Viktoria Maksimenka bringt ihre Erfahrungen aus der georgischen Heimat ein – und lernt selbst viel dazu. Foto: Doldinger Foto: Schwarzwälder-Bote

Viktoria Maksimenka aus Georgien ist derzeit Gastlehrerin am Gymnasium Ebingen

Albstadt-Ebingen. Eine gebürtige Weißrussin, die für gewöhnlich an der Deutschen Schule in Georgiens Hauptstadt Tiflis unterrichtet, ist vier Wochen lang zu Gast am Gymnasium Ebingen.

Viktoria Maksimenka wird oft gefragt, wie es kommt, dass sie so hervorragend Deutsch spricht. Sie hat es in Deutschland gelernt – die allerersten Worte mit zehn Jahren, als nach dem Super-GAU von Tschernobyl deutsche Hilfe für strahlenkranke weißrussische Kinder ihr einen ersten sechswöchigen Deutschland-Aufenthalt ermöglichte.

Dank privater Hilfe und Kontakten konnte sie nach ihrer Schulzeit sechs Jahre in Deutschland studieren und Examen machen. Nebenher musste sie jobben – für Weißrussen ist Deutschland ein teures Pflaster – und natürlich konsequent lernen.

Das Lernen hat sich ausgezahlt. Viktoria Maksimenka unterrichtet heute an der Deutschen Schule in Georgien, der Heimat ihres Mannes. Ihre Schüler sind zum einen Teil deutscher Diplomatennachwuchs, zum anderen Sprösslinge des aufstrebenden georgischen Bürgertums.

Ihre Schule ist neuerdings berechtigt, Schüler von der Klasse eins durchgehend bis zur Kursstufe zwei zu unterrichten – auf Grundlage deutscher, genauer: Thüringer Bildungspläne. "Differenziertes Unterrichten" ist auch in Tiflis angesagt – "schließlich bringen die Kinder auch dort unterschiedliche Voraussetzungen mit".

Anderes, was Maksimenka am Gymnasium Ebingen erlebt, ist dagegen neu und durchaus anregend für sie. Der Einsatz neuer Medien in den Naturwissenschaften zum Beispiel, der in Georgien noch nicht so selbstverständlich ist wie hier, oder das Festhalten von Mathe-Regeln in einem eigenen Regelheft.

Indes gibt es auch Dinge in Tiflis – oder Tblissi, wie es auf Georgisch heißt –, um die man Viktoria Maksimenka und ihre Schüler beneiden könnte. Zum Beispiel sind die Klassen viel kleiner, sie haben höchstens neun Schüler. Es gibt Kernzeitbetreuung von 8.30 bis 18.30 Uhr; der Unterricht dauert von 9 bis 15 Uhr.

Deutsche Feste werden auch dann gefeiert, wenn es kein georgisches Äquivalent gibt – an den Martinsumzügen, die die Ostkirche nicht kennt, nimmt die ganze Schule teil, und Maksimenka bastelt Laternen mit ihren Schülern. Weihnachten wird allerdings nach dem julianischen Kalender gefeiert, also erst am 6. Januar. Dank der Zeitverschiebung erhält Maksimenka Gelegenheit, am 29. November den Adventsbasar am Gymnasium miterleben – sie ist sehr gespannt darauf.

Derzeit hospitiert Maksimenka in diversen Klassen. Sie ergreift auch selbst das Wort und hält im Geographie-Unterricht Powerpoint-Vorträge über ihre Heimat Weißrussland und ihre Wahlheimat Georgien – übrigens nicht nur am Gymnasium, sondern auch in der Hohenberg-Schule, wo sie unter anderem die Leseförderung inspirierend findet: Neben einem Besuch der Stadtbücherei Albstadt und der Vorbereitung eines Lesewettbewerbs hat sie gestern eine Lesung des Schauspielers Stefan Hallmayer vom Theater Lindenhof miterlebt, der am elften bundesweiten Vorlesetag mit dem Kollegen Bernhard Hurm nach Albstadt kam. Sie gab Hallmayer den Vorzug vor Hurm, der am Gymnasium Ebingen las, fürchtete sie doch, Hurms Schwäbisch könnte sie überfordern.

Und was sagen die deutschen Schüler zur weißrussischen Lehrerin aus Georgien? Am meisten beeindruckt sie, dass Viktoria Maksimenka mit ihrem georgischen Mann, ihrem anderthalb und drei Jahre alten Söhnen und ihrer Schwiegermutter in einer 60 Quadratmeter großem Eineinhalb-Zimmer-Wohnung lebt. Das überfordert ihr Vorstellungsvermögen – georgische Lehrer sind ganz bestimmt nicht auf Rosen gebettet.