So soll das Krankenhaus aussehen, das Matthias Baumann, der aus Truchtelfingen stammt, in Nepal bauen will. Repro: Retter Foto: Schwarzwälder-Bote

Benefizaktion: Gebürtiger Albstädter will drei Schulen und ein Krankenhaus realisieren / 400 000 Euro für Erdbebenopfer

Von Anne Retter

Hilfe zur Selbsthilfe will der Chirurg Matthias Baumann in Nepal leisten. Er hat 400  000 Euro für die Erdbebenopfer gesammelt, mit denen er nun ein Krankenhaus errichten will.

Albstadt/Tübingen. Schwer getroffen haben die Ereignisse im vergangenen Jahr die nepalesische Bevölkerung: Knapp ein Jahr nach dem größten Unglück in der Geschichte des Mount Everest ereilte das kleine Land am 25. April 2015 eine Katastrophe ungeheuren Ausmaßes: Ein schweres Erdbeben zerstörte Häuser und Infrastruktur, es gab fast 9000 Todesopfer und 22 200 Verletzte. Mehr als eine Million Gebäude wurden ganz oder teilweise zerstört. Der Wiederaufbau beginnt erst jetzt – denn nach der Katastrophe folgte eine Weitere.

Matthias Baumann, der aus Truchtelfingen stammt, ist ein Enthusiast von der Sorte, die nach solchen Ereignissen gebraucht wird. Als Chirurg Leben zu retten, ist für ihn eine Sache. Sich angesichts humanitärer Katastrophen auch persönlich für Menschen zu engagieren, eine ganz andere. Baumann tut dies seit langer Zeit planvoll und aus Überzeugung: Nach dem Lawinenunglück am Mount Everest 2014, wo er als Expeditionsarzt vor Ort gewesen ist, gründete er eine Stiftung für die Waisen der getöteten Sherpas. Rund 100 000 Euro hat er gesammelt, 50 Patenschaften eingerichtet. Etwa die Hälfte hat er vermittelt, die andere trägt seine Stiftung direkt.

Die Kinder können zur Schule gehen. Oder könnten, wenn es denn eine Schule gäbe: "Nach wie vor leben viele Nepalesen in Zelten. Auch ein Jahr nach dem Erdbeben findet selbst der Unterricht noch in Zelten statt", berichtet der Arzt. Warum bisher an den Wiederaufbau nicht zu denken war? Im September 2015 verabschiedete Nepal nach langjährigen Konflikten eine neue Verfassung, in der sich die Volksgruppe der Madhesi – eine an der südlichen Landesgrenze zu Indien lebende Minderheit – nicht ausreichend berücksichtigt sah. Sie forderten auch für sich die vollen Bürgerrechte.

Es kam zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei, rund 40 Menschen starben. Die Madhesi blockierten über Monate hinweg die Grenze zum großen Nachbarland und schnitten Nepal damit von der Versorgung mit Sprit, Baustoffen und Hilfslieferungen aus dem Ausland ab. "Es war eine Katastrophe nach der Katastrophe", erzählt Baumann.

Seit zwei Monaten sind die Grenzen nun wieder passierbar. "Es ist für mich sehr schwierig gewesen, mich an dieses schleppende Tempo zu gewöhnen. Als Chirurg will ich ein Problem möglichst schnell beseitigen", sagt Baumann.

Der Wahl-Tübinger hatte sich vorgenommen, Waisenhäuser zu bauen. Da es aber nach dem Erdbeben 2015 eine Zunahme von Fällen gab, in denen organisierte Banden Waisen unter dem Vorwand fürsorglicher Betreuung nach Indien verschleppt und dort zu Prostitution und Kinderarbeit gezwungen hatten, verschärfte Nepal die Gesetze.

Der Bau eines Wohnheims ist derzeit nicht möglich, also disponierte Baumann um: Patenschaften und Bildung sollen den Kindern nun eine Zukunft ermöglichen. "Gemeinsam mit meinen nepalesischen Partnern habe ich damit begonnen, zwei Schulen wieder aufzubauen. Für eine dritte sind die Pläne bereits fertig."

Das wichtigste Projekt, das mit den 400 000 Euro, die der Mediziner an Spendengeldern für die Opfer der Erdbebenkatastrophe auftreiben konnte, verwirklicht werden soll, ist aber ein Krankenhaus: "Die Sherpas sind an mich herangetreten und haben gefragt, ob ich dabei helfen kann, die medizinische Versorgung zu verbessern." Die Pläne existieren bereits, der Standort in der Khumbu-Region ist festgelegt, die Kosten sind kalkuliert. Nun muss Bauland in den Bergen erworben werden.

"Ich bin zuversichtlich, dass wir im Herbst mit den Arbeiten beginnen können", freut sich der Bauherr. Er will das Krankenhaus langfristig mitbetreuen, stellt aber klar: "Das ist Hilfe zur Selbsthilfe!" Medizinische Geräte und Spenden zu organisieren, gegebenenfalls auch Schulungen, das sei der Teil der Aufgabe, den er auch in Zukunft übernehmen wolle. "Die nepalesischen Ärzte sind gut ausgebildet. Das Himalayan Sherpa Hospital soll selbst zum Laufen kommen."

Hilfe für das Projekt kann der gebürtige Albstädter nach wie vor gut gebrauchen. Wer sein Vorhaben unterstützen möchte, kann das mit einer Spende an den Verein "Himalayan Project" tun.

Weitere Informationen: www.faszination-everest.de /unterstuetzung-fuer-die-erdbebenopfer-in-nepal1/