Ein Eulenspiegel, dem es ernst ist: Thomas Felder zu Gast im Ebinger Kräuterkasten. Foto: Schwarzwälder-Bote

Liedermacher Thomas Felder betätigt sich im Kräuterkasten als moderner Eulenspiegel

Von Ute Büttner

Albstadt-Ebingen. Ähnlich wie Till Eulenspiegel hat der Liedermacher Thomas Felder seinem Publikum im Kräuterkasten den Spiegel vorgehalten.

Man fühlt sich ins Mittelalter versetzt, als der Musikant erscheint. Er entlockt der Drehleier wahrhaft leiernde Töne, die an die eines Dudelsacks erinnern, und singt von einem schönen Land mit wilder Natur, ohne Krankheiten und ohne Häuser mit Schloss und Riegel. Doch ist der Zugang zu diesem Land verwehrt, und so beschreibt Felder notgedrungen, was außerhalb dieses Landes so alles passiert. Was er zu sagen hat, spricht er zuerst aus, bekräftigt es dann durch Musik; Wiederholungen sind gewollt und ein Stilmittel: "I ben so, wi I ben, du bischt so, wi du bischt". Der Schwabe findet sich wieder in diesen Erkenntnissen.

Doch wie lang? Felder bezeichnet das "Schaffen" als Krankheit und erzählt vergnügt von dem, der nichts zuwege bringt, weil er immer erst "sei Sach" suchen muss. Und diese Klage des verzweifelten Schwaben untermalt er auf dem Klavier auch noch mit flotten Rhythmen aus Amerika.

Harmlose Späße, könnte man meinen, diese Zungenbrecher um "Denne", die man "nemme nemme" kann, diese schwäbischen Wortspiele über hauen als haben oder schlagen, die Verwandtschaft von Schwäbisch und Chinesisch, die das Publikum noch mit Jodeln begleiten darf, das schottische Volkslied, das Felder mit heller, leicht blechener Stimme wie ein echter Schotte zur Gitarre singt und dann genial in schwäbische Sprache und Lebensart überträgt.

Doch dann verteilt er Hiebe. Der Erdkreis dreht sich um den Mercedesstern, und in schönstem Honoratiorenschwäbisch erklärt der Regierungsbeamte, warum der normale Bürger jetzt auch für die Atemluft bezahlen soll. Mutter Erde beklagt sich über ihr jüngstes Tier, dessen Treiben immer mehr ihr Antlitz verletzt. Der Spaß hört auf. Wer hilft gegen die Zerstörung, für die Feder Stuttgart 21 als Beispiel anführt? Kann die Kirche helfen? "Herr, schmeiß Hirn ra", fleht Felder mit Gerhard Raff zu Choralklängen auf dem Klavier, doch auch die Kirche dient dem Gott Mammon. Es ist ein Anliegen, das Felder auf der Zunge brennt.

Wie ernst er es meint, spürt das Publikum. Im Saal wird es ganz still, als er mit Worten von Hölderlin menschliches Leid – auch das der ertrunkenen Bootsflüchtlinge – beklagt und sein Programm mit Psalm 23 abschließt. Die Stimmung hellt sich erst bei den Zugaben wieder auf. Als Liedermacher der guten alten Schule erweist sich Felder am Ende mit seinem Lied von den "alten Wegen". Man wünscht sich, dass solch ein Weg ihn einmal wieder in den Kräuterkasten führt.