Er gibt das Amt des Oberbürgermeisters nach 13 Jahren ab: Ralf Broß (Mitte) und seine Frau Friederike lauschen am Freitagabend den Abschiedsreden in der Stadthalle. Rechts applaudiert Bürgermeister und Nachfolger Christian Ruf. Foto: Ralf Graner Photodesign

Oft hat Oberbürgermeister Ralf Broß in der Stadthalle moderiert, diskutiert, Bedeutendes verkündet oder Sitzungen geleitet. Jetzt stand er selbst im Mittelpunkt: Das Rottweiler Stadtoberhaupt wurde mit einem Bürgerempfang feierlich verabschiedet.

Rottweil - Es ist ein bedeutsamer Abend für Rottweil. Einer, der von Abschied und Wehmut, aber auch heitereren Klängen und einigen Anekdoten geprägt ist. Nach diesem Abend geht es für die Hauptperson erfolgreich weiter: Ralf Broß wird als Geschäftsführendes Vorstandsmitglied beim Städtetag in Stuttgart neue Aufgaben übernehmen.

Seit vergangenem Sonntag steht auch fest, wer sein Nachfolger wird: Bürgermeister Christian Ruf begrüßte nach dem musikalischen Auftakt durch die Stadtkapelle die vielen Gäste, allen voran den scheidenden OB mit Familie, Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer, Abgeordnete, Kommunalpolitiker, Broß’ Kollegen aus den umliegenden Städten und Gemeinden, Vertreter der Partnerstadt, den Landrat und Ersten Landesbeamten sowie eine lange Reihe weiterer Spitzenvertreter aus Industrie, Wirtschaft, Handwerk, der Blaulichtfamilie, der Kultur, des Städtetags und natürlich viele Ehrenamtliche, interessierte und engagierte Bürger der Stadt.

Die Mannschaft im Rathaus mitgenommen

Ruf versicherte auch, dass Kabarettist Thomas C. Breuer mit der nötigen Prise Humor dafür sorgen wird, dass sich nicht Grußwort an Grußwort reiht – was sich später bewahrheitete. Und der Bürgermeister nutzte die Gelegenheit, Broß im Namen der Stadtverwaltung zu danken. "Sie haben Ihre Mannschaft im Rathaus mitgenommen auf der teils rasanten Fahrt in die Zukunft mit vielen spannenden Projekten."

Er habe den Mitarbeitern Verantwortung übertragen, souverän geführt und gelenkt. Er freue sich auf viele künftige Gelegenheiten, bei denen sich die Wege wieder kreuzen werden, so Ruf. Für Broß neues herausragendes Amt wünsche er ihm alles Gute.

In neuer Verantwortung

Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer betonte in ihrer Festrede, dass man Broß zwar mit einem weinenden Auge verabschiede, ihn nun aber in herausgehobener Position "in guter Verantwortung um das Wohl der Stadt Rottweil sowie vieler weiterer Städte in Baden-Württemberg" wisse. Er werde nach seiner herausfordernden Zeit in Rottweil als Interessensvertreter aller Kommunen des Landes "mit nie dagewesenen Herausforderungen" umzugehen haben.

Kommunen und Kreise besonders gefordert

Die Regierungspräsidentin ging auf die Pandemie und den Ukraine-Krieg ein. "Das hat und wird Spuren in der Gesellschaft hinterlassen." Die Folgen seien massiv spürbar – die Kommunen und Kreise seien besonders gefordert. Sie bedauere, dass sich ein größer werdender Teil der Bürger nicht mehr in politischen Entscheidungen wiederfinde. Die Politik müsse hinhören und mit Fachlichkeit überzeugen.

Viele Projekte werden mit Broß Amtszeit verbunden bleiben

Dafür stehe auch Ralf Broß. Ihm sei es gelungen, die verschiedenen Akteure für seine Ideen zu gewinnen und auf seinen Kurs mitzunehmen. Eine Vielzahl von Projekten werde mit seiner Amtszeit verbunden bleiben. Ausführlich beleuchtete sie die Entwicklungen bei Testturm und Hängebrücke, die städtebauliche Erneuerung des Kapuziners und die Landesgartenschau 2028, mit der nun Weichen für die Zukunft gestellt werden. "Sie haben Ihren Bürgerinnen und Bürgern einen Grundstein für eine nachhaltige Entwicklung gelegt", so die Regierungspräsidentin. Ohne Broß’ großen persönlichen Einsatz und sein herausragendes Engagement sei das nicht möglich gewesen. Sie freue sich auch, dass mit Christian Ruf ein ebenso engagierter neuer Oberbürgermeister in den Startlöchern steht.

