Wilhelm Rieber spricht bei Kolping über Oswald von Nell-Breuning

Von Gustav KammererZimmern o. R. Zu einem interessanten Vortrag von Wilhelm Rieber, ehemaliger Rektor der Nell-Breuning-Schule in Rottweil, über die Person und das Wirken des Jesuitenpaters, Nationalökonomen und Sozialphilosophen Oswald von Nell-Breuning hatte die Kolpingfamilie in das Kolpingheim eingeladen.

Der Referent begann mit einem Vergleich zwischen Adolph Kolping und Oswald von Nell-Breuning. Er wies auf die unterschiedlichen Elternhäuser hin. Kolping kam aus ärmlichen Verhältnissen, Nell-Breuning aus einem adligen Elternhaus. Beide einte die lebenslange Beschäftigung mit dem Thema "Die Soziale Frage". Nell-Breuning studierte Theologie und Philosophie, promovierte über "Grundzüge der Börsenmoral". Er war Professor für Moraltheologie, Kirchenrecht und Gesellschaftswissenschaft. Er starb 1990 im Alter von 101 Jahren.

Als Berater des Papstes Pius XI war er 1931 maßgeblich an der Formulierung der Sozialentzyklika "Quadragesimo anno" beteiligt. Dabei ging es um den Begriff des gerechten Lohnes und um den sozial zu rechtfertigenden Umgang mit dem Privateigentum. Er habe die Autorität der Katholischen Kirche nie in Frage gestellt, nahm aber doch eine kritische Haltung ein, wenn es darum ging, wie sozial die Kirche sei und wie langsam die Inhalte der katholischen Soziallehre umgesetzt werden. Andererseits betonte er immer wieder, so der Referent, dass Vieles, was die Soziallehre vor Jahren vertreten habe, damals zuerst für Hohn und Spott gesorgt habe, heute aber herrschende Meinung sei. Mit Papst Pius XI. sei er sich einig gewesen, dass Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand ein zentrales Ziel sein müsse, um die Einkommens- und Vermögensverteilung gerechter zu gestalten.

Nell-Breuning sei Berater zahlreicher Politiker (Adenauer, Erhard, Blüm, Helmut Schmidt) der CDU und SPD (speziell beim Verfassen des Godesberger Programms) gewesen. Auch war er im wirtschaftswissenschaftlichen Beirat des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Er eckte aber mit seiner Meinung und seinen Forderungen oft an. Seine Beschäftigung mit dem Streikrecht, der Vermögenspolitik, der Wohnungsnot und der Unternehmensverfassung habe nur bedingt gewerkschaftliche Zustimmung gefunden.

Breiten Raum in seinen wissenschaftlichen Arbeiten habe auch die Beschäftigung mit der Sozialversicherung eingenommen. Er beklagte, dass das Hauptproblem darin liege, dass die Versicherungsleistungen zu einem Instrument der allgemeinen Fürsorge ausgebaut worden seien und damit keine saubere Trennung mehr zwischen beitragsfinanzierter Versicherungsleistung und steuerfinanzierter Fürsorge erfolge. Er kritisierte auch die Geringschätzung der Hausfrauenarbeit.

Wilhelm Rieber hob immer wieder heraus, wie viele von Nell-Breunings Forderungen auch heute noch ganz aktuell seien; sei es die Frage, wie der Produktivitätsfortschritt für die Arbeitslosen genutzt werden könne, sei es die Notwendigkeit der Mitbestimmung, die kein Reinreden sondern eine solidarische Partnerschaft sei.