Könnte schon bald abgerissen werden: die Flüchtlingsunterkunft im Aviona-Gebäude in Hechingen. Foto: SB-Archiv

Landratsamt informiert im Schul-, Kultur- und Sozialausschuss über aktuellen Stand des Flüchtlingszustroms.

Zollernalbkreis - Über den Stand des Flüchtlingszustroms und was der für die Gemeinden im Kreis bedeutet, hat Thomas Müller, Leiter des Rechts- und Ordnungsamts am Landratsamt, in der Sitzung des Schul-, Kultur- und Sozialauschusses berichtet.

Laut Prognose des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom August werden rund 800.000 Antragsteller in Deutschland erwartet. Die Bundesregierung geht mittlerweile von mehr als einer Million aus. Nach dem sogenannten Königsteiner-Schlüssel entfallen 104.000 Erstantragsteller auf Baden-Württemberg. Aufgrund des Lea-Privilegs ist der Zollernalbkreis bis Ende 2016 von der Zuweisung von Erstantragstellern ausgenommen. Sollte die Lea danach geschlossen werden, müssten etwa 1700 Personen aufgenommen werden.

Aus solidarischen Gründen gegenüber anderen Landkreisen wolle der Kreis vorsorgen, erläuterte Müller. Außerdem müsse für Immobilien in Kreisbesitz, die für die Flüchtlingsunterbringung genutzt werden, weiterhin Miete gezahlt werden. Deshalb will der Kreis unter anderem die Unterbringungskapazitäten ausbauen. Fast täglich gingen beim Landratsamt Angebote ein, jedoch würde meist der Brandschutz Probleme bereiten, oder die Wohnung sei schlicht zu klein. Derzeit seien im Kreis 663 Asylbewerber untergebracht. Die Zahl soll auf 980 erhöht werden.

Da das Aviona-Wohnheim in Hechingen laut Müller "nicht mehr menschenwürdig ist" und erhebliche bauliche Mängel aufweist, will der Kreis das ehemalige Fabrikgebäude abreißen und für zwei Millionen Euro in Modulbauweise einen Neubau errichten. Platz wäre dort dann für 100 Personen. Für den Übergang sollen die Aviona-Bewohner im ehemaligen Hechinger Krankenhaus untergebracht werden.

Ebenso könnte das ehemalige Schwesternwohnheim in Balingen vorübergehend als Gemeinschaftsunterkunft für 140 Personen genutzt werden. Ob das Objekt dafür geeignet ist, wird derzeit geprüft. Zudem könnten Wohncontainer auf dem Gelände des Landratsamts und der Gemeinschaftsunterkunft in Winterlingen aufgestellt werden.

Landrat Günther-Martin Pauli sprach von dringendem Handlungsbedarf, obwohl der Landkreis derzeit gut aufgestellt sei. 3500 Menschen befänden sich aktuell in der Lea, und er sei froh, dass es bisher noch keine vergleichbaren Tumulte gegeben habe wie in anderen Städten. Oft stünde Bürokratie im Weg, wenn es um eine praktische oder kreative Lösung bei der Unterbringung ginge. Pauli betonte auch, dass im Sozialbereich Personal aufgestockt werden müsse. Außerdem seien die Schulen künftig stärker gefordert, etwa über Förderklassen.

Dezernatsleiter Christoph Heneka schlug vor, Sondermittel einzustellen, mit klarer Bindung an ein Konzept: "Das sorgt für Planungsfreiheit", begründete er. Angela Godawa (SPD) begrüßte die Vorgehensweise: "Es ist gut, dass finanziell und planerisch präventiv gehandelt wird." Es könne nicht sein, dass Menschen in die Obdachlosigkeit geschickt würden.

Ob es eine strategische Vorgehensweise bei der Unterbringung gebe, wollte Peter Seifert (Grüne) wissen. Sozialdezernent Eberhard Wiget entgegnete, dass nicht jeder mit jedem untergebracht werden könne und immer der Einzelfall beachtet werden müsse.