Nach der Lesung wurde signiert: Nina Ruges Buch "Sei Du der Leuchtturm Deines Lebens!" interessiert die Tailfinger. Fotos: Grimm Foto: Schwarzwälder Bote

Autorenlesung: Nina Ruge stellt im Thalia-Theater ihr neues Buch vor / Einspruch wider die moderne Egozentrik

"Sei Du der Leuchtturm Deines Lebens!" – so lautet der Titel des neuen Buchs von Nina Ruge, das sie im Tailfinger Thalia-Theater vorgestellt hat. Er ist zugleich Programm.

Albstadt-Tailfingen. Die Zeiten, da sie Nachrichten in die Kamera sprach und "Leute heute" moderierte – immer mit dem Schlusswort "Alles wird gut" – liegen eine ganze Weile zurück. Die Fernsehjournalistin, Buchautorin, Klimaschützerin und Unicef-Botschafterin ist mittlerweile 62 Jahre alt und wirkt immer noch unglaublich jugendlich. Die Stimme ist nach wie vor charakteristisch sanft und die Tonlage angenehm – wenn jemand so spricht, dann fällt es leicht, auch einer einstündigen Lesung mit wacher Aufmerksamkeit und zugleich völlig entspannt zu folgen. Nina Ruge gab ihrem Tailfinger Publikum – das ruhig ein bisschen größer hätte sein können – Einblick in ihr interessantes Leben, aber nicht, um den vielen Prominentenporträts ihrer Laufbahn ein weiteres folgen zu lassen, sondern um zu zeigen, wie sie selbst auf den Weg der Selbsterkenntnis und Spiritualität gefunden hat. Und dass andere das genauso können, wenn sie nur wollen.

Die Selbstoptimierung wird zur Droge

Thema ihres neuen Buches ist der Imperativ der permanenten Selbstoptimierung, dem sich heutzutage kaum jemand zu entziehen vermag. Die Gesellschaft, so lautet Ruges Diagnose, ist kein Gemeinwesen mehr, sondern zu einem ein bloßes Neben- und Gegeneinander narzisstischer Einzelwesen verkommen. Deshalb, so ihre Schlussfolgerung, bedarf es eines neuen Bewusstseins, das die Ratio des 21. Jahrhunderts und moderne Spiritualität miteinander vereint. Es geht darum, von der Droge der Ich-Fixierung mit ihren vielen verschiedenen Spielarten Macht, Ruhm, Besitz, Dominanz und eigene Bedeutsamkeit loszukommen.

Und wie? Nina Ruge empfiehlt weder obskure Hilfsmittel, noch predigt sie den Ausstieg aus dem Alltag. "Selbsterkenntnis und die sich daraus ableitende Kunst der Selbstführung in ein neues Bewusstsein weisen den Weg zu einem Leben in innerer Stärke" verspricht sie und empfiehlt ihren Zuhörern, sozusagen ein "wissenschaftliches Experiment mit sich selbst" zu machen: Sie sollen sich einige Tage lang selbst beobachten und dabei den Blick auf den "Ich-Reflex" richten, jenen Mechanismus, der fortwährend hinterhältig versucht, bei allem Tun und Denken die eigene Wertigkeit in den Vordergrund zu stellen. Diesen Ich-Reflex hätten die meisten Menschen so verinnerlicht, dass er ihr ganzes Denken und Handeln bestimme. Ruge ermunterte ihre Zuhörer, durch eine ehrliche Selbstbeobachtung herauszufinden, wie oft das Ego selbst in alltäglichen Dingen versuche, sich selbst in den Vordergrund zu drängen. Wohlgemerkt auf Kosten anderer: "Man bläst ein anderes Licht aus, um sein eigenes heller erscheinen zu lassen."

Die Selbsterkenntnis ist der erste und entscheidende Schritt zur Besserung; langfristig mündet sie in ein neues Bewusstsein, das sich "vom Ich-Reflex nicht mehr alles gefallen lässt". Sei man ihm erst auf die Schliche gekommen, dann habe man die Möglichkeit, bewusst gegenzusteuern und seine Lebensführung wieder in die eigene Hand zu nehmen. Womit der Einzelne tatsächlich zum "Leuchtturm für das eigene Leben" werden kann.