Die Förster wollen, dass die Jäger mehr Rehe schießen, um junge Bäume zu schützen. Foto: Pleul/dpa

Wälder haben – nicht nur, aber auch – in Calw zwei Probleme: den Klimawandel und gefräßige Rehe. Die Förster fordern daher von den Jägern mehr Abschüsse.

Calw - Der Calwer Gemeinderat beschäftigte sich in seiner jüngsten Sitzung mit der Forstbetriebsplanung für dieses Jahr. Jörg Ziegler, Abteilungsleiter Forstbetrieb und Jagd im Landratsamt, gab dem Gremium dafür erst einmal einen Überblick über die aktuelle Situation. Hohe Temperaturen und wenig Niederschläge machten dem Calwer Wald zu schaffen. Auch wenn es wegen der feuchten Witterung im vergangenen Jahr eine leichte Erholung geben habe, seien die Waldschäden weiterhin auf hohem Niveau.

Seit 2010 seien die Niederschlagsmengen unter und die Temperaturen über dem langjährigen Mittelwert. Im vergangenen Jahr habe die zufällige Nutzung, also das wegen Sturmschäden und Schädlingsbefall geschlagene Holz, etwa 20 Prozent der eingeschlagenen Holzmenge ausgemacht. 2018 bis 2020 habe dieser Wert sogar bei fast 50 Prozent gelegen.

Klimawandel macht Bäumen zu schaffen

Insgesamt mache der Klimawandel allen Baumarten zu schaffen. Die einen seien aber stärker betroffen als die anderen. Für die Tanne werde es vor allem in Richtung Gäu in Zukunft schwer. Der tiefwurzelnde Baum käme schwer an Wasser, auch weil die flachwurzelnde Fichte das Niederschlagswasser direkt verbrauche. Die Buche werde wohl in Zukunft die Tannenstandorte übernehmen, prognostizierte der Förster.

Sein Kollege Andreas Kollmannsberger erklärte, dass man 2021 etwa 7500 Festmeter Holz eingeschlagen habe. In diesem Jahr seien hier 10 000 Festmeter vorgesehen.

Kollmannsberger verwies aber auf ein weiteres Problem, das dem Wald neben dem Klimawandel noch zusetze: der Verbiss durch Wildtiere. In einzelnen Revieren im Stadtgebiet seien fast alle jungen Bäume durch das Rehwild verbissen worden. Deshalb gebe es hier einen dringenden Handlungsbedarf. Denn ohne die Verringerung des Verbisses durch eine erhöhten Abschuss der Rehe könne der wegen dem Klimawandel notwendige Waldumbau nicht funktionieren.

Zu wenig geschossen

Eine Konsequenz gab es schon. Einem Jäger im Stadtgebiet wurde seine Pacht entzogen, weil der Verbiss zu hoch war – und er zu wenig Rehe geschossen hat. Ein Jagdpächter verpflichtet sich vertraglich, eine bestimmte Anzahl an Tieren zu schießen. Dazu haftet er für Schäden, die das Wild verursacht, sowohl im Wald als auch auf landwirtschaftlichen Flächen. Der betreffende Pächter habe eben diese Verpflichtungen nicht erfüllt, erklärte Oberbürgermeister Florian Kling dem Gemeinderat.

Martin Blaich (CDU) plädierte dafür, dass man sich mit dem betroffenen Jäger zusammensetze und eine sachliche Lösung finde. Dieser jage seit Jahrzehnten in diesem Gebiet und da habe es keine Beschwerden gegeben. Es gebe ja alle drei Jahre eine Begehung, bei der der Wildbestand und Abschlusszahlen festgelegt werden, meinte Hermann Seyfried (NLC). Warum habe man den Vertrag mit diesem Jäger dann nochmals verlängert, wenn es Probleme gegeben habe, wollte Seyfried wissen. Kling wollte im öffentlichen Teil der Sitzung hierzu keine Antwort geben.

"Wille zum ehrlichen Dialog aller Akteure" gefordert

Förster Ziegler erklärte, dass es heute keine festen Abschusszahlen mehr gebe. Man sage nur, von diesem Wild müsse man mehr oder weniger schießen. Es gebe aber zu viele Rehe und das führe zum hohen Verbiss. Dieser wiederum schade dem Wald. Ziegler nahm auch die Jäger in die Pflicht. "Wenn’s brennt, muss man an die Geißen ran", meinte er. Nur so könne man die Rehpopulation kontrollieren. Kitze oder Böcke zu schießen, bringe da nicht viel.

Der betroffene Jäger wollte sich auf Nachfrage des Schwarzwälder Boten nicht zum Sachverhalt äußern. Die Kreisjägermeisterin Elke Marko wollte zum konkreten Fall ebenfalls nichts sagen. Allgemein meinte sie jedoch, dass die Jäger "die Herausforderung, unsere Wälder klimaresistent umzubauen, tatkräftig unterstützen". Dies könne aber nur bei gegenseitigem Respekt und Verständnis gelingen, meinte sie in Richtung der Förster. "Dazu gehört auch der Wille zum ehrlichen Dialog aller Akteure. Wir Jäger sehen uns nicht in der alleinigen Verantwortung für das Gelingen des Waldumbaus oder gar als Dienstleister der Grundeigentümer", so Marko.