M. Mohamad bei seinem letzten Termin im Jobcenter Schwarzwald-Baar-Kreis. Seine Vermittlungsfachkraft verabschiedete ihn mit guten Wünschen für die Zukunft. Foto: Niggemann

Die Flucht aus der Heimat markierte für M. Mohamad auch den Aufbruch in ein neues Leben.

M. Mohamad stand mitten im Leben, als er sein Land verlassen, seine Familie zurücklassen und sein Lehramtsstudium in Damaskus abbrechen musste, um vor dem Krieg zu flüchten.

Der junge Syrer hat es mit Durchhaltevermögen und Unterstützung des Jobcenters geschafft, Deutsch zu lernen und einen Berufsabschluss zu erlangen.

Kein Wort Deutsch

Seit dem September vergangenen Jahres arbeitet der 31-Jährige aus Villingen nun als ausgebildeter Chirurgiemechaniker, hat eine Anstellung und ist unabhängig von sozialer Unterstützung.

Der pädagogisch gut ausgebildete junge Mann aus Syrien schlug nach seiner Ankunft in Deutschland im Jahr 2015 einen komplett neuen beruflichen Weg ein. Das Jobcenter Schwarzwald-Baar-Kreis unterstützte ihn dabei, in der Gesellschaft und im Arbeitsleben Fuß zu fassen. M. Mohamad sprach bei seiner Ankunft zwar fließend Englisch und Syrisch, aber kein Wort Deutsch. Für den Erwerb erster Grundkenntnisse der deutschen Sprache und Kultur besuchte er einen Integrationskurs.

Das Jobcenter förderte darauf aufbauend berufsbezogene Sprachkurse, die sein Niveau stetig steigerten. Um weitere Fortschritte zu erzielen, bemühte sich M. Mohamad während dieser Zeit zusätzlich: „Ich übte abends zuhause mit Hilfe von Online-Angeboten, denn ich wollte schnell besser werden.“ So steigerte er seine Deutschkenntnisse schließlich bis zum Niveau C1. Dadurch hatte er die optimale Voraussetzung, um eine Ausbildung zu starten. Nebenbei jobbte er in der Gastronomie und als Hausmeister – auch das half beim Erlernen der Sprache.

„Mit dem Dialekt war es nicht immer ganz einfach“, erzählt M. Mohamad mit einem Lächeln, „Aber je mehr ich mit den Menschen um mich herum Kontakt hatte, desto besser lief es.“

Hilfe bei der Orientierung

Sein Fallmanager vom Jobcenter half ihm bei der Orientierung auf dem regionalen Arbeitsmarkt: Er entwickelte mit Mohamad einen Plan, um verschiedene Branchen und Arbeitsbereiche, die in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg gefragt sind, kennenzulernen. Das Jobcenter machte ihm das Angebot, in einer beruflichen Bildungsstätte die Bereiche Kfz, Metall und Elektro kennenzulernen und sich praktisch auszuprobieren. Auf Grundlage dieses Einblicks in verschiedene Tätigkeitsfelder entschied sich M. Mohamad für das Erlernen eines gewerblich-technischen Berufes – die Arbeit des Chirurgiemechanikers hatte es ihm besonders angetan.

Bevor er mit der Ausbildung starten konnte, musste er sich allerdings noch die dafür notwendigen Vorkenntnisse, unter anderem in Mathematik und Berufstheorie Metall, aneignen. Diese wurden ihm im Vorbereitungskurs „Grundkompetenzen für Flüchtlinge und Migranten“ vermittelt. Im Mai 2021 hatte er alle Voraussetzungen erreicht und konnte die Umschulung zum Chirurgiemechaniker beginnen. Die reguläre Ausbildungszeit von 3,5 Jahren reduziert sich dabei auf zwei Jahre. Während der Umschulung absolvierte er Praktika in hiesigen Unternehmen.

Abschluss in der Tasche

Im Sommer 2023 war es soweit: Er bestand die Abschlussprüfung. Die enge Zusammenarbeit mit dem Jobcenter zahlte sich für ihn aus, denn nur einen Monat später hatte er bereits einen Arbeitsvertrag beim Medizintechnikunternehmen Aesculap in Tuttlingen, der Chirurgie-Sparte im B. Braun-Konzern, in der Tasche.

Er ist stolz auf das, was er erreicht hat: „Ich bin glücklich, dass ich einen guten Beruf gefunden habe und eine anspruchsvolle Arbeit ausüben darf.“ Im Betrieb ist er sehr gut integriert und wird von den Kollegen und Vorgesetzten gleichermaßen als fleißiger Mitarbeiter geschätzt. „Wir freuen uns, mit Herrn Mohamad einen so engagierten Mitarbeiter bei uns zu haben. An seinem Beispiel sehen wir alle, wie wertvoll dieser Ansatz ist. Es ist ein Gewinn für alle Seiten. Für uns als global agierendes Unternehmen sind Vielfalt und Offenheit sehr wichtig und Teil unseres Unternehmensverständnisses“, unterstreicht Ines Lützen, Bereichsleiterin Personal bei der Aesculap AG.

Viel Förderung möglich

Für Mike Kalinasch, Geschäftsführer des Jobcenters Schwarzwald-Baar-Kreis steht fest: „Das Ziel unserer Arbeit ist es, für unsere Kunden Wege aus der Hilfsbedürftigkeit zu finden. Eine Erwerbstätigkeit bringt finanzielle Unabhängigkeit und soziale Anerkennung mit sich. Das sind elementare Bausteine für eine Integration in unsere Gesellschaft. Wie man am Beispiel von Herrn Mohamad sieht, haben wir eine breite Palette an Fördermöglichkeiten – von der Sprache, über die Qualifizierung bis zur Vermittlung.“

M. Mohamad sieht seine Zukunft in Deutschland. Dafür nimmt er in Kauf, den Kontakt zu seinen Eltern aus der Heimat seit Jahren lediglich auf Telefonate zu beschränken. Er hofft, seine Verwandten in Syrien bald ohne die Gefahr von Verfolgung wiedersehen zu dürfen. Dann könnte er den Eltern endlich seine Frau vorstellen: M. Mohamad hat seine heutige Ehefrau im Deutschkurs kennengelernt. Sie kommt ebenfalls aus Syrien und hat eine Ausbildung zur Erzieherin begonnen. Inzwischen sind sie Eltern einer kleinen Tochter.

Zahlen, Daten Fakten

Die Region
In der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg sind aktuell 2649 Männer und Frauen aus den Asylherkunftsländern Syrien, Afghanistan, Eritera, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan und Somalia sozialversicherungspflichtig beschäftigt (insgesamt 217 717 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte). Weitere 356 sind ausschließlich geringfügig beschäftigt (insgesamt 31 288). In den drei Landkreisen Tuttlingen, Rottweil und dem Schwarzwald-Baar-Kreis sind derzeit 1041 Menschen aus den Asylherkunftsländern arbeitslos gemeldet (insgesamt 11 645 Arbeitslose).