Derzeit befinden sich die Angeklagten in Untersuchungshaft. Foto: Archiv Foto: Schwarzwälder Bote

Landgericht: Zwei Albstädter sind in 68 Fällen wegen Drogenhandel angeklagt / Verkauf an Minderjährige

Knapp ein Jahr lang waren zwei mutmaßliche Drogendealer aus Albstadt im Visier der Polizei. Nun müssen die beiden jungen Männer sich für den Verkauf von Cannabis, Amphetamine und Kokain in 68 dokumentierten Fällen – darunter auch an Minderjährige – vor dem Landgericht Hechingen verantworten.

Albstadt. Seit Mai sitzen die beiden Männer, ein 22-Jähriger aus Albstadt und ein 26-Jähriger ohne festen Wohnsitz, der aber bei seinem Kumpan in Albstadt untergekommen sein soll, in Untersuchungshaft.

Am ersten Prozesstag einigte sich das Gericht, Staatsanwaltschaft und die Verteidiger der beiden jungen Männer hinter verschlossenen Türen auf einen Vergleich: Im Falle eines Geständnisses droht den Männern zwar immer noch eine Haftstrafe von vier bis sechs Jahren, doch im Vergleich sei dies noch recht mild. Zudem werde das Beweisprogramm deutlich ausgedünnt. Lediglich der polizeiliche Sachbearbeiter und ein psychologischer Gutachter sollen gehört werden, die Zeugen aus der Szene, welche die beiden Herren zusätzlich belasten könnten, werden ausgeladen.

Der jüngere der beiden Angeklagten, hat für den zweiten Prozesstag eine geständnisreiche Aussage von seiner Verteidigerin verlesen lesen lassen.

Obwohl der 22-jährige Albstädter in einer fürsorglichen Familie groß geworden ist, hatte er schon als Kind immer wieder Wutausbrüche. Besser wurde es, als sein diagnostiziertes Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) medikamentös und psychologisch behandelt wurde. Als Jugendlicher gelang er schließlich auf die schiefe Bahn: Er kam mit 15 zum ersten mit Alkohol und Cannabis in Berührung. Nach einem Autounfall ersetzte er den Alkohol durch vermehrten Cannabiskonsum. Sein Freundeskreis wechselte, er brach die Schule ab und begann eine Ausbildung; in der Berufsschule wurde viel Amphetamin und MDMA konsumiert. Seine Dealerkarriere begann im Sommer 2018: Er bezog mit Freunden eine Wohnung in Albstadt; es wurde den ganzen Tag "gekifft und gesoffen". Sein Mitbewohner dealte damals mit Drogen. Als der 22-Jährige seine Ausbildungsstelle verlor, half er ihm beim Ausfahren der Drogen. Die Botengänge finanzierten Essen und seinen Eigenkonsum. Er rutschte immer weiter in die Dealerszene hinein und damit auch in seine Sucht.

Vor Gericht räumte er alle 68 ihm zur Last gelegten Deals ein. Dass zwei der Abnehmerinnen minderjährig waren, hatte er damals zwar vermutet, aber von ihrem tatsächlichen Alter erst später erfahren. "An etwas anders as meine eigene Sucht habe ich in den vergangenen Monaten nicht mehr gedacht." Dass er aber ein ernstes Drogenproblem hat, wurde ihm erst in Haft klar. Seit seiner Inhaftierung befindet er sich auf kaltem Entzug.

Der 27-jährige Mitangeklagte wollte am zweiten Prozesstag seine Zustimmung zum "Deal" zurückziehen. Er besteht darauf, dass das volle Zeugenprogramm gehört wird, wodurch sich das Urteil voraussichtlich um drei weitere Prozesstage nach hinten verschieben wird.

Der polizeiliche Ermittler hatte zumindest ordentlich belastbares Material dabei: Die Handyauswertung des jungen Mannes ergab zahlreiche Verabredungen zu Drogendeals, Bilder, die ihn beim Drogenkonsum zeigen und ungewöhnlich viel Bargeld. Der Prozess wird am 3. Dezember ab 14 Uhr am Landgericht Hechingen fortgesetzt.