sofort schmilzt.

Allerdings gibt es Decken, vor allem ganz oben am Hang im nördlich gelegenen Trakt, die diese Bedingungen mitnichten erfüllen. Dort lag der Stahl stellenweise nur unter einer millimeterdünnen Alibischicht – vermutlich saßen seinerzeit die Abstandhalter falsch. Darüber hinaus indiziert der Umstand, dass etliche dicke Kiesel im gegossenen Beton ganz unten landeten und nicht etwa dessen feinere Bestandteile, dass nur sparsamer oder gar kein Gebrauch vom Flächenrüttler gemacht wurde. Mit einem Wort: Hier ist gepfuscht worden. "Vielleicht war’s kurz vor Feierabend", kommentiert Olaf Holz. An Stellen wie diesen muss jetzt ein Spezialmörtel mit Kunststoffanteilen aufgespritzt werden – man erkennt am fingerdicken Staub auf dem Fußboden, wo besonders intensive Behandlungen erforderlich waren – gut ein Drittel des Materials bleibt nicht an der Decke haften. Die Luft ist mit Feinstaub gesättigt; der Mann, der die Spritze bedient, trägt eine Maske des Typs FFP2 oder FFP3, und zwar nicht aus Angst vor Ansteckung. Immerhin, auch im ungünstigeren Fall liegt der Materialschwund des Stahls nicht über einem Millimeter; das unterscheidet das PGT von so manchem Parkhaus – dort rostet das Metall mitunter komplett weg.

Betonsanierung soll Ende Juni abgeschlossen sein

Alles in allem, versichert Holz, stimme der veranschlagte Massenansatz, und in der Zeit liegt man auch: Wenn alles nach Plan läuft, dann wird die Betonsanierung Ende Juni abgeschlossen sein, und dann kann auch schon der Bau einer Serviceeinrichtung beginnen, die so mancher bisher schmerzlich vermisst haben dürfte: Realschule und PGT sind an den Hang gebaut; alle Halbgeschosse eingerechnet, bringen sie es auf ein Dutzend verschiedener Ebenen – und bisher gab es keinen einzigen Fahrstuhl! Das neue alte PGT bekommt zwei, die Realschule und der Mensatrakt je einen weiteren.

In anderer Hinsicht ist das PGT dagegen auf der Höhe der Zeit: Die Hanglage ließ damals eine Null-Acht-Fünfzehn-Raumteilung des Musters "Ein Gang, viele Klassenzimmer" nicht zu; es entstanden Freiflächen, die bisher lediglich als luxuriös dimen-sionierte Fluchtwege dienten, künftig aber als Lernzonen und "Differenzierungsräume" genutzt werden können. So kann auch eine heikle Topographie zu etwas gut sein.