Verhandlungspartner der Landesregierung

Bärbel Schäfer blickte auch auf das große Aufgabenfeld, das nun beim Städtetag vor Ralf Broß liegt. Er werde Verhandlungspartner der Landesregierung sein, die Kommunen bei der Bewältigung ihrer immensen Aufgaben begleiten, müsse verschiedenste Interessen bündeln und alles in Einklang bringen mit der herausfordernden Ressourcensituation im Land. "Nur gut, dass Ihnen dabei – mit Ihrer Erfahrung – keiner ein X für ein U vormachen kann." Und ihm gehe, wie man wisse, nicht so schnell die Puste aus.

Sie wünschte Ralf Broß für seine neue Aufgabe alles Gute und versicherte, dass er viele Mitstreiter an seiner Seite haben werde.

Stellvertretend für den Gemeinderat oblag es Arved Sassnick, den OB zu verabschieden. Er ging auf Broß’ Werdegang ein, der zeige, welch erfahrenen Mann die Stadt 2009 als OB an Land gezogen hatte. Und mit dem neuen Amtsinhaber seien Veränderungen einhergegangen, die manchem in Rottweil "zuviel an Neuem" gewesen seien. Sassnick erinnerte an den gewaltigen Gegenwind für das Testturmprojekt – der dann aber große Aufmerksamkeit auf Rottweil gezogen habe.

Ebenfalls gefördert von Broß: die Hängebrücke. Gegner hätten sich hier letztlich einem Bürgerentscheid beugen müssen. "Nun geht Ralf Broß, bevor die Brücke da ist. Manche hätten sich gewünscht, er wäre geblieben, bis sie steht", so Sassnick.

Der Stadtrat erinnerte auch an Willkommenes und Langersehntes, das in Broß’ Amtszeit verwirklicht wurde; wie beispielsweise die neue Feuerwache. Es wäre wohl zuviel gesagt, dass alles Neue auf die Initiative des scheidenden OB zurückzuführen sei. "Aber er hat das Talent gezeigt, sich bietende Gelegenheiten beim Schopf zu packen."

Demokratierose verdient

So habe er den Gedanken von Stadtrat Michael Gerlich zur Bewerbung um eine Landesgartenschau aufgegriffen – was dann mit Ideenreichtum und Tatkraft vorangetrieben worden sei. Und die beiden Bürgerentscheide in Broß’ Amtszeit – Hängebrücke und JVA-Standort – zeigen laut Sassnick, "dass Bürgerbeteiligung in Rottweil keine leere Floskel ist". Die "Demokratierose", verliehen von der Landesregierung, "kann sich unser Ralf Broß durchaus auch an sein Revers heften".

Im Gemeinderat sei der OB bestrebt gewesen, die verschiedenen Meinungen auszugleichen und einem gewünschten Ziel zuzuführen. "Man muss ihm die Fähigkeit lassen, ein gutes Gespür für mögliche Mehrheiten zu haben." Broß habe nicht viel übrig für knappe Entscheidungen. Und Hinterzimmerpolitik sei ihm fremd.

Dass Gemeinderäte in der Sache auch ganz anderer Meinung waren, habe er ausgehalten – dies sei wohl nicht der Grund für seinen Weggang zum Städtetag gewesen. Sassnick dankte Ralf Broß im Namen aller Stadträte für das, was er für Stadt und die Bürger geleistet hat und wünschte ihm viel Erfolg für die Zukunft – mit einem Zitat von Tolstoi: "Man muss eine Aufgabe vor sich sehen und nicht ein geruhsames Leben."

Thomas C. Breuer vermittelte dann in seinem humoristischen Programm wortgewandt, warum man "niemals so ganz" geht, bevor die Hauptperson des Abends das Wort ergrifft.

Gespräche beim Stehempfang

Ralf Broß richtete in seiner Dankesrede sehr persönliche Worte an die vielen Weggefährten und die Rottweiler Bürger (wir werden noch ausführlich berichten), bevor beim Stehempfang, begleitet vom Jazztrio Magnus Mehl, Ferenc Mehl und German Klaiber, Zeit für Gespräche und den persönlichen Austausch war. Dies hatte Broß sich ausdrücklich gewünscht. Denn das Gemeinsame, das Miteinander sei für ihn in seiner Amtszeit immer wichtig gewesen.