Niklas Ruß sorgt beim HBW Balingen-Weilstetten auf dem linken Flügel für Wirbel. Foto: Kara

Handball Linksaußen trifft auf seinen ehemaligen Klub. Praxissemester bietet willkommenen Ausgleich.

Ein Wiedersehen mit seinem Ex-Klub feiert Linksaußen Niklas Ruß, wenn er heute mit dem HBW Balingen-Weilstetten die Rhein-Neckar Löwen (20.15 Uhr, Sparkassen-Arena Balingen) empfängt. Der 24-Jährige weiß: "Wenn wir eine Chance haben wollen, muss bei uns alles passen."

Besondere Beziehungen pflegt Ruß zu bestimmten Spielern der Rhein-Neckar Löwen nicht mehr. "Ich bin jetzt ja auch schon seit vier Jahren weg. Aber natürlich unterhält man sich vor dem Spiel mit ein paar Leuten und trinkt danach vielleicht auch noch ein Bier zusammen", sagt Ruß.

Bereits im Alter von 15 Jahren war er von der JSG Malsch/Malschenberg zur SG Kronau/Östringen, der Talentschmiede der Rhein-Neckar Löwen gewechselt, gewann mit deren A-Jugend 2008 die Deutsche Meisterschaft und holte im selben Jahr mit der Junioren-Auswahl des DHB den Titel bei der Europameisterschaft und 2011 mit seinem jetzigen Teamkollegen Felix König gar den Weltmeistertitel.

Dass die Mannheimer seit Jahren zu den absoluten Topteams der Republik zählen erachtet der Linksaußen als überaus positiv: "Es freut mich, für den Verein, dass er nun konstant um den Titel mitspielt. Schließlich habe in der Jugend dort gespielt und komme aus dieser Region." Auch für das Bundesliga-Team der Mannheimer lief Ruß schon auf. Viermal war er im Einsatz, erzielte dabei elf Treffer und war auch zweimal in der Vorrunde der Champions-League – 2008/09 gegen Wisla Plock und 2009/10 gegen den HC Bosna Sarajevo für die Kurpfälzer im Einsatz. Nachdem er dann per Zweitspielrecht mit dem Nachbarn TSG Ludwigsburg-Friesenheim in die 1. Liga aufgestiegen war, zog es ihn für zwei Spielzeiten zur SG Leutershausen. Seit Sommer des vergangenen Jahres beackert der 24-Jährige nun die linke Außenbahn beim HBW.

Natürlich war auch er erleichtert, als mit dem 35:30 beim Bergischen HC am vergangenen Samstag der zweite Saisonsieg unter Dach und Fach war. "Das war super und vor allem sehr wichtig. Der Sieg hat uns auch ein bisschen Druck genommen und war gut für’s Selbstbewusstsein." Für Ruß nach der guten Leistung zuvor bei der 27:30-Heimniederlage gegen die TSV Hannover-Burgdorf so etwas wie die logische Konsequenz. "Wir haben in den letzten Spielen eine Entwicklung gezeigt. Es war wichtig, dass man das sieht. Jetzt müssen wir uns auch weiter von Spiel zu Spiel steigern."

Ob’s für ihn mit dem HBW heute gegen seinen Ex-Verein etwas zu holen gibt? "Wenn wir eine Chance haben wollen, muss bei uns alles passen, wir müssen eine harte, kompromisslose 3:2:1-Deckung spielen und vorne so konsequent abschließen, wie gegen den BHC. Wir haben schon in der vergangenen Saison gezeigt, dass wir die Großen schlagen könne, wenn die einmal einen schwachen Tag erwischen."

Aber echte Schwächen kann der Lehramts-Student bei dem heutigen Gegner nicht ausmachen. "Die Löwen haben wahnsinnig viel individuelle Klasse. Da kann man sich nicht auf ein, zwei Spieler fokussieren, weil eigentlich jeder dazu in der Lage ist, ein Spiel zu entscheiden. Sie spielen eine ganz starke, aggressive Abwehr und dann mit Vollgas nach vorne. Sie schießen sehr viele leichte Treffer über die erste, zweite oder die dritte Welle."

Abseits des Handballfelds bereitet sich Ruß gerade auf die Zeit nach der sportlichen Karriere vor. Er legt derzeit ein Praxissemester ein und hospitiert am Gymnasium in Balingen. "Das macht richtig Spaß. Es ist einfach schön, neben dem Handball noch etwas anderes zu machen und etwa zu Hause den Unterricht vorbereitet. Außerdem ist es klasse, mal einen Einblick ins Berufsleben zu bekommen." Insgesamt unterrichtet er 30 Stunden bis zu den Weihnachtsferien – Sport und Geografie für die Klassen sechs bis elf. "Die Jüngeren und die Abitursjahrgänge darf ich nicht unterrichten, aber die Stunden kann ich mir anschauen.

Kurios: Noch ist keiner der Schüler in den Genuss einer Handball-Lehrstunde beim HBW-Linksaußen gekommen. "Bisher habe ich Volleyball, Basketball und Ausdauertraining unterrichtet", sagt Ruß und lacht – und das obwohl er parallel zum Studium in Heidelberg bereits die Ausbildung zum C-Trainer gemacht hat. "Für mich ist eher von Vorteil, wenn ich mich auf die anderen Sportarten konzentriere." Das wird heute Abend aber auf keinen Fall gelten.

Info: Benefizspiel

Der HBW Balingen-Weilstetten bestreitet am kommenden Donnerstag, 15. Oktober, in der Leintalhalle Frittlingen ein Benefizspiel gegen eine Regionalauswahl. Die Partie wird um 19.30 Uhr angepfiffen. Der Erlos der Veranstaltung wird gespendet – unter anderem an die Nachsorgeklinik Tannheim.

Seite 2: Die Bilanz

Jahr für Jahr stehen sich der HBW Balingen-Weilstetten in der Handball-Bundesliga gegenüber. 18 mal ging es zwischen den beiden im Baden-Württemberg-Derby um Punkte, zweimal standen sich die beiden Teams im Wettbewerb um den DHB-Pokal gegenüber. Die Bilanz aus Sicht des HBW ist überaus bescheiden. Sowohl die beiden Pokal-Duelle als auch 18 Ligaspiele gingen an das Mannheimer Star-Ensemble.

Nur zweimal holte der HBW Punkte. Doch das liegt schon lange zurück. Am 22. Dezember 2006 knöpften die Schwaben den Löwen in der SAP-Arena nach einem Last-Second-Treffer von Martin Strobel zum 22:22 einen Punkt ab. Am 29. Dezember 2007 gelang dem HBW der bislang einzige Sieg. Völlig überraschend setzte sich Balingen-Weilstetten damals in einem "Heimspiel" in der Stuttgarter Porsche-Arena mit 35:33 durch. In der Saison 2014/15 musste sich das Team von Trainer Markus Gaugisch in Balingen mit 27:32 geschlagen geben, in Mannheim setzte es eine 25:36-Pleite.