Lebhafte Diskussion: Jan Kobernuß, Geschäftsführer Kölner Agentur "ift Freizeit- und Tourismusberatung". Fotos: Kistner Foto: Schwarzwälder Bote

Tourismus: Albstadt "Masterplan 2030" ist in Arbeit / Unternehmer beanstanden Bettenmangel

Albstadts "Masterplan Tourismus 2020" wird demnächst Geschichte sein – der "Masterplan Tourismus 2030" ist in Arbeit. Seine Grundzüge wurden am Montagnachmittag in der IHK-Akademie in Tailfingen interessierten Unternehmern vorgestellt.

Albstadt. "Auf der Alb ist Albstadt Primus in Sachen Tourismus" – man hat den Satz, den Jan Kobernuß, Geschäftsführer Kölner Agentur "ift Freizeit- und Tourismusberatung" in seiner gestrigen Bestandsaufnahme formulierte, in vergangenen Jahren oft gehört. Das "immer noch", das Skeptiker herausgehört haben mögen, blieb zwar auch diesmal ungesagt, aber Kobernuß und sein "Senior Consultant" Nicolaus Prinz versäumten es nicht, maßvoll Wasser in den Wein zu schütten: Die wunderbare Wanderinfrastruktur will auch in Zeiten schwindender Bereitschaft zum ehrenamtlichen Engagement gepflegt sein, die Konkurrenz in Göppingen und Bad Urach schläft nicht, bei den Mountainbike-Trails ist Albstadt noch nicht ganz so weit wie bei den Wanderwegen, und die Schlechtwetteralternativen zu den Traufgängen – Museen, badkap, Boulder-Halle, Outlets – existieren zwar, könnten aber ruhig etwas wirkungsvoller in Szene gesetzt werden.

Das größte Problem ist jedoch nach wie vor die relativ geringe ökonomische Rendite: Kobernuß beziffert die Wertschöpfung des Albstädter Tourismus zwar mit knapp 70 Millionen Euro, aber in dem Betrag sind Steuerberater und Teppichreinigung berücksichtigt – und außerdem wäre mehr drin: 27,80 Euro investiert der durchschnittliche Tagestourist; er kommt also keineswegs mit dem eisernen Vorsatz, zu sparen – "aber wo soll ich das Geld denn ausgeben", fragte einigermaßen ratlos Jürgen Greß, der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft. Das gastronomische Angebot ist durchaus überschaubar, und am Wochenende sind alle Tische besetzt.

Wer übernachten möchte, muss mit ähnlichen Hindernissen rechnen – Unternehmer können ein Lied davon singen: "Wenn einer von auswärts auf Montage zu mir kommt, dann telefoniere ich zehnmal und habe danach immer noch nichts gefunden." Auf 250 Betten schätzt Martin Roscher, Leiter des städtischen Amts für Tourismus und Kultur, den Zusatzbedarf; mit 30 000 zusätzlichen Übernachtungen pro Jahr veranschlagt "ift" das Potenzial. Was wird benötigt? Auch das Angebot für gehobene Ansprüche fände vermutlich Kunden, aber wichtiger wäre ein größeres Angebot an Drei-Sterne-Hotelzimmern der Kategorie IBIS – und vielleicht ein Bikerhostel für jüngere Mountainbiker mit beschränktem Budget. Wobei Kenner im Publikum zu bedenken gaben, dass Albstadt anders zu Werk gehen müsste, wenn es diese Klientel so richtig verführen wollte – einen wirklichen "Flowing Trail" gebe es nicht, obwohl die Topografie wie geschaffen dafür sei. Die Replik von Roscher und Kobernuß ließ nicht auf sich warten: Mit unberührter Wildnis könne Deutschland nun mal nicht dienen – dafür aber mit viel rechtlichem und bürokratischem Dickicht und Regelwerk.

Der "Flowing Trail" für Albstadt blieb nicht die einzige Vision des Nachmittags: Jürgen Duhnke, Tailfinger Schöpfer von Luxusschwimmbädern, kann sich Wellnesstempel im Süßen Grund und am Raichberg ebenso vorstellen wie Outlet-Trails á la Metzingen samt Wohnmobil-Campingplatz. Aber wer mag so große Brötchen backen? – Martin Roscher klagte über die Mühen, auch nur Hotelinvestoren zu finden. Beim Marketing täte mehr Vernetzung im Internet und den sozialen Medien not – aber auch dafür wäre Kooperation in einer Dimension erforderlich, die so manchem Eigenbrötler suspekt erscheinen mag. Eine "Querschnittsaufgabe" für die nächsten Jahre bleibt sie gleichwohl – im übrigen setzt sich der "Masterplan Tourismus 2030" zum Ziel, die Übernachtungszahlen bis 2030 um 15 Prozent zu steigern. Was nicht unrealistisch erscheint.