Arnd Sakautzky entdeckte die Bombe. Nach der Entschärfung sieht er sie aus der Nähe. Foto: Schickle

Stettener Ortschaftsräte wollen den Blindgänger im Ort, aber nicht wie vorgeschlagen in der Nähe des Friedhofs. Mit Pro und Kontra.

Zimmern-Stetten - Der 16. Oktober ist ein Tag, den die Stettener so schnell nicht vergessen werden: Der Kampfmittelbeseitigungsdienst entschärfte eine Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg, rund 230 Anwohner mussten ihre Häuser dafür verlassen. Jetzt stellt sich die Frage: Wohin mit der Bombe?

Noch ist sie in Stuttgart: Christoph Rottner, der die Bombe entschärft hatte, und seine Kollegen vom baden-württembergischen Kampfmittelbeseitigungsdienst hatten das Relikt aus dem Zweiten Weltkrieg mitgenommen, um es zu zersägen und den Sprengstoff zu entfernen.

Die Bombe stammt ursprünglich von einer australischen Lancaster III, die in der Nacht von 25. auf den 26. Februar 1944 nahe des Stettener Friedhofs abgestürzt war. Jahrzehntelang lag sie unentdeckt im Wald ganz in der Nähe. Bis der Stettener Arnd Sakautzky zu recherchieren begann, sie fand und den Kampfmittelbeseitigungsdienst informierte.

Der hat die inzwischen entschärfte Bombe mitgenommen und, wie gesagt, zersägt. "Sie ist jetzt bloß noch ein Stahlrohr, das man haben könnte", erklärte Arnd Sakautzky in der jüngsten Sitzung des Ortschaftsrats, dem er selbst angehört. Geht es nach ihm, hätte er den Blindgänger gerne in Stetten. So etwas, sagt er, sei etwas Besonderes. Viele im Ort erinnern sich noch an den Absturz des Bombers und die Beerdigung der Besatzungsmitglieder.

Arnd Sakautzky hat sich eingearbeitet in die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs. Die Lancaster war nicht das einzige Flugzeug, das in der Region während des Krieges abgestürzt war, Sakautzky weiß von insgesamt fünf. Er steht deshalb in Kontakt mit dem Schramberger Stadtarchivar Carsten Kohlmann, dem Bürgermeister von Hardt und Museumsmitarbeitern in Fischbach, wo bereits etwas über einen Bomberabsturz zu sehen ist. Gemeinsam wollen sie eine Wanderausstellung über die in der Gegend abgestürzten Bomber zusammenstellen. Die Stettener Bombe, sagte Sakautzky, wäre dabei das größte Exponat.

Außerdem würde er gerne eine Infotafel über diesen und einen weiteren bei Stetten abgestürzten Bomber in der Nähe des Friedhofs aufstellen. Auf dieser Tafel sollen die Ereignisse von einst geschildert werden. Bei der Tafel könnte er sich auch gut die Bombe vorstellen. Dort sei der Flieger abgestürzt, dort habe die Bombe 70 Jahre lang gelegen.

Die Bombe in der Nähe des Friedhofs? Das kommt für Ortsvorsteher Gerhard Wodzisz nicht infrage. Schließlich sei der ein gesegneter Ort, schließlich wäre hätte es in Stetten zur Katastrophe kommen können, wäre der Bomber 500 Meter weiter, auf den Ort, gestürzt. Auch Marc Drescher findet die Bombe nahe der Ruhestätte "deplatziert", schließlich sei sie eine Massenvernichtungswaffe. Die Gedenktafel findet er dagegen "keine schlechte Idee".

Weitere Ortschaftsräte sprachen sich gegen einen Standort in Friedhofsnähe aus, dagegen, sie in den Ort zu holen, spreche allerdings nichts. Und über den endgültigen Standort, erklärte Stefan Jauch, "müssen wir jetzt nicht entscheiden".

Auf die Idee hin, sie im Rathaus auszustellen, gab Arnd Sakautzky zu Bedenken, dass die Bombe noch immer 120 Kilogramm wiege. Eine Glasvitrine komme da kaum infrage. Seinen Vorschlag, sie vors Rathaus zu stellen, lehnte der Ortsvorsteher rundweg ab. Die Räte Eva Trost und Lothar Seiter meinten gar, sie lehnen einen solchen "Kult um die Bombe" ab.

Am Ende waren sich dann aber doch wieder alle einig: Das Gremium sprach sich geschlossen dafür aus, dass die Bombe nach Stetten geholt werden soll, aber nicht beim Friedhof aufgestellt wird. Über den Standort wollen die Ortschaftsräte später entscheiden. Das ist indes noch nicht das Ende vom Lied – der Zimmerner Gemeinderat wird darüber entscheiden.

Seite 2: Pro und Kontra

Pro und Kontra zum Thema Standort für die entschärfte Bombe

Pro: Der Ort ist es einfach geworden

Verena Schickle

Soll die entschärfte Bombe zur geplanten Infotafel am Friedhof oder gehört sie wo anders hin? Noch hat der Stettener Ortsschaftsrat über keinen Standort entschieden. Den Friedhofsvorschlag allerdings lehnt die Mehrheit ab,

Wer von einem Kult um die Bombe spricht, verkennt, dass es im Fall des Stettener Blindgängers eben nicht darum geht, ein Prunkstück für Waffennarren zu präsentieren. Vielmehr geht es darum, ein Stück Stettener Geschichte an den Ort zu holen.

Arnd Sakautzky hat die Ereignisse von 1944 ausführlich recherchiert. Das hat dazu geführt, dass die Bombe entschärft werden konnte. Darüber hinaus soll eine Ausstellung die Fakten öffentlich zugänglich machen, eine Tafel am Friedhof darüber informieren. Dort könnte die Bombe als mahnender Überrest des Zweiten Weltkriegs daran erinnern, welches Leid er über die Menschen gebracht hat und wie viel Glück Stetten hatte.

Wo ginge das besser als an dem Ort, wo sie über 70 Jahre lang verborgen lag? Das australische Flugzeug ist in der Nähe des Friedhofs abgestürzt. Die Stettener haben sich diesen Platz nicht ausgesucht, er ist es einfach geworden. Deshalb ist es auch der richtige für die entschärfte Bombe.

Zur Person: Verena Schickle ist stellvertretende Leiterin der Redaktion Rottweil.

Kontra: Fundstück muss in einem Kontext stehen

Corinne Otto

Keine Frage: Die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg muss wachgehalten werden. Doch das muss mit Sinn und Verstand geschehen, in den richtigen Kontext gesetzt werden. Wenn Fundstücke wie das aus Stetten einfach in die Landschaft gestellt oder gar in Friedhofsnähe platziert werden, dann wird das dem Thema alles andere als gerecht. Denn eine Bombe eignet sich nicht zum "Bestaunen" beim Spazierengehen. Am besten noch alte Waffen drumherum drapiert, und Kriegsfanatiker haben ihre helle Freude daran. Posieren vor der Handykamera inklusive.

Nein. Seit dem Zweiten Weltkrieg werden täglich Blindgänger gefunden, Bomben entschärft. Zehntausende insgesamt, mehr als ein Dutzend allein in diesem Jahr in Baden-Württemberg. Und es kommt nicht von ungefähr, dass diese vielen Funde eben nicht in Fußgängerzonen oder an Friedhofseingängen präsentiert werden, sondern wenn, dann in Museen oder Ausstellungen. Da, wo es Sinn macht.

Zur Person: Corinne Otto ist Redakteurin in der Lokalredaktion Rottweil.