Foto: Schwarzwälder Bote

Noch hat es das Thema nicht in die erste Reihe geschafft,

Noch hat es das Thema nicht in die erste Reihe geschafft, doch die Zahl derer, die über eine Reaktivierung der Talgangbahn diskutieren, nimmt auch jenseits jener Gremien, die darüber zu entscheiden haben, zu.

Wobei "Reaktivierung der Talgangbahn" eigentlich der komplett falsche Begriff ist, wie SPD-Stadträtin Lara Herter bei der Hauptversammlung des Vereins Tal-Gang-Art klargestellt hat. Denn dabei denken vermutlich die meisten, welche die Talgangbahn noch selbst erlebt haben, an den "alten Triebel", der einst geräuschvoll zwischen Ebingen und Onstmettingen hin und her schnaufte.

Worum es heute geht, ist der Aufbau einer modernen Regionalstadtbahn: viel leiser, viel komfortabler und möglicherweise notwendiger denn je, wie gerade am Donnerstagabend ein an sich harmloser Vorfall wieder mal gezeigt hat: Ein Unfall ereignete sich auf der Konrad-Adenauer-Straße, kurz nach 19 Uhr – und just neben einer Verkehrsinsel. Weil es seine Zeit dauerte, bis die Polizei den Unfall aufgenommen hatte und die Autofahrer die Straßenstelle räumten, wurde der Rückstau Richtung Tailfingen länger und länger und das Vorbeifahren nicht nur durch Gegenverkehr, sondern auch durch die Verkehrsinsel besonders erschwert.

Dass der Verkehr in Albstadt – wie überall – zugenommen hat und – wie überall – zunehmend als lästig und störend empfunden wird, was die Bürgerwerkstätten zum Stadtentwicklungskonzept deutlich zeigten, war an dieser Stelle oft genug Thema. Die Frage, warum trotzdem nicht mehr Menschen aufs Auto verzichten, ist in Albstadt leicht zu beantworten: Lange Winter, eine riesige Gemarkung, neun Stadtteile mit unterschiedlichen Schwerpunkten und ein Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV), der in puncto Taktzeiten, Fahrpreise und Frequenz zu wünschen übrig lässt, verlocken nicht gerade zum Umsteigen auf Fahrrad oder Bus. Menschen wie Albrecht Dorow, der wohl unermüdlichste Kämpfer in Albstadt für eine moderne Regionalstadtbahn von Onstmettingen über Ebingen bis Tübingen und weiter nach Stuttgart, macht zwar vor, dass es möglich ist, weitgehend aufs Auto zu verzichten. Allerdings ist der ehemalige Schulleiter inzwischen im Ruhestand und kann seine Fahrten eher an den Fahrplan anpassen als Berufstätige und Eltern mit Kindern, die am Nachmittag vom Musikunterricht zum Sporttraining und weiter zur Jungschar gebracht werden wollen. Im wesentlichen Punkt aber hat Dorow Recht: Wenn es so weiter geht, droht irgendwann der Verkehrsinfarkt. Lärm, Feinstaub, die Folgen für die Gesundheit der Menschen, für die Umwelt und das Klima kommen hinzu. Und sie sind mit Folgekosten verbunden, von denen keiner sagen kann, wie hoch sie wirklich sind.

Zwar bliebe ein Teil der Kosten für eine Regionalstadtbahn zwischen Onstmettingen und Ebingen an Albstadt hängen – dafür bekäme Albstadt aber auch sämtliche Vorteile ab: weniger Verkehr, weniger Lärm, weniger Abgase, neue Chancen für den Tourismus und vor allem für seine eigenen Bürger. Manche Familie könnte den Zweitwagen sparen, der nur nötig ist, damit beide Ehepartner zum Arbeitsplatz kommen und die Kinder am Nachmittag ihren Terminplan einhalten können. Fazit: Die Zeit ist reif, das Thema in die erste Reihe zu holen – und es neu zu bewerten.