Die Anfänge des VfB Stuttgart waren bescheiden – und sie hatten mit Fußball gar nicht so viel zu tun. Geprägt waren die ersten Jahre auch von der Suche nach einer geeigneten Spielstätte und einer Fusion. Eine Zeitreise.
In seinem Gründungsjahr 1893 hieß der VfB Stuttgart noch gar nicht VfB Stuttgart. Und mit Fußball hatte man am Anfang auch wenig am Hut. Der Name Verein für Bewegungsspiele (VfB) kam erst 1912 ins Spiel. Die frühe Geschichte ist eine von zwei Vereinen, die später fusionieren sollten.
Die zwei Hälften der VfB-DNA
Einer davon, der FV Stuttgart, wird 1893 gegründet – im Jahr, das auf dem Wappen des VfB prangt. In der Gaststätte „Zum Becher“ am Stöckach wird der Club ins Leben gerufen, von 20 Mitgliedern – heute sind es mehr als 65 000. Hauptziel des Vereins ist es, Rugby zu spielen, Wettkämpfe zu veranstalten und „Kameradschaft durch gesellige Zusammenkünfte“ zu heben. Bald gilt der FV Stuttgart als führend im Rugby im damaligen Württemberg. 1894, im Jahr nach der Gründung, kommen die Leichtathleten dazu.
Gespielt wird am Anfang auf der Eisbahn am Stöckach. Die Suche nach einer Spielstätte ist beim FV Stuttgart aber ein eigenes Kapitel. Immer wieder muss man umziehen. Vom Stöckach geht es zwischenzeitlich schon mal auf den Wasen, wieder zurück an den Stöckach, dann auf einen neu geschaffenen Rugby-Platz am Karl-Olga-Krankenhaus. Bis der Verein auf dem Cannstatter Wasen eine dauerhafte Heimat findet, sollten noch einige Jahre vergehen.
Die zweite Hälfte der VfB-DNA geht auf das Jahr 1897 zurück, als der Kronenklub Cannstatt gegründet wird. Der „FC Krone“, wie die Mannschaft auch genannt wurde, spielt von Anfang an „Association Football“, den Vorläufer des heutigen Fußballs. Der Verein ist auch von Beginn an mit dem Ort der heutigen Spielstätte jenseits des Neckars verbunden. Bis 1908 spielt man am Cannstatter Wasen nahe der König-Karls-Brücke. Ein Spielort, der häufig überschwemmt wurde. Dann bauen die Kronenklub-Mitglieder aus eigenen Mitteln eine neue Anlage in Münster.
Sportlich läuft es parallel beim FV Stuttgart, dem älteren der beiden Vorläufervereine, gut. 1909 spielen die Jungs vom Neckar im Finale um die deutsche Rugby-Meisterschaft gegen den FC Hannover. Auch wenn sie 3:6 verlieren, Stuttgart ist zu dieser Zeit Hochburg des Rugby. Trotzdem konzentriert man sich beim FV Stuttgart von 1908 an zugleich auf den Fußball. Weil sich zahlreiche reine Fußballvereine neu gründen, befürchtet man beim Rugby-spielenden FV, ins Hintertreffen zu geraten.
Kronenklub und FV verschmelzen zum VfB Stuttgart
Im Herbst 1911 und Frühjahr 1912 stehen Aufstiegsspiele in die damals höchstmögliche Spielklasse (Südkreisliga) an. Der Verein hat aber zwei Probleme: Zum einen besitzt man keine passende Spielstätte. Zum anderen ist klar, dass man für die Mission Aufstieg weitere Spieler zur Verstärkung der Mannschaft brauchen könnte. Der Kronenklub Cannstatt hat keine Aufstiegschancen mehr, dafür aber die noch junge Spielstätte in Münster.
Die eine Mannschaft erfolgreich, jedoch ohne sportliches Zuhause. Die andere ohne Aufstiegschance, aber mit feinem Spielrasen. Das passt gut zusammen: Mit ersten unverbindlichen Gesprächen startet die Vereinigung der beiden Clubs. Dieser Weg geht weiter, indem sich die Vereine öfter gegenseitig helfen, so bestreitet man etwa ein gemeinsames Freundschaftsspiel gegen Inter Mailand.
Ganz ohne Widerstände geht die Fusion beider Vereine jedoch nicht über die Bühne. Auf beiden Seiten befürchten Spieler, durch die größere Auswahl in die zweite Mannschaft abzurutschen. Bei bewegten Verhandlungen im Hotel Concordia in Bad Cannstatt wird die Fusion beschlossen: Am 2. April 1912 verschmelzen der FV Stuttgart und der Kronenklub Cannstatt zum Verein für Bewegungsspiele Stuttgart 1893 – der Werdegang zum VfB, wie wir ihn heute kennen, ist abgeschlossen. Als Vereinswappen dienen damals die drei Hirschgeweihe auf gelbem Hintergrund aus dem Wappen Württembergs. Vereinsfarben werden weiß und rot, die Stadtfarben von Bad Cannstatt.
Aufstiegskampf mit vereinten Kräften
Mit gemeinsamen Kräften steht auch dem Aufstiegskampf in die höchste Spielklasse nichts mehr im Weg. Im entscheidenden Match im September 1912 treffen die kampferprobten Angreifer des FC Mühlburg in Durlach auf die Abwehrwand des VfB Stuttgart. Lange steht es in der Partie 0:0. Wenige Minuten vor Schluss verwandelt Copé Wendling eine Flanke per Kopf zum 1:0. Kurz darauf bangt die VfB-Elf noch einmal: Der FC Mühlburg bekommt einen Strafstoß zugesprochen. Der Elfmeterschütze namens Decker jagt den Ball mit Wucht in Richtung Tor – Latte. Auch der Abpraller bleibt ohne Folgen, der VfB macht damit den Aufstieg in der ersten Saison nach der Vereinigung klar. Es war der offizielle Auftakt der Stuttgarter Erfolgsgeschichte in der höchsten Spielklasse.