Bereits ohne Zähne ist die Zahnbürste ein tolles Spielzeug Foto: Ana Blazic Pavlovic / Fotolia

Ob Kinder gesunde Milchzähne haben, entscheidet sich schon während der Schwangerschaft. Wir erklären, wie Karies-Bakterien auf Neugeborene übertragen werden, was es mit Nuckelflaschen-Karies auf sich hat und wie man ein Kind zum Zähneputzen motiviert.

Stuttgart –

Vor Geburt

Zahnpflege: Nein, es ist nicht möglich, einem Ungeborenen die Zähne zu putzen. Aber werdende Eltern sollten besonders gründlich bei sich selbst schrubben und vor der Geburt nochmals zum Zahnarzt gehen. „Sind Kariesbakterien in der Mundhöhle der Eltern vorhanden, können diese durch Küsschen oder das Abschlecken von Schnullern an das Baby übertragen werden“, sagt Renate Lüllwitz-Hoch, Zahnärztin und Prophylaxe-Referentin bei der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg. Die Bakterien sind dann bereits im Mund, bevor die ersten Zähnchen durchbrechen.

Für werdende Mütter lohnt sich der vorgeburtliche Zahnarztbesuch noch aus einem anderen Grund: Haben sie eine Zahnfleischentzündung, ist das Risiko einer Früh- oder Fehlgeburt siebenmal größer als bei einer Schwangeren mit gesundem Zahnfleisch. „Durch die Hormonumstellung ist das Zahnfleisch während der Schwangerschaft weicher und damit anfälliger für Bakterien“, sagt Lüllwitz-Hoch.

Auch wer unter Schwangerschaftsübelkeit leidet, setzt seine Zähne einer zusätzlichen Belastung aus: Die Magensäure greift den Zahnschmelz an. Deshalb nach dem Erbrechen erst den Mund ausspülen und etwa eine halbe Stunde warten, bevor man die Zähne putzt. So verteilt man die Magensäure nicht auf den Zähnen.

Zahnarzt: Einige Krankenkassen übernehmen bei Schwangeren die Kosten für eine zusätzliche zahnärztliche Vorsorge. Manche zahlen werdenden Müttern auch einen Zuschuss für eine professionelle Zahnreinigung.

Ernährung: Ob Essiggurken mit Nutella oder Marmeladen-Wurst-Brote: Manche Schwangere entwickeln neue Essgewohnheiten. Dadurch verändert sich auch das natürliche Gleichgewicht der Bakterien im Mund. Und egal ob die Gelüste Richtung süß oder sauer tendieren: Beides greift den Zahnschmelz an – vor allem wenn den ganzen Tag immer mal wieder genascht wird. Besser ist es deshalb, Süßigkeiten als Nachtisch zu den Hauptmahlzeiten zu essen. Für die Zwischenmahlzeit wählt man Obst oder Gemüse – zumal das Ungeborene diese Mineralstoffe braucht, um gesunde Zähne anzulegen. Und die Zahnleisten für die Milchzähne entwickeln sich bereits in der 6. bis 8. Schwangerschaftswoche.

Die ersten Zähne

Zahnpflege: Je früher Kinder lernen, dass Zähne putzen ein tägliches Ritual ist, umso selbstverständlicher werden sie es mitmachen. Kleine Zahnbürsten sind schon für wenige Monate alte Kinder ein schönes Spielzeug. „Spätestens wenn der erste Zahn zu sehen ist, fängt man an zu putzen“, sagt Zahnärztin Lüllwitz-Hoch. Ob ein Stück Mull-Läppchen (gut geeignet für zahnende Kinder mit empfindlichem Zahnfleisch), Fingerling oder eine kleine Kinderzahnbürste – womit geputzt wird, ist Geschmackssache. „Wichtig ist, nur einen Hauch Kinderzahnpasta zu verwenden, denn die Kleinen können ja noch nicht ausspucken und schlucken alles“, sagt Lüllwitz-Hoch.

Zahnarzt: Ab dem ersten Zahn, also mit etwa sechs Monaten, sollte ein Baby auch zum ersten Mal zum Zahnarzt. „Nicht weil der Arzt diesen Zahn kontrollieren will, sondern damit sich die Eltern erklären lassen können, wie die Zahnpflege bei einem Baby am besten funktioniert“, sagt Renate Lüllwitz-Hoch.

Ernährung: Säuglinge stärken beim Stillen ihre Kaumuskulatur. Das regt auch die richtige Entwicklung von Kieferknochen und Muskeln an. Ganz anders sieht es mit dem Trinken aus dem Nuckelfläschen aus – insbesondere wenn dieses gefüllt ist mit gesüßtem Tee, Saftschorle oder Milch und sich das Baby damit in den Schlaf nuckelt. Denn über Nacht fließt weniger Speichel. Dieser schützt sonst den Zahnschmelz vor den Bakterien, welche den Zucker im Mund verwerten und zu Säure abbauen. Die Säure wiederum greift die Zahnsubstanz an. Das Ergebnis: sogenannte Nuckelflaschenkaries an der Rückseite der oberen Frontzähne, an welche der Sauger stößt. „Übrigens ist es beim Dauernuckeln fast egal, was im Fläschchen ist. Selbst Wasser schädigt die Zähne, wenn sie stundenlang damit umspült werden“, sagt Zahnärztin Lüllwitz-Hoch. Ab etwa einem Jahr sollte man Kinder deshalb langsam daran gewöhnen, aus einem Becher zu trinken.

Das Milchgebiss

Zahnpfleg e: Sobald mit 20 bis 30 Monaten die Backenzähne durchgebrochen sind, wird das Milchgebiss morgens und abends gereinigt. „Kinder wollen und dürfen jetzt auch selbst putzen. Aber vor allem abends sollten die Eltern bis zum Schulalter auf jeden Fall noch nachputzen“, sagt Renate Lüllwitz-Hoch. Zahnseide kann man bei Kindern ab etwa zehn Jahren einsetzen.

Zahnarzt: Ob das mit dem Putzen gut funktioniert, sollte ab dem Durchbruch der Backenzähne halbjährlich der Zahnarzt prüfen. Diese Kontrollbesuche zahlen alle Krankenkassen. Weigert sich ein Kind bis etwa zum Alter von fünf Jahren, beim normalen Zahnarzt den Mund aufzumachen, kann es sinnvoll sein, zu einem speziellen Kinderzahnarzt zu gehen. „Diese haben häufig Anästhesisten in der Praxis, die mit einer Kurznarkose nachhelfen können“, sagt Renate Lüllwitz-Hoch.

Ernährung: Kinder mit gesunden Milchzähnen haben zu 90 Prozent ein Leben lang kein Problem mit Karies. Sind dagegen schon die Milchzähne von Karies angegriffen, gefährden die Kariesbakterien auch die bleibenden Zähne. Neben regelmäßiger Zahnpflege helfen auch Zwischenmahlzeiten, bei denen man ordentlich kauen muss, Karies vorzubeugen. Denn wer auf einem Apfel, einer Karotte oder einem Stück Brot herumkaut, regt den Speichelfluss. an. Und Speichel gibt dem Zahn die Mineralien zurück, die er durch die Angriffe von Bakteriensäuren und Nahrungssäuren verloren hat.