Mit großem Engagement war der Kanal auf dem Tischneck bis hinunter ins Tal privat gebaut und anschließend an die Stadt übergeben worden. Archiv- Foto: Fehrenbacher

"Das hat ein böses Nachspiel, schämt euch bloß. Das ist bitter, das ist unter der Gürtellinie", sagte ein verärgerter Klaus Mey, nachdem der Gemeinderat einer Erstattung des Kanalbeitrags für die Tischnecker mehrheitlich nicht zugestimmt hatte.

Schramberg - Ziel der Anwohner des Tischnecks, die vor Jahren dort gemeinsam einen Abwasserkanal gebaut und ihn anschließend gegen die Anschlusskosten an die Abwasserentsorgung der Stadt geschenkt hatten, war es, die erst jetzt erhobenen weiteren Gebühren für ihre Grundstücke erlassen zu bekommen.

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Abteilungsleiterin Linda Niebel hatte den Sachverhalt ausführlich erläutert, auch von Gesprächen mit den Vertretern der Tischnecker Bürger, Klaus Mey und Peter Fehrenbacher, hinsichtlich Sachverhalt und Vorgehen berichtet. Dabei sei von den Betroffenen, so schilderte Niebel, der Umstand anerkannt worden, dass die Erhebung korrekt ist, sie sich aber "in der Sache ungerecht behandelt fühlen". Hintergrund des Antrags sei die subjektiv empfundene Ungerechtigkeit gewesen. Zudem habe der Wunsch bestanden, die Kommunalpolitik mit einzubeziehen, da die Entscheidungsmöglichkeit der Verwaltung eingeschränkt sei.

Bauland entstanden

Die Anwohner, so führte Niebel aus, sprächen von einem Erlass, meinten dies aber nicht in rechtlicher Sicht, sondern wollten eine Rückzahlung, eine Freiwilligkeitsleistung, über die nicht die Verwaltung, sondern nur der Gemeinderat entscheiden könne. Die Besonderheit gegenüber anderen privaten Kanalbaumaßnahmen sah Niebel darin, dass sonst nirgends in Verbindung damit aus landwirtschaftlichen Flächen Bauland entstanden sei.

Jürgen Winter (CDU) sah das Ansinnen der Bürger unter dem Stichwort Gerechtigkeit und in der Historie begründet. Auf dem Tischneck, so antwortete Niebel auf eine Frage Winters, hätten zwei Drittel der Anwohner neue Gruben bauen oder bestehende sanieren müssen. Der Kanal sei für die Summe aller Anschlussbeiträge erworben worden, so dass dies für die Stadt eine Null-Rechnung gewesen sei. Einmalig sei aber gewesen, dass im Gegensatz zu anderen Bereichen auf dem Tischneck Bauland geschaffen worden sei. Die Sorge hinsichtlich Erschließungsbeiträgen sei damals vor allem hinsichtlich der Straße besprochen worden – diese sei auch nicht erweitert worden. Dass allerdings auch ein Abwasserbeitrag kommt, sei nie im Gespräch gewesen. Allerdings gab sie zu bedenken, dass jetzt auch die Bauplätze auf dem Tischneck einen höheren Bodenwert hätten als ohne Bebauungsplan.

Volker Liebermann (ÖDP) sprach sich dafür aus, für die Anwohner zu stimmen, weil diese Summe in keinem Aufwand zu der stehe, den die Anwohner gehabt hätten. Eine niedrigere Abwassergebühr als Kompensation, wie von ihm vorgeschlagen, sei nicht möglich, so Niebel, da dies zu einer unzulässigen Erhöhung bei anderen führe.

Thomas Brantner (CDU) meinte, da kein Erlass und kein Verzicht möglich sei, er nicht kapiere, über was der Gemeinderat abstimmen solle und ob hier nicht nur eine Kenntnisnahme passe. Wenn der Beitrag von 96 000 Euro als Zuschuss zurückgezahlt würde, sei eine Freiwilligkeitsleistung, die der Gemeinderat beschließen müsse, erklärte Niebel.

Anlieger berichtet

Auf Anregung von Jürgen Winter erläuterte Klaus Mey die damalige Situation auf dem Tischneck, die dafür gesorgt hatte, eine Abwassergemeinschaft zu gründen. Zusammen seien es insgesamt 24 Schramberger und acht Hardter Anlieger gewesen – bei letzteren habe es keine Probleme gegeben. Dass nach 18 Jahren, in denen der Kanal störungsfrei laufe, jetzt im Nachhinein verlangt werde, den Kanal noch einmal zu zahlen, "das finden wir nicht richtig, deswegen unser Anliegen, diesen Beitrag zu erlassen". Sollte ein neuer Bauplatz entstehen, das sehe er ein, sei dieser kostenpflichtig.

Auch dann, wenn sich das Baufenster nicht verändert habe, müsse bezahlt werden, klärte Niebel auf Anfrage von Thomas Brantner auf.

Edgar Reutter (SPD/Buntspecht) sah für sich einen "Zwiespalt" und meinte, die Anlieger vom Tischneck hätten auf eigene Kosten einen Kanal gebaut, was gegengerechnet werden müsse. Dieses Ungerechtigkeitsgefühl sei ihm durch die rechtliche Seite nicht genommen. Ähnlich sah es auch Ralf Rückert (Freie Wähler), der eine Aufwandsentschädigung vorschlug, und Tanja Witkowski (SPD/Buntspecht) erinnerte an das Thema Ehrenamt hinsichtlich des Baus.

Während acht Ratsmitglieder (Jürgen Reuter, Johannes Grimm und Frank Kuner (Aktive Bürger), Thomas Koch und Volker Liebermann (ÖDP) sowie Achim Bendigkeit, Emil Rode (Freie Liste) und Gertrud Nöhre (SPD/Buntspecht) für einen Ersatz und damit gegen die Verwaltung stimmten, Jürgen Winter (CDU), Lara Kiolbassa und Edgar Reutter (SPD/Buntspecht) sich enthielten, votierte die Mehrheit von 14 Räten mit der Oberbürgermeisterin anders.

Es gibt keine Entscheidungsmöglichkeit, ob ein Bürger Beiträge zur Erschließung bezahlen muss oder nicht – er muss bezahlen und die Stadt kann diese nicht erlassen. Dies hat Abteilungsleiterin Linda Niebel zu Beginn ihrer Ausführungen über die besondere Situation der Tischnecker hinsichtlich jetzt erhobener Kanalbeiträge aufgrund des Bebauungsplans Tischneck deutlich gemacht.

Und auf der anderen Seite sieht der städtische Fachbereichsleiter Verwaltung und Finanzen, Uwe Weisser, ebenfalls keine Möglichkeit, diesen Beitrag den Beitragsschuldnern über einen Zuschuss zu vergüten – wie beispielsweise ein Verein einen solchen Zuschuss für diverse Vorhaben erhalten kann.

Einem solchen Gemeinderatsbeschluss müsste die Verwaltung dann widersprechen, weil dies eine Entscheidung zum Schaden der Kommune sei, informierte er, sollte er in der dann nachfolgenden Sitzung erneut so verabschiedet werden, müsste der Vorgang anschließend der Rechtsaufsichtsbehörde, sprich dem Regierungspräsidium Freiburg, vorgelegt werden.