Bei der Gemeindeversammlung informieren sich die Flözlinger über die geplante Kirchensanierung. Foto: Siegmeier Foto: Schwarzwälder-Bote

Sanierung: Gemeindeversammlung in der Flözlinger Kirche / Versetzung stößt auf wenig Verständnis

Weniger um Kaisers Bart, als vielmehr um Kaisers Antlitz ging es bei der Gemeindeversammlung, zu der die evangelische Kirchengemeinde Flözlingen/Zimmern in die Flözlinger Kirche eingeladen hatte. Grund war die anstehende Kirchensanierung.

Zimmern-Flözlingen. Die Maßnahmen hat der Kirchengemeinderat längst beschlossen, einige sind bereits ausgeführt, denn bis zum Jubiläumsfest im Herbst soll alles fertig sein. Zum 300-jährigen Bestehen soll das Gotteshaus aufgehübscht werden.

Anlass für Kritik vieler Flözlinger ist die geplante Versetzung des so genannten "Kaiserfensters" im Chor des Gotteshauses. In dem schmucken Glasfenster ist nicht nur der segnende Christus abgebildet, sondern auch der erste protestantische Kaiser der Weltgeschichte: Wilhelm I. Bislang war das Antlitz des letzten Deutschen Kaisers nicht zu sehen, da die Orgel davorsteht. Doch das soll sich nun ändern (wir berichteten). Viele befürchten, dass das Fenster, das einst von einer Flözlinger Familie gestiftet wurde, womöglich im Altglascontainer landen könnte. So zumindest erzählt man sich das im Ort.

Kritik zum Vorhaben

Um zu informieren, was tatsächlich geplant ist, und um die Wogen im Ort zu glätten, luden Pfarrerin Kristina Reichle und der Kirchengemeinderat zu einer informellen Versammlung ein. Viele Interessierte kamen. Und mit Kritik hielten sie nicht lange hinter dem Berg. "Jetzt ist ja ohnehin schon alles entschieden", oder "ob das Fenster bei einer Versetzung heil bleibt, kann keiner sagen", oder "der Stifter des Fensters wäre sicher sauer" und viele andere Bedenken kamen auf den Tisch. Pfarrerin Reichle bat um Verständnis und erläuterte das Konzept der Wegekirche.

"Wir kommen durch den Chorbogen aus der weltlichen Welt in diesen Sakralraum, der auf den auferstandenen Herrn ausgerichtet ist. In der Kirche gibt es verschiedene Stationen. In den Kirchenbänken sitzen wir und hören das Wort Gottes, am Taufbecken lassen wir unsere Kinder taufen, von der Kanzel hören wir die Predigt und am Altar empfangen wir die Sakramente und feiern Abendmahl. Dabei ist Jesus gegenwärtig und geht uns dann voran durch den Tod ins Leben. Aus diesem Grund ist im Zentrum des Chors ein Hoffnungsfenster, welches das Licht des Ostermorgens aufzeigt, so wichtig", so die Pfarrerin. Zudem sei eine Kaiserverherrlichung heute nicht mehr zeitgemäß.

Der Kirchengemeinderat hatte mit Künstler Tobias Kammerer und dem Kunstbeauftragten der Landeskirche, Reinhard Lambert Auer, festgelegt, das Fenster auf die Südwestseite zu versetzen. Das Landesdenkmalamt hatte allerdings Kritik geäußert, was Reichle und ihre Mitstreiter nicht nachvollziehen können. "Die Dame vom Denkmalamt proklamiert die Wegekirche. Aber bei ihr hört der Weg vor der Auferstehung auf", ärgert sich Reichle, die gegen den Bescheid des Landesdenkmalamtes Widerspruch eingelegt hat.

Momentan beschäftigen sich die Juristen der Landeskirche mit dem Fall. Kreisarchivar Bernhard Rüth, der der Kirchengemeinde in Kunstfragen beratend zur Seite steht, betonte, dass es gut und wichtig sei, dass die Kirchengemeinde mit der Zeit gehe, auch in baulich künstlerischer Richtung. "Aus meiner Sicht war es ein Glücksfall, dass der Kirchengemeinderat auf Tobias Kammerer gestoßen ist. Er ist führender Wandmaler und Glaskünstler auf internationalem Parkett", so Rüth. Für den Kirchenraum sei das Konzept der Wegekirche von zentraler Bedeutung und nicht nur aus liturgischer, sondern auch aus ästhetischer Sicht ganz entscheidend.

Neue digitale Orgel

Problematisch sei nun, dass durch den Abbau der Orgel das Christus/Kaiserfenster in die Blickachse komme. Wenn man das Fenster versetze, könne man es zum einen aus der Blickachse nehmen, zum andern den Bestand dieses historischen Ausstattungsstückes sichern, und die Auferstehung in den Blick rücken. Reichle versicherte, dass das Fenster nicht weggeworfen werde. Tobias Kammerer stellte sein künstlerisches Konzept vor, das sich Interessierte am Modell, das in den nächsten Wochen noch in der Kirche zu sehen ist, vor Ort anschauen können. Organist Patrick Krissler informierte über die neue digitale Orgel, die die Kirchengemeinde knapp 25 000 Euro kosten wird. "Für die Überholung der alten Orgel hätten wir aber mindestens die gleiche Summe aufbringen müssen", betonte Kirchenpflegerin Margrit Burkard, die abschließend noch Einblick in die Finanzen gab. Das gesamte Vorhaben sei finanziert.

Der Gesamtaufwand liege ohne die Orgel bei 95 500 Euro. Zuschüsse gebe es von der Landeskirche in Höhe von 22 500 Euro und vom Kirchenbezirk in Höhe von 6200 Euro. Zudem verfüge man über 25 000 Euro Spendengelder und Haushaltsmittel der Kirchengemeinde in Höhe von 36 800 Euro.

"Ich hoffe wir haben ihr Verständnis geweckt, für das, was wir tun", so Reichle abschließend.