Karl Hurm hat viele Fans, nicht nur auf der Schwäbischen Alb. Seine "phantastischen Alb-Sichten" sind derzeit im Kunstmuseum der Stadt Albstadt zu sehen. Fotos: Niels Carstensen Foto: Schwarzwälder Bote

Kunstmuseum: Der Künstler aus Weildorf steht für eine ganz eigene Sicht auf die Landschaft

So wie Karl Hurm hat noch kein Künstler die Schwäbische Alb gesehen. Zur Ausstellung seiner Werke im Kunstmuseum ist nun ein lesenswerter Katalog erschienen, der nicht nur Hurm-Fans viel zu bieten hat.

Albstadt-Ebingen. Die Bilder Karl Hurms sind märchenhaft, humorvoll und ein wenig skurril. Der Autodiktat aus Weildorf bei Haigerloch hat es mit seiner "Naiven Kunst" zu großer Prominenz gebracht. 27 seiner Gemälde und 15 Zeichnungen gehören seit Ende vergangenen Jahres dem Kunstmuseum Albstadt und sind derzeit im dritten Obergeschoss des Hauses versammelt.

Einige Male ist Veronika Mertens, die Leiterin des Kunstmuseums Albstadt, zur Bilderauswahl nach Weildorf gefahren, ehe der Schenkungsvertrag Ende vergangenen Jahres unterzeichnet werden konnte: "Wichtig war für mich, dass die Exponate zum Sammlungsschwerpunkt des Kunstmuseums passen: dem ›Landschaftsbild der Schwäbischen Alb‹."

Ihre beharrliche Vorarbeit hat sich ausgezahlt: Motiv für Motiv lenkt den Blick in die schwäbische Heimat Karl Hurms, in die Gegend ums Felsenstädtchen Haigerloch, zu der weidendes Vieh und ausgedehnte Felder genauso gehören wie kleine Albdörfer und imposante Steinbrüche, und schließlich am burgbekrönten Zollerberg vorbei in die Hügel und Bergketten hinein, die er vom Malerstübchen seines Weildorfer Domizils aus im Blickfeld hat. Eine Romanze mit der in satte Farben getauchten Alb-Landschaft der Albstädter Bilderschau lohnt sich allemal. Manche verlieben sich auf den ersten Blick in die visuelle Vitalität von Hurms Werken, in denen die Zentralperspektive keinerlei Rolle spielt. Der 87-jährige Maler rollt seine akkurat strukturierten Landschaftselemente unter-, über- oder nebeneinander aus. Wie mal grob, mal feiner gewebte oder geknüpfte Teppiche fluten Berge, Hügel, Wiesen und Wassertümpel die Bildfläche.

Und mitten hinein in dieses haptische Gefüge setzt er seine Figuren, fein, gleichwohl handsicher aufgezeichnete Männer und Frauen mit runden Formen, oft mit einem Augenzwinkern aufs Papier gebracht: Spaziergänger, arbeitende Land- und Forstwirte, Schäfer und Reiter.

Dem guten Beobachter entgeht kein Detail

Hurm ist ein guter Beobachter, dem kein Detail entgeht und der die kleine Welt um sich herum mit offenen Augen erfasst. Seine Eindrücke bewahrt er auf, um sie später im Atelier – gefiltert durch seine ganz persönliche, ins Traumhafte tendierende Fantasie – in die Bildkompositionen zu packen. Aus dem von Pferden gezogenen Karren, den er vielleicht einmal gesehen hat, wird ein Boot. "Er erfindet die Realität sozusagen neu", beschreibt Veronika Mertens die Arbeitsweise des Künstlers treffend.

Die Geschichten jedenfalls gehen dem malenden Erzähler niemals aus. Für den Betrachter stecken seine Bilder voller Entdeckungsmöglichkeiten – trauliche Landidyllen allerdings darf er dabei nicht immer erwarten. Im Gegenteil: Im Albstädter Bilderzyklus findet sich eine Szene, in der sich ein Schwarm Krähen auf seine Beute stürzt. In einer anderen sitzt eine verzweifelte Frau zusammengesunken auf einem Baumstumpf. Aus Hurms Kunst spricht auch etwas Existenzielles, denn immer schon lagen Leben und Tod nah beieinander hier auf den oft kargen Äckern der Schwäbischen Alb.

In unmittelbarer Nähe zum ersten Bild der chronologisch gehängten Gemäldereihe im Kunstmuseum zeigen zwei großformatige Fotografien Karls Hurms Arbeitsplatz und ihn selbst inmitten seiner Bilder. Versponnen wirken die Szenerien, irgendwie aus der Zeit gefallen, und man mag kaum glauben, dass dieser auf dem Foto-Porträt bescheiden lächelnde Künstler seine Arbeiten längst auf der ganzen Welt ausstellt.  Noch bis zum 9. September diesen Jahres sind die Bilder Karl Hurms zum "Landschaftsbild der Schwäbischen Alb" im Obergeschoss des Albstädter Kunstmuseums zu sehen.

Zur Ausstellung ist jetzt der 64 Seiten umfassende Katalog "Karl Hurms phantastische Alb-Sichten" erschienen. Er zeigt alle 42 in Albstadt ausgestellten Werke. Der einführende Text von Veronika Mertens bündelt nicht nur viele Informationen zu den Bildern und Zeichnungen und zur Person des Künstlers, sondern bietet, darin eingebunden, auch eine Zusammenfassung ihrer Recherche zur rund 100-jährigen Geschichte der "Naiven Kunst" von den Anfängen mit Wilhelm Uhdes 1928 in Paris gezeigter Bilderschau "Les Peintres du Coeur sacré" – die Maler des heiligen Herzens – bis in die Gegenwart. Erst vor diesem Hintergrund wird der Aufstieg des Weildorfers Karl Hurm aus der heimatlichen Kunstszene in die erste Riege der Naiven Malerei nachvollziehbar. Der Katalog kostet 20 Euro und kann im Kunstmuseum erworben oder bestellt werden.