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Stefan Herre hat Schwierigkeiten, Räume für Wahlkreisbüro. "Verhaltene" Kontakte zu Vertretern anderer Parteien.

Zollernalbkreis - Abwechlungs- und arbeitsreiche Wochen liegen hinter Stefan Herre, dem Landtagsabgeordneten der Alternative für Deutschland (AfD) aus Balingen. Nach der für ihn und seine Partei erfolgreichen Landtagswahl im März folgten indes auch ernüchternde Momente.

Herre (24) schaffte bei den Landtagswahlen im Wahlkreis Balingen, der einen Großteil des Zollernalbkreises umfasst, mit einem Ergebnis von 18,1 Prozent den Sprung in den Stuttgarter Landtag; neben Nicole Hoffmeister-Kraut, die für die CDU das Direktmandat erreichte, ist er der zweite Abgeordnete, der die hiesigen Interessen in Stuttgart vertreten soll. Während die CDU-Frau mittlerweile ein Ministeramt bekleidet, hat Herre einen besonderen Status im Parlament: Er ist mit 24 Jahren der jüngste Abgeordnete.

Herre berichtet von arbeitsintensiven Wochen für ihn und seine AfD-Fraktion in Stuttgart. Anders als die anderen im Landtag vertretenen Parteien musste sich die AfD erst einmal sortieren und zurechtfinden, Strukturen aufbauen, Mitarbeiter finden, Büros einrichten.

Mittlerweile sei man "arbeitsfähig", sagt Herre. Er ist stellvertretender Vorsitzender des AfD-Arbeitskreises im Ausschuss für Ländlichen Raum und Verbrauchschutz.

Die ersten Kontakte zu Vertretern der anderen im Landtag vertretenen Parteien bezeichnet Herre als "verhalten". Im Anschluss an den Gottesdienst, der vor der konstituierenden Sitzung des Landtags stattfand, habe er einige Worte mit Karl-Wilhelm Röhm, CDU-Abgeordneter des Nachbarwahlkreises Hechingen-Münsingen, gewechselt. Auch mit seiner Wahlkreis-Kollegin Nicole Hoffmeister-Kraut habe er ein kurzes, freundliches Gespräch geführt. Grundsätzlich aber, so Herre, sei das Verhältnis zu den politischen Gegnern eher kühl.

Mitunter ist es aber auch hitzig: So führte der Streit um die Frage der Zukunft des AfD-Abgeordneten Wolfgang Gedeon, dem Antisemitismus vorgeworfen wird, zu einer heftigen Debatte im Plenum. Nächste Woche entscheidet sich, ob die AfD-Fraktion Gedeon ausschließt. Herre sagt, dass die Entscheidung für die Fraktion insgesamt "sehr schwierig" sei; ein Ausschluss sei ein schwerwiegender Eingriff. Der Balinger sagt, dass er die "zweideutigen Aussagen" Gedeons sehr kritisch sehe – und er geht davon aus, dass es eine Mehrheit für den Ausschluss geben wird (wir berichteten); dies insbesondere, nachdem Fraktionschef Jörg Meuthen angekündigt hatte, die Fraktion zu verlassen, sollte sich nicht die notwendige Mehrheit für den Ausschluss Gedeons ergeben.

Herre sieht den Ausschluss Gedeons auch deshalb als unverzichtbar an, um ein deutliches Signal dafür zu setzen, dass die AfD keine Heimat für politische Extremisten sei – sondern eine konservativ-bürgerliche Politik verfolge.

Dass die AfD noch keine allgemein akzeptierte Partei ist, bekommt Herre auch im Wahlkreis zu spüren. Der Versuch, Räume für ein Wahlkreisbüro zu finden, ist vorerst gescheitert. Zehn Objekte habe er sich angeschaut, im ganzen Zollernalbkreis, sogar einen Makler kontaktiert. Als in Gesprächen deutlich geworden sei, wer hier Räume sucht, hätten indes alle wieder abgesagt. Herre findet es "erstaunlich", dass seiner Partei, die ja immerhin demokratisch gewählt sei, eine solche Ablehnung entgegenschlägt. Er nimmt’s gelassen: "Wenn man mit uns kein Geld verdienen will – okay."

Neben dem Büro in Stuttgart hat er nun vorerst ein weiteres bei sich zu Hause eingerichtet, groß genug für ihn und einen Mitarbeiter.

Derweil verzeichnet die AfD im Zollernalbkreis weiterhin ein Wachstum. Rund 65 Mitglieder zähle die Partei mittlerweile, sagt Herre, der den Kreisverband gemeinsam mit Jan Hermann führt. Einmal im Monat gibt es einen Stammtisch; dieser ist aus Platzgründen mittlerweile umgezogen aus dem Stadthallen-Restaurant in eine andere Lokalität in Balingen. Herre bittet darum, den Namen nicht zu schreiben; es gebe schlechte Erfahrungen: Wirte, die der AfD Platz geben, seien oft Ziel von Anfeindungen, gar Angriffen. Wie mögliche Interessierte dann erfahren, wo die Stammtische stattfinden? "Mund-zu-Mund-Propaganda."