Rolf Rau stellte seine Autobiografie im Kräuterkasten vor. Sie umfasst 367 Seiten. Foto: Miller Foto: Schwarzwälder-Bote

Kultur: Mediziner Rolf Rau stellt Autobiografie "Junge, das Einzige, was wir noch haben, ist dein Kopf" vor

Der Mediziner Rolf Rau hat im Kräuterkasten aus seinem autobiografischen Buch "Junge, das Einzige, was wir noch haben, ist dein Kopf" gelesen.

 

Albstadt-Ebingen. Auf 367 Seiten leuchtet der Autor aus Ratingen in verschiedene Aspekte seines bewegten Lebens hinein, stellt die Ereignisse seiner Vita aber in einen Kontext zum jeweiligen politischen und gesellschaftlichen Geschehen. So darf das Werk mit auch als acht Jahrzehnte voller Umbrüche umfassendes Zeitdokument gesehen werden.

Trotz beruflicher Erfolge ist Rolf Rau keine dieser Persönlichkeiten, an deren Biografie große Verlage Interesse bekundet hätten. Erschienen ist sein Buch deshalb im Uni-Med-Verlag, einem Verlag für medizinische Fachbücher, bei dem er selbst bereits solche publiziert hat.

Eine Lesereise gab es bisher nicht. Der Einladung der Stadt Albstadt zu einer Präsentation bei den Albstädter Literaturtagen – der Kontakt kam über die mit Raus zweiter Ehefrau Gertraud befreundete Birgit Frohme zustande – habe er zunächst skeptisch gegenüber gestanden, gab der agile 84-Jährige zu.

Mit liebenswürdigem Tonfall Geschichte zum Klingen gebracht

Bei seiner Lesung in der stimmigen Atmosphäre des voll besetzten Kräuterkastens war davon allerdings nichts mehr zu spüren: Mit klarem und liebenswürdigem Tonfall brachte er seine Geschichte zum Klingen. Rasch ließ sich der Hörer gedanklich mitnehmen, mitten hinein in die Provinz Posen, wo Rau 1933 das Licht der Welt erblickte. Hand aufs Herz – wer weiß schon noch von der Existenz der Provinz Posen, von ihrer wechselnden Zugehörigkeit, mal zu Polen, mal zu Deutschland? Zum Zeitpunkt seiner Geburt gehörte sie zu Polen. Als der Vater früh starb, zog die Mutter mit ihm von Kolmar nach Margonin, wo sie ein Hotel geerbt hatte.

Dort begann der Autor im Zuge der Buchrecherche seine Spurensuche. Die Landschaftseindrücke, die er bei seiner Reisen sammelte, hat er in anschaulich-bildhafte Texte gepackt. Spannend geschildert oder humorvoll erzählt sind die Begegnungen mit Menschen, die ihm geholfen haben, Erinnerungen aufzufrischen. Die politisch bedingten Erlebnisse und Lebenssituationen seiner Kinder- und Jugendzeit beschreibt Rolf Rau ohne sie zu bewerten: 1939 beobachtet er von einem Hügel der Danziger Höhe aus den Beginn des Zweiten Weltkriegs, 1943 wird er Schüler der nationalsozialistischen "Nationalpolitischen Erziehungsanstalt" (NPEA) in Reisen, flüchtet im bitterkalten Winter 1945 zu Fuß mit zwei Mitschülern vor den Russen, erkrankt an Gelbsucht. Eine Landverschickung bleibt ihm erspart, die Mutter findet ihn.

Hab und Gutes beraubt, entwurzelt und bettelarm wie so viele, spricht sie dann irgendwann jene Worte aus, die dem Buch seinen Titel verliehen: "Junge, das Einzige, was wir noch haben, ist dein Kopf." Botschaft? Aufforderung? Hilferuf? Darauf ging Rolf Rau im Kräuterkasten nicht näher ein, sondern widmete sich den Anfängen der DDR und machte dann einen großen Sprung in seine Ära als Arzt und Rheumaspezialist und zur vom Publikum aufmerksam verfolgten Behandlung eines ganz besonderen Patienten in Afrika.