Schauplatz des Prozesses: das Amtsgericht Albstadt Foto: Schwarzwälder Bote

Vor zwei Jahren starb 91-jähriger Senior nach einem Treppensturz. Ehemalige Leitung laut Gericht verantwortlich.

Albstadt - Die ehemalige Leiterin einer Senioreneinrichtung im Raum Albstadt hat laut Gerichtsurteil den Tod eines 91-Jährigen zu verantworten, weil sie die Tür zu einer Treppe nicht abgeschlossen hatte. Der Senior erlag nach einem Sturz seinen Verletzungen.

Wer letztlich Schuld am Tod des Seniors trägt, das ließ sich in der Verhandlung vor dem Amtsgericht Albstadt nicht vollständig klären. Indes sind sich Richterin Moor und der Staatsanwalt sicher, dass "geschlampt" worden war. Die ehemalige Seniorenheimleiterin wurde wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 40 Euro verurteilt. Zudem muss sie den Führerschein für vier Monate abgeben. Die Staatsanwaltschaft hatte der 50-Jährigen vorgeworfen, durch organisatorische Mängel den Tod des 91-jährigen Heimbewohners – der demente Senior erlag wenige Tage nach dem Unfall im Sigmaringer Krankenhaus seinen Verletzungen – begünstigt zu haben: Es sei nicht gewährleistet gewesen, dass die Kellertüre, der ohne Absatz direkt die Treppenstufen folgten, stets abgeschlossen und der Keller für Unbefugte unzugänglich war.

Das bestritt die Angeklagte. Immer wieder habe sie ihren Mitarbeitern gepredigt, die Türe müsse abgeschlossen werden, weil die Treppe eine Gefahrenquelle sei; immer wieder habe sie diese Gefahr bei den monatlichen Mitarbeiterbesprechnungen thematisiert. Eine entsprechende schriftliche Dienstanweisung habe es auch gegeben. Die Angeklagte beteuerte, dass sie während ihrer Dienstzeiten stets die Türe im Blick gehabt habe. Sie sei immer verschlossen gewesen, und der Schlüssel habe seinen festen Platz am Türrahmen gehabt.

Von den beiden Mitarbeiterinnen, die als Zeuginen vernommen wurden, bestätigte eine diese Darstellung – die andere widersprach jedoch: Sie meinte sich daran erinnern zu können, dass vor dem Unfall die Tür offen gestanden sei. Auch behauptete sie, dass der Schlüssel immer im Schloss gesteckt habe und die Tür nie abgeschlossen worden sei – erst nach dem Vorfall habe man den Nagel am Türrahmen befestigt. Bilder, die im Juli 2017 nach dem Unfall aufgenommen wurden, belegen in der Tat, dass der Schlüssel auch nach dem Unfall in der Türe steckte – und ein Nagel ist darauf auch nicht zu sehen.

Mit der Behauptung, die Tür sei stets abgeschlossen gewesen, verträgt sich auch eine andere schlecht: Laut Aktenlage hatte der frühere Verteidiger der Angeklagten behauptet, die Kellertreppe sei ein Fluchtweg gewesen und habe deshalb begehbar sein müssen; dasselbe wollen auch eine der beiden früheren Mitarbeiterinnen und die Tochter des Verunglückten aus dem Munde der Angeklagten vernommen haben. Diese selbst und ihre spätere Verteidigerin widersprachen dem vehement. Hier stand Aussage gegen Aussage.

"Schlamperei" sah der Staatsanwalt in seinem Plädoyer als Ursache des Unfall – und die Angeklagte klar in der Verantwortung: Sie habe aus Bequemlichkeit die Sorgfaltspflicht missachtet, denn selbst nach dem tödlichen Unfall habe sich im Zusammenhang mit der fraglichen Kellertür nichts an der Sicherheitslage geändert. Der Staatsanwalt beantragte eine Geldstrafe und ein Fahrverbot – eine Freiheitsstrafe erschien ihm unverhältnismäßig. Die Verteidigerin plädierte auf Freispruch: Nicht allein ihre Mandantin, sondern auch das Personal habe nachlässig gehandelt und so den tödlichen Unfall begünstigt. Die Richterin folgte dem Strafantrag der Staatsanwaltschaft